Christine de Pizan
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Christine de Pizan bzw. de Pisan (* 1365 in Venedig; † um 1430) war eine französische Schriftstellerin. Sie gilt als die erste Autorin der französischen Literatur, die von ihren Werken leben konnte.
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[Bearbeiten] Leben und Schaffen
Geboren in Venedig als Tochter des Astrologen und Arztes Tommaso da Pizzano († 1384), kam sie als vierjähriges Mädchen nach Paris, als ihr Vater zum Leibarzt von König Karl V. berufen wurde. Ihrem Vater verdankte sie eine gute Bildung, die sie später durch umfangreiche Lektüre älterer und zeitgenössischer, theologischer und profaner Literatur erweiterte.
Im Alter von fünfzehn Jahren wurde Christine mit dem kleinadeligen königlichen Sekretär Étienne du Castel verheiratet, aus der Ehe gingen rasch nacheinander drei Kinder hervor.
Nach dem frühen Tod ihres Mannes während einer Epidemie (1389) hatte sie mit langwierigen Erbschaftsprozessen und daraus resultierenden finanziellen Problemen zu kämpfen. Da an eine Wiederverheiratung mit drei Kindern und ohne Vermögen kaum zu denken war, besann sie sich auf ihr dichterisches Talent und begann Balladen, Lais und Rondeaus zu verfassen, wobei sie sich zunächst Eustache Deschamps zum Vorbild nahm.
Sie gewann rasch zahlungskräftige Mäzene, denen sie ihre Werke widmete und überreichte, darunter die französische Königin Isabeau de Bavière und die zur königlichen Familie gehörenden Herzöge Ludwig von Orléans, Johann von Berry, Philipp der Kühne und dessen Sohn Johann Ohnefurcht von Burgund.
Christine thematisierte als Lyrikerin zunächst die Liebe, wobei sie vor allem in sehr persönlich wirkender Weise den Verlust ihres Gatten beklagte (Ballades du veuvage, Cent ballades d'amant et de dame). Später verfasste sie, nicht nur in Versform, sondern auch in Prosa, mehr lehrhaft-philosophische Werke, z.B. den Fürstenspiegel L'Épître d'Othéa (1400) oder die Betrachtungen über das Wirken Fortunas in der Geschichte und in ihrem eigenen Leben La Mutation de Fortune (1403). Darüber hinaus reagierte sie in politisch motivierten Werken auf die Bürgerkriege im Frankreich des intermittierend geistesgestörten Königs Karls VI. (1380–1422), hinter dem ständig verschiedene Personen und Parteien, insbes. die "Bourguignons" und "Armagnacs", um die Macht im Staate kämpften und dabei immer wieder auch England in ihre Streitereien hineinzogen. Zu diesen Werken zählen u.a. Le Livre des faits d'armes et de chevalerie, 1410; Lamentations sur les maux de la guerre, 1410; Le Livre de la paix, 1413.
Ebenfalls politisch intendiert war eine apologetische Biografie (1404) des Gönners ihres Vaters und großen Königs Karl V. (1364–1380), der mit Hilfe seines tüchtigen Feldherrn Bertrand du Guesclin die Engländer fast aus Frankreich hinausgedrängt und das Land vorübergehend befriedet hatte. Vielleicht war es Christine, die ihm den Beinamen "der Weise" ("le Sage") verschaffte.
Wurde sie lange in der Literaturgeschichtsschreibung eher stiefmütterlich behandelt, gilt Christine heute als die mit Abstand produktivste und vielseitigste aller Autoren ihrer Generation.
Literatur- und Sozialwissenschaftlerinnen schätzen sie darüber hinaus auch als eine Feministin avant la lettre: 1399 kritisierte sie die Misogynie der Männer ihres gesellschaftlichen Umfeldes, und insbesondere die von Jean de Meung im Rosenroman, womit sie die sog. Querelle du Roman de la rose entfesselte, den ersten Pariser Literatenstreit in der Geschichte der französischen Literatur, in den sie selbst mit ihrer Épître au dieu d'amours (ebenfalls 1399) eingriff. 1401 verfasste sie Le Dit de la rose, der die fiktive Gründung eines die Frauen schützenden "Rosenordens" beschreibt. Von 1404 datiert ein Traktat zur richtigen Erziehung der Mädchen, Le Livre des trois vertus. 1405 stellte sie ihr aus heutiger Sicht interessantestes Werk fertig, Le Livre de la Cité des dames, in dem sie am Beispiel bedeutsamer Frauengestalten aus der biblischen und profanen Geschichte auf die verkannten Fähigkeiten der Frau hinweist und das Bild einer utopischen Gesellschaft entwickelt, die den Frauen gleiche Rechte gewährt.
Ab ca. 1418, dem Beginn einer der schlimmsten Phasen des Hundertjährigen Krieges, wohnte sie zurückgezogen bei einer Tochter im Kloster von Poissy. Dort erlebte sie 1429 noch die militärischen Leistungen von Jeanne d'Arc, der "Jungfrau von Orléans", der sie nach schon längerem Schweigen einen Lobpreis widmete, das Dictié en l'honneur de la Pucelle. Hiernach ist nichts mehr über sie bekannt.
[Bearbeiten] Werke
- Cent Ballades. 1399
- Epistre au Dieu d'amours. 1399
- Le Debat de deux amants. 1400
- Le Livre des trois jugements amoureux. 1400
- Le Dit de Poissy. 1400
- L'Epistre Othéa. 1400
- Lettres sur le Roman de la Rose. 1401
- Oraison Nostre Dame. 1402
- Le Livre du Chemin de long estude. 1402
- Dit de la Pastoure. 1403
- Le Livre de la Mutacion de Fortune. 1403
- Epistre a Eustache Morel (=E. Deschamps). 1404
- Le Livre des faits et bonnes meurs du sage roy Charles V. 1404
- Le Livre du duc des vrais amans. 1404
- Le Livre de la Cité des Dames. 1405
- Le Livre des Trois Vertus oder Le Trésor de la Cité des Dames. 1405
- Epistre a la Royne. 1405
- Le Livre de l'advision Cristine. 1405
- Le Livre de Prudence oder Le Livre de la prod'homie de l'homme. 1405
- Le Livre du corps de policie. 1407
- Le Livre des fais d'armes et de chevalerie. 1410
- La Lamentacion sur les maux de la France. 1410
- Le Livre de la Paix. 1413
- L'Epistre sur la prison de la vie humaine. 1418
- Les Heures de contemplacion sur la Passion de Nostre Seigneur. 1420
- Dictié en l'honneur de la Pucelle oder Le Dictié de Jehanne d'Arc. 1429
[Bearbeiten] Deutsche Ausgaben
- Das Buch von der Stadt der Frauen. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1990 ISBN 3423022205
[Bearbeiten] Literatur
- Régine Pernoud: Christine de Pizan. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1990 ISBN 3423111925
- Fee-Isabelle Rautert: "Christine de Pizan zwischen Krieg und Frieden. Die politischen Schriften 1402-1429." Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2005. ISBN 3-8300-2184-4
- Michael Richarz: Idealzustand und Krise Frankreichs in der politischen Theorie der Christine de Pizan. Logos-Verlag, Berlin 2004. ISBN 3-832-50784-1
- Willard, Charity: Christine de Pizan. Her Life and Works. Persea Books, New York 1984
- Margarete Zimmermann: Christine de Pizan. Rowohlt-Taschenbuch-Verlag, Reinbek 2002. ISBN 3-499-50437-5
- Gerlinde Kraus: Bedeutende Französinnen. Schröder Verlag, Inh. G. Kraus, Mühlheim am Main / BOD, Norderstedt 2006, ISBN 978-3-9811251-0-8
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Christine de Pizan im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Artikel in Namen, Titel und Daten der franz. Literatur (Hauptquelle zum Abschnitt "Leben und Schaffen")
- Artikel über Christine de Pizan von Margareth Knuth (recht ausführlich und informativ)
- Christine de Pizan, die erste Frauenrechtlerin
- Biographie und Gedichte (französisch)
- Christine de Pizan (französischer Artikel mit vielen Nachweisen zur Überlieferung und Digitalisaten)
Personendaten | |
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NAME | Christine de Pizan |
KURZBESCHREIBUNG | altfranzösische Schriftstellerin |
GEBURTSDATUM | 1365 |
GEBURTSORT | Italien |
STERBEDATUM | um 1430 |