Beate Klarsfeld
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Beate Klarsfeld (* 13. Februar 1939 in Berlin), geboren als Beate Auguste Künzel, ist eine deutsch-französische Journalistin und Kämpferin für die Aufklärung und Verfolgung von Nazi-Verbrechen.
Sie hat zusammen mit ihrem Mann Serge Klarsfeld mit detaillierten Dokumentationen zahlreiche nationalsozialistische Gewalttaten aufgedeckt und auf unbehelligt lebende Täter hingewiesen: Kurt Lischka, Alois Brunner, Klaus Barbie, Ernst Ehlers, Kurt Asche u. a.
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[Bearbeiten] Geschichte
1960 ging Beate Künzel für ein Jahr als Aupairmädchen nach Paris. Dort wurde sie mit den Folgen des Holocaust konfrontiert. Nach wechselnden Anstellungen wurde sie Sekretärin beim Deutsch-Französischen Jugendwerk, dort aber entlassen, weil sie Artikel gegen Kurt Georg Kiesinger veröffentlichte.
1963 heiratete sie Serge Klarsfeld, dessen Vater in Auschwitz der Judenverfolgung zum Opfer gefallen war.
Um auf die Vergangenheit Kurt Georg Kiesingers als NSDAP-Mitglied (PG 2633930) hinzuweisen, initiierte Beate Klarsfeld verschiedene öffentliche Aktionen. So rief sie 1968 dem damaligen Bundeskanzler im Bonner Bundestag „Nazi, tritt zurück!“ zu und wurde abgeführt, aber alsbald frei gelassen. Während eines CDU-Parteitags in Berlin wiederum bestieg sie das Podium, ohrfeigte Kiesinger und rief „Nazi, Nazi!“. Sie wurde daraufhin in einem Schnellverfahren zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Allerdings wurde die Strafe 1969 in vier Monate auf Bewährung umgewandelt.
Im August 1970 kettete sich Beate Klarsfeld auf einem Platz in Warschau an einen Baum und verteilte Flugblätter, um auf den Antisemitismus in Polen aufmerksam zu machen; sie wurde festgenommen und ausgewiesen.
1971 versuchte sie gemeinsam mit ihrem Mann, den für die Deportation von 76.000 Menschen aus Frankreich verantwortlichen Kurt Lischka gewaltsam aus Deutschland zu entführen und der Justiz in Paris auszuliefern, da eine frühere Verurteilung Lischkas weitere juristische Schritte blockierte. Beate Klarsfeld wurde dafür 1974 zu zwei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, die Strafe aber durch internationale Interventionen und Proteste zur Bewährung ausgesetzt. Der Kriegsverbrecher Lischka dagegen blieb zunächst auf freiem Fuß, erst 1979 wurde er verurteilt.
In den 1970er Jahren wies Beate Klarsfeld wiederholt auf die Verstrickung des FDP-Politikers Ernst Achenbach in die Deportationen jüdischer Opfer aus Frankreich hin. 1976 gelang es ihr, seine politische Tätigkeit u.a. als Lobbyist von NS-Tätern kurz vor seiner geplanten Entsendung nach Brüssel als deutscher Vertreter bei der Europäischen Gemeinschaft zu stoppen.
1984 und 1985 bereiste sie unter Lebensgefahr die Militärdiktaturen Chile und Paraguay, um auf die dort gesuchten NS-Kriegsverbrecher Walter Rauff und Josef Mengele aufmerksam zu machen.
1986 startete sie gemeinsam mit ihrem Mann Serge und anderen eine Kampagne, die die Rolle Kurt Waldheims im Dritten Reich aufdeckte und zu seiner internationalen Isolierung während seiner österreichischen Bundespräsidentschaft führte. Im selben Jahr hielt sich Beate Klarsfeld einen Monat lang im libanesischen West-Beirut auf und bot an, im Austausch für israelische Geiseln in Haft zu gehen.
Am 4. Juli 1987 wurde der auf ihre Initiative gefasste Klaus Barbie verurteilt. Diesen Erfolg bewertete Klarsfeld als das „wichtigste Ergebnis“ ihrer Aktionen. Bereits 1972 hatte sie seinen Aufenthaltsort in Bolivien aufgedeckt.
1991 kämpfte sie um die Auslieferung des in Syrien lebenden Eichmann-Stellvertreters Alois Brunner, dem die Ermordung von 130.000 Juden in deutschen Konzentrationslagern angelastet werden. Im Jahr 2001 wurde Brunner durch die Bemühungen der Klarsfelds in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt.
Beate und Serge Klarsfeld gaben u. a. ein Gedenkbuch heraus, in dem die Namen von über 80.000 französischen Opfern der Judenverfolgung durch die Nazis verzeichnet sind. Sie bemühten sich erfolgreich um Fotos von über 11.400 in den Jahren 1942-44 deportierten jüdischen Kindern, um den Opfern ein Gesicht zu geben. Die französische Bahn SNCF begrüßte das Projekt und zeigte eine Wanderausstellung (Enfants juifs déportés de France) drei Jahre lang auf 18 Bahnhöfen. Die Deutsche Bahn − Rechtsnachfolgerin der Deutschen Reichsbahn, über deren Schienennetz diese Kinder deportiert wurden − lehnte die Ausstellung in ihren Bahnhöfen „aus Sicherheitsgründen“ ab und verwies sie ins DB-Museum nach Nürnberg. DB-Chef Hartmut Mehdorn argumentierte, das Thema sei „viel zu ernst, als dass man sich brötchenkauend“ auf Bahnhöfen mit ihm beschäftigen dürfe. Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee machte sich für die Position der Klarsfelds stark. Ende 2006 haben sich Tiefensee und Mehdorn darauf verständigt, eine neue, DB-eigene Ausstellung über die Rolle der Reichsbahn im Zweiten Weltkrieg zu unterstützen.
[Bearbeiten] Ehrungen
In Israel erhielt Beate Klarsfeld 1974 die Tapferkeitsmedaille der Ghettokämpfer; der französische Präsident François Mitterrand ehrte sie 1984 als Ritter der Ehrenlegion. Offizielle deutsche Auszeichnungen sind ihr versagt geblieben.
[Bearbeiten] Literatur
- Die Geschichte des PG 2 633 930 Kiesinger : Dokumentation mit einem Vorwort von Heinrich Böll. Darmstadt : Melzer, 1969
- Wherever they may be, 1972 (Autobiografie)
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Beate Klarsfeld im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Film: Verfolgt und gejagt: The Beate Klarsfeld Story (1987)
- Politeia Biografie
- Gespräch mit Beate Klarsfeld, Netzeitung (2.9.2005)
- WDR-Bericht zu Lischka-Entführung
- Beate-Klarsfeld-Stiftung
- WDR-Bericht 22.3.2006
- Interview über Ausstellung mit Hartmut Mehdorn, FAZ (Onlineausgabe, 7.11.2006)
Personendaten | |
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NAME | Klarsfeld, Beate |
ALTERNATIVNAMEN | Künzel, Beate Auguste (Mädchenname) |
KURZBESCHREIBUNG | Journalistin und Antifaschistin |
GEBURTSDATUM | 13. Februar 1939 |
GEBURTSORT | Berlin |