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Bougainville

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Dieser Artikel befasst sich mit der Insel Bougainville. Für weitere Bedeutungen, siehe Bougainville (Begriffsklärung).

Bougainville ist eine etwa 8800 km² große Insel im pazifischen Ozean. Sie gehört geografisch zu den Salomonen, politisch bildet sie jedoch zusammen mit der 500 km² großen Nachbarinsel Buka eine Provinz von Papua-Neuguinea. Die Provinz wird auch North Solomons (Nord-Salomonen) genannt.

Lage von Bougainville in Papua-Neuguinea
Lage von Bougainville in Papua-Neuguinea

Sie wurde nach Louis Antoine de Bougainville benannt. Durch ihre gegenüber den anderen Provinzen Papua-Neuguineas abgelegene Lage entwickelten sich Bestrebungen nach mehr Unabhängigkeit. 2005 fanden erste offizielle Wahlen einer autonomen Provinzregierung statt.

In der Provinz Bougainville lebten im Jahr 2000 175.160 Einwohner, was einer Bevölkerungsdichte von knapp 19 Menschen auf den Quadratkilometer entspricht. Hauptstadt der Insel ist Arawa, mit 36.443 Einwohnern die drittgrößte Stadt Papua-Neuguineas.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Lage

Bougainville ist die nördlichste Insel der Salomonen. Durch einen historischen Zufall wurde sie Teil der deutschen Kolonie Deutsch-Neuguinea und kam so schließlich zum Staat Papua-Neuguinea. Auf der Westseite der Insel liegt die Salomonsee und das papua-neuguineische Festland, auf der Ostseite der offene Ozean. Bougainville ist die östlichste Provinz Papua-Neuguineas, und ist vom Festland durch das Meer und 750 km Luftlinie getrennt – während es zur nächsten Salomonen-Insel gerade mal acht Kilometer sind.

[Bearbeiten] Bevölkerung

Die Einwohner Bougainvilles sind sprachlich gesehen melanesischer, papuanischer und zu einem sehr geringen Teil polynesischer Herkunft. Auffällig ist die besonders dunkle, fast schwarze Hautfarbe vieler Bougainvilleer. Die Gesellschaft ist matrilinear organisiert, d.h. Grund und Boden werden in weiblicher Linie vererbt.

Etwa 30 der 800 Sprachen Papua-Neuguineas kommen aus Bougainville.

Liste der Sprachen Bougainvilles (zitiert nach ethnologue)

  • Askopan
  • Bannoni
  • Hahon
  • Hakö
  • Halia
  • Koromira
  • Lantanai
  • Lawunuia
  • Naasioi
  • Nehan
  • Nukumanu (polynesisch)
  • Nukuria (polynesisch)
  • Oune
  • Papapana
  • Petats
  • Ramopa
  • Rapoisi
  • Rotokas
  • Saposa
  • Sibe
  • Simeku
  • Siwai
  • Solos
  • Takuu (polynesisch)
  • Teop
  • Terei
  • Tinputz
  • Torau
  • Uisai
  • Uruava (austronesische Sprache, Südost-Bougainville, ausgestorben)

[Bearbeiten] Wirtschaft

Bougainville verfügte 1972 bis 1989 über eine der weltgrößten im Tagebau betriebenen Kupfer-Minen, Panguna genannt, die lange Jahre einen Großteil des Bruttosozialprodukts von Papua-Neuguinea erwirtschaftete. Betrieben wurde der Abbau von der australischen Firma Bougainville Copper, einem Tochterunternehmen des britisch-australischen Bergbauunternehmens Rio Tinto / CRA, welches das Unternehmen mehrheitlich beherrschte. Der Staat von Papua-Neuguinea war an der Mine zu 19,1% beteiligt, die Öffentlichkeit mit 37,3%. (Quelle: [1])

Infolge des Bürgerkriegs (siehe unten) und der von den Rebellen erzwungenen Stilllegung der Mine gingen die Staatseinnahmen Papua-Neuguineas um 20 % zurück.

Der wirtschaftliche Wiederaufbau erweist sich als schwieriges Unterfangen aufgrund der chronischen Finanzknappheit der Autonomen Regionalregierung. Die Hoffnungen stützen sich auf eine Wiedereröffnung der Panguna-Mine, um mithilfe der Steuereinnahmen alternative Wirtschaftszweige wie Landwirtschaft (Copra, Kakao), Fischerei und Tourismus zu fördern.

