Deutscher Humanismus
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Deutscher Humanismus bezeichnet eine auf humanistischen Ideen, insbesondