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Angststörung - Wikipedia

Angststörung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Klassifikation nach ICD-10
F40.0 Agoraphobie
F40.1 Soziale Phobien
F40.2 Spezifische (isolierte) Phobien
F40.8 Sonstige phobische Störungen
F40.9 Phobische Störung, nicht näher bezeichnet
F41.0 Panikstörung (episodisch paroxysmale Angst)
F41.1 Generalisierte Angststörung
F41.2 Angst und depressive Störung, gemischt
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Angststörungen sind psychische Störungen, bei denen die Furcht vor einem Objekt oder einer Situation oder unspezifische Ängste im Vordergrund stehen. Wenn es ein solches gefürchtetes Objekt oder eine Situation gibt, spricht man von einer Phobie.

Den Phobien ist gemeinsam, dass die Betroffenen Ängste haben vor Dingen, vor denen Gesunde normalerweise keine Angst haben, die also normalerweise nicht als gefährlich gelten. Dabei erkennen die Patienten zeitweise, dass ihre Angst übermäßig oder unbegründet ist.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Kriterien pathologischer Angst

Von pathologischer Angst spricht man, wenn folgende Kriterien gegeben sind:

  • Die Angstreaktionen sind einer Situation nicht mehr angemessen.
  • Die Angstreaktionen sind überdauernd (chronisch).
  • Die Person besitzt keine Möglichkeit zur Erklärung, Reduktion oder Bewältigung der Angst.
  • Die Angstreaktionen führen zu einer massiven Beeinträchtigung des Lebens der Person.

[Bearbeiten] Klassifikation

Folgende Unterteilung wird nach ICD-10 getroffen:

[Bearbeiten] Phobische Störungen

  • Agoraphobie (ICD-10 F40.0): Furcht vor oder Vermeidung von Menschenmengen, öffentlichen Plätzen, Reisen allein oder Reisen von Zuhause weg.
  • Soziale Phobie (ICD-10 F40.1): Furcht vor oder Vermeidung von sozialen Situationen, bei denen die Gefahr besteht, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen, Furcht, sich peinlich oder beschämend zu verhalten, zum Beispiel Paruresis.
  • Spezifische Phobien (ICD-10 F40.2):

diese können nach bestimmten Objekten oder Situationen unterschieden werden

[Bearbeiten] Andere Angststörungen

  • Panikstörungen (ICD-10 F41.0): Spontan auftretende Angstattacken, die nicht auf ein spezifisches Objekt oder eine spezifische Situation bezogen sind. Sie beginnen abrupt, erreichen innerhalb weniger Minuten einen Höhepunkt und dauern mindestens einige Minuten an.
  • Generalisierte Angststörung (ICD-10 F41.1): Eine diffuse Angst mit Anspannung, Besorgnis und Befürchtungen über alltägliche Ereignisse und Probleme über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten, begleitet von weiteren psychischen und körperlichen Symptomen.
  • Angst und depressive Störung, gemischt (ICD-10 F41.2): Angst und Depression sind gleichzeitig vorhanden, eher leicht ausgeprägt ohne Überwiegen des einen oder anderen.

[Bearbeiten] Welche Symptome treten auf?

[Bearbeiten] Allgemeine Angstsymptome

Herzklopfen, Pulsbeschleunigung, Schweißausbruch, Zittern, Beben, Mundtrockenheit, Hitzewallungen, Sprachschwierigkeiten. Dazu Atembeschwerden, Beklemmungsgefühl, Brustschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall. Auch Bewusstseinsstörungen, zum Beispiel das Gefühl, verrückt zu werden, das Gefühl, dass Dinge unwirklich sind oder man selbst "nicht richtig da" ist, dass man nicht mehr die Kontrolle über die eigenen Gedanken hat, Benommenheit, Schwindel, Angst zu sterben, allg. Vernichtungsgefühl. Jeder vierte Patient mit Angststörung klagt über chronische Schmerzen. [1]

[Bearbeiten] Spezifische Phobien und Agoraphobie

Es besteht eine deutliche emotionale Belastung durch die Angstsymptome. Die angstauslösenden Objekte beziehungsweise Situationen werden vermieden. Gleichzeitig besteht die Einsicht, dass die Ängste übertrieben oder unvernünftig sind. Beim Anblick des angstauslösenden Objekts beziehungsweise der Situationen kommt es zu den oben beschriebenen Symptomen.

[Bearbeiten] Soziale Phobie

Die Angstsymptome sind die gleichen wie bereits beschrieben. Dazu eventuell Erröten, Angst zu erbrechen, Stuhl- und Harndrang oder die Angst davor.

[Bearbeiten] Panikstörungen

Panikattacken gehen besonders häufig einher mit Herzklopfen, Herzrasen oder unregelmäßigem Herzschlag. Die Betroffenen haben Todesangst vor einem Herzstillstand oder Herzinfarkt. Atemnot, Erstickungsgefühl, Engegefühl in Hals und Brust, Zittern und Schwitzen sind deutlich ausgeprägt, immer wieder treten auch Gefühle von Derealisation auf und die Angst, verrückt zu werden. Dazu kommen die übrigen beschriebenen Symptome. Spezifisch für die Panikstörung ist es, dass die Betroffenen oft den Zusammenhang zwischen den körperlichen Symptomen und ihrer Angst nicht erkennen und die Symptome fehlinterpretieren. (siehe Panikattacke, Panikstörung)

[Bearbeiten] Generalisierte Angststörung

Zu den körperlichen Symptomen kommen Symptome von Anspannung wie Muskelverspannungen, Ruhelosigkeit und Unfähigkeit sich zu entspannen, Nervosität, Schluckbeschwerden, Konzentrationsstörungen, Reizbarkeit und Einschlafstörungen auf Grund der ständigen Besorgnis und Angst. Die Betroffenen können oft nicht angeben, wovor sie Angst haben, sie werden von der Furcht gequält, dass sie oder ihre Angehörigen erkranken oder Unfälle erleiden könnten.

[Bearbeiten] Angst und depressive Störung, gemischt

Zu den Symptomen der Angst kommen die der Depression. Man hat festgestellt, dass es durch die Angstsymptome, die häufig anfangs nicht als diese erkannt werden, auch noch zu Depressionen kommen kann. Man fühlt sich schlecht, weil anfangs kein Arzt helfen kann und eben keine körperlichen Symptome gefunden werden (Blut, Nerven etc.). Dadurch kann es vorkommen, dass man sich irgendwelche schweren körperlichen Erkrankungen einredet (Tumor etc.) und somit noch mehr darunter leidet. Dies kann sich mit der Zeit bis zur Depression aufschaukeln.

[Bearbeiten] Wie häufig sind Angststörungen?

Angsterkrankungen sind in der Praxis häufig anzutreffen. Nach einer Studie der WHO 1996 litten etwa 8,5 % der Patienten in deutschen Allgemeinarztpraxen an einer generalisierten Angststörung und 2,5 % an einer Panikstörung. Frauen erkranken circa zweimal häufiger als Männer. Menschen mit Panikstörungen leiden in der Hälfte der Fälle zusätzlich an einer Agoraphobie.

[Bearbeiten] Welche Ursachen werden vermutet?

Die genaue Ursache ist nicht bekannt. Wahrscheinlich besteht eine erhöhte Vulnerabilität aufgrund von genetischer Veranlagung und Hirnstoffwechselstörungen (insbesondere im Bereich des Serotonins). Zum Ausbruch der Erkrankung kann es dann aufgrund von äußeren Einflüssen wie traumatische Kindheitserfahrungen oder belastenden Ereignissen kommen.

[Bearbeiten] Wie wird die Diagnose gestellt?

Im Mittelpunkt der Diagnostik steht das ärztliche oder psychotherapeutische Gespräch. Anhand der geschilderten Symptome kann der Arzt oder psychologische Psychotherapeut eine erste Verdachtsdiagnose stellen. Um körperliche Beschwerden der Angst, wie zum Beispiel Atemnot und Herzrasen, von einer organischen Erkrankung unterscheiden zu können, muss zunächst eine ausführliche medizinische Untersuchung zum Ausschluss einer körperlichen Ursache erfolgen. Dazu sind meist auch laborchemische und technische Untersuchungen erforderlich (Blutuntersuchung, EKG und ähnliche). Erst nach Ausschluss einer körperlichen Erkrankung soll eine seelische Störung diagnostiziert und die Behandlung geplant werden.

[Bearbeiten] Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Die Wahl der Therapie hängt von der Art der Angststörung und dem Schweregrad ab. Die Betroffenen brauchen stützende Gespräche und Zuwendung. Sie müssen wissen, dass sie nicht an einer körperlichen Erkrankung leiden. Das Zustandekommen der körperlichen Symptome muss ihnen erklärt werden.

Bei allen Formen der Angsterkrankungen sind psychotherapeutische Verfahren wirksam. Bei schweren Störungen werden zusätzlich bestimmte Medikamente, so genannte Antidepressiva, eingesetzt. In akuten Fällen mit stärksten Ängste können vorübergehend stark wirksame, angstlösende Medikamente, so genannte Tranquilizer (Benzodiazepine, z.B. Diazepam), gegeben werden, wegen der Gefahr der Entwicklung einer körperlichen Abhängigkeit jedoch nur im Notfall beziehungsweise über kurze Zeit.

Bei spezifischen Phobien sind verhaltenstherapeutische Reizkonfrontationsverfahren sehr wirksam. Medikamente sind meist nicht notwendig.

Bei Panikstörungen und der Agoraphobie werden ebenfalls verhaltenstherapeutische Verfahren (Exposition, kognitive Therapie) angewendet. Hier ist die Kombination mit Antidepressiva am wirksamsten.

[Bearbeiten] Soziale Phobie

In leichten Fällen reicht eine Verhaltenstherapie aus, in schweren Fällen ist die zusätzliche Gabe von Antidepressiva über mehrere Monate notwendig.

Viele Unsicherheiten lassen sich durch Rollenspiele oder durch ein Expositionstraining überwinden. Bei einem Expositionstraining übt man mit dem Therapeuten beängstigende Situationen im Alltag. Es kann aber auch sein, dass die soziale Ängstlichkeit tiefere Ursachen hat. Hier ist es dann wichtig, diese Probleme zum Beispiel in einer Gesprächstherapie aufzuarbeiten.

[Bearbeiten] Generalisierte Angststörung

Auch hier ist eine verhaltenstherapeutische Psychotherapie notwendig, Medikamente sollten zusätzlich eingesetzt werden, wenn der Erfolg der Psychotherapie allein zu gering ist.

[Bearbeiten] Wie ist der Verlauf der Erkrankung?

Angststörungen neigen zu einer Chronifizierung, das heißt, zu einer dauernden Anwesenheit, wenn sie nicht behandelt werden. Bei der Panikstörung beispielsweise kommt es nur bei 10 bis 30 % der Betroffenen spontan (d.h. ohne Behandlung bzw. nicht als Folge einer Behandlung) zu einer vollständigen Gesundung.

Verhaltenstherapie und Medikamenteneinnahme verbessern die Prognose wesentlich.

Die isolierten Phobien sind sehr gut zu behandeln.

Grundsätzlich gilt: Je früher eine Behandlung begonnen wird, desto günstiger ist der Verlauf.

Siehe auch: Angst, Phobie, Depression

[Bearbeiten] Komorbidität

Angststörungen weisen eine hohe Komorbidität sowohl untereinander, als auch zu Depressionen, somatoforme Störungen und Substanzstörungen auf. Die Wahrscheinlichkeit, eine komorbide Störung zu entwickeln ist bei Panikstörungen und Agoraphobie am höchsten. Sekundäre Depressionen sind am häufigsten bei Panikstörungen, gefolgt von der Generalisierten Angststörung und der Agoraphobie. Substanzstörungen als Folge einer Angststörung werden als Versuch der Selbstmedikation betrachtet.

[Bearbeiten] Quellen

  1. "Angststörung kann Schmerzen bereiten", Ärzte-Zeitung, 18. Januar 2007, S. 11

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Siehe auch

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