Anfang März 2006 haben Verhandlungen zur Wiedereröffnung der Panguna-Mine mit Gesprächen zwischen PNG-Minenminister Sam Akoitai und dem Rio Tinto Konzern in London begonnen.

[Bearbeiten] Geschichte

Alvaro de Mendaña de Neyra
Alvaro de Mendaña de Neyra
Der Comte de Bougainville
Der Comte de Bougainville

Bougainville wurde 1568 zuerst von einem Weißen betreten, dem spanischen Kapitän Alvara de Mendana, der 1594 auf die Salomonen zurückkehrte und hier starb. Fast zweihundert Jahre lang gab es keinen Kontakt mehr mit Weißen, bis der französische Forscher Louis Antoine de Bougainville 1768 die Insel wiederentdeckte. Er war begeistert von der Schönheit der Insel und ihrer Menschen und beschrieb beides eindrucksvoll. Zudem legte er eine Karte der Insel an und benannte sie nach sich selbst.

1885 wurde Bougainville mit den Salomonen Teil der deutschen Kolonie Deutsch-Neuguinea. Die übrigen Salomonen-Inseln wurden in einem Handel an Großbritannien übergeben, Bougainville blieb deutsch (Samoa-Vertrag (1899)). Auch nach 1918 wurde die Insel nicht – entgegen dem Wunsch ihrer Häuptlinge – mit den britischen Salomonen wiedervereint, sondern blieb Teil des Australien übertragenen Völkerbund-Mandatgebiets New Guinea.

Im Zweiten Weltkrieg bauten die Japaner einige Flughäfen auf der Insel, die daraufhin von der US-Armee bombardiert wurde.

Als Papua-Neuguinea 1975 unabhängig wurde, kam es wieder zu noch zaghaften Sezessionswünschen. In der Tat hatte sich Bougainville ein paar Tage vor PNG als Republik ausgerufen. Aber erst als Forderungen von um die Mine herum Land besitzenden Clans nach Entschädigungen für die durch die Mine verursachten Umweltschäden abgelehnt wurden, kam es zu einem ernsthaften Konflikt: die Dorfleute um Francis Ona, den Präsidenten der Panguna Land Owners' Association, legten im November 1988 durch Sabotageakte die große Kupfermine still.

[Bearbeiten] Der Bürgerkrieg

Beim Bau der Bougainville Copper Mine war eine Regelung getroffen worden, dergemäß monatliche Zuwendungen an die Bevölkerung von Bougainville gezahlt wurden. Von dieser Regelung profitierten diejenigen, die zum Zeitpunkt der Errichtung der Mine gelebt hatten, die nachwachsende Bevölkerung jedoch nicht. Von dem Anteil der Dividenden der Gesellschaft, die auf den Staat von Papua-Neuguinea entfielen, floss nur ein Bruchteil nach Bougainville zurück. Zudem war die Bevölkerung von Arbeitslosigkeit betroffen. Der Tagebau führte weiterhin zu ökologischen Schäden.

Diese Faktoren führten in der Folge zu starken Spannungen zwischen Teilen der Bevölkerung von Bougainville und dem Staat von Papua-Neuguinea. Die zunehmenden Spannungen mündeten in der Gründung einer Rebellentruppe.

Die Clans um die Kupfermine herum begründeten die „Revolutionäre Armee Bougainvilles“ (BRA) und begannen mit Widerstandsaktionen. Dazu benutzten sie oft Pfeil und Bogen, selbstgemachte Minen und Flinten - oft hergestellt aus alten, im Zweiten Weltkrieg liegengebliebenen Sprengbomben. Die Aktionen bestanden anfangs nur im Sprengen von Strommasten der durch den Urwald führenden Stromversorgung der Kupfermine. Die Mine wurde dadurch wiederholt stillgelegt. Autobusse mit Minenarbeitern wurden angegriffen und Arbeiter getötet.

Im März 1989 sollte die Armee die Ordnung wiederherstellen. Dieses scheiterte jedoch und der Konflikt eskalierte.

Da die Stromversorgung der Mine durch weite Strecken von Urwaldgebiet führt und damit nicht effektiv zu schützen war und zudem einheimisches als auch australisches Minenpersonal mit dem Leben bedroht war, beschloss Rio Tinto/CRA im Jahre 1989, die Mine aufzugeben.

Der blutigste Bürgerkrieg seit dem Zweiten Weltkrieg begann weitgehend unbeachtet von der Weltöffentlichkeit. Er kostete in den nächsten neun Jahren etwa 20.000 Menschen das Leben – bei einer Einwohnerschaft von knapp 200.000.

Wegen des blutigen Vorgehens der Regierungsarmee gegen Zivilisten gelang es der BRA, große Teile der Bevölkerung auf ihre Seite zu ziehen. Es kam zu überraschenden Siegen der BRA gegen die viel besser ausgebildete und bewaffnete Regierungsarmee, die sich im März 1990 von der Insel zurückzog.

Die Regierung verfügte nun eine Blockade über die Insel – weder Lebensmittel noch Medikamente gelangten mehr auf die Insel, was zum Tode mehrerer Tausend Zivilisten führte. Die Revolutionsarmee verspielte in dieser Phase viele Sympathien bei der Bevölkerung, weil sich große Teile von ihr während ihrer Herrschaft oft als disziplinlos und korrupt erwiesen und es auch zu Übergriffen auf Zivilisten kam. Dorfschutzgruppen bildeten sich und unterstützten die 1992 zurückkehrende Regierungsarmee bei der Rückeroberung der Insel. Die BRA behauptete sich aber im Berggebiet der Insel um die Kupfermine herum. Immer wieder kam es zu Kriegshandlungen, und es wurde ein politischer Arm, das Bougainville Interim Government gegründet, und Francis Ona wurde deren erster Präsident. Sam Kauona, ein in Australien ausgebildeter Offizier der PNG Defence Force, lief frühzeitig zur BRA über und wurde deren überaus erfolgreicher Commander. Hauptkommunikationsmittel - auch zur Führung der zellenhaften BRA - wurde das Radio Free Bougainville, ein Piratensender, dessen Meldungen sogar in Australien vom dortigen Bougainville Freedom Movement empfangen werden konnten, womit die Informationsblockade zerstört wurde.

1997 holte der papua-neuguineische Premierminister Julius Chan die britisch-südafrikanische Söldnertruppe Sandline International auf die Insel, die den Widerstand der BRA brechen und die Kupfermine zurückerobern sollte. Nun kam es aber in der papua-neuguineischen Hauptstadt Port Moresby zu großen Demonstrationen gegen die fremde Söldnertruppe, an denen sich auch viele Regierungssoldaten beteiligten. Diese Demonstrationen zwangen Chan zum Rücktritt. Die Söldner wurden von General Jerry Singirok gefangen genommen und aus dem Land gejagt (siehe: Sandline-Affäre). Der neue Regierungschef, Bill Skate, nahm umgehend Verhandlungen mit der Rebellenarmee auf, als diese dann auch noch zum ersten Mal auf offenem Feld am Kangu Beach die PNG Armee besiegte.

Im Oktober 1997 kam es zur Waffenruhe und zu spontanen Freuden- und Versöhnungsfeiern der Bevölkerung. Im Januar 1998 wurde in Neuseeland ein vorläufiges Friedensabkommen unterzeichnet. Dem folgte 2001 das endgültige Friedensabkommen, in dem Bougainville zur autonomen Provinz innerhalb Papua-Neuguineas erklärt wurde. Am 20. Mai 2005 begannen erstmals Wahlen zur ersten autonomen Provinzregierung. Sieger der Wahlen und damit erster offizieller Präsident der autonomen Bougainville-Regierung (engl. Autonomous Bougainville Government, ABG) wurde Joseph Kabui, ein ehemaliger Weggefährte Francis Onas, der sich vor einigen Jahren allerdings schon von diesem distanziert hatte. Francis Ona seinerseits hatte sich gegen die Wahlen gerichtet - Bougainville sei bereits unabhängig. Im Juli 2005 verstarb Francis Ona an Malaria und Typhus.

Bis spätestens zum Jahr 2015 soll die Bevölkerung in einem Referendum über die volle Unabhängigkeit entscheiden. Die Kupfermine allerdings ist immer noch stillgelegt und war bis zu seinem Tod in der Hand des BRA-Rebellen Francis Ona. Ein von ihm in San Francisco wegen der Umweltzerstörungen angestrengter Prozess muss noch über milliardenschwere Entschädigungsforderungen zugunsten der Land um die Kupfermine besitzenden Clans entscheiden.

[Bearbeiten] Verweise

[Bearbeiten] Literatur

  • Anthony Regan, Helga Griffin (Hrsg.): Bougainville before the Conflict. Pandanus Books: Canberra 2005. ISBN 1740761383.
  • John Connell: Bougainville, the future of an island microstate, in: Journal of Pacific Studies 28 (2005) S. 192–217. Link.

[Bearbeiten] Weblinks

Koordinaten: 6° 9' 53" S, 155° 15' 2" E

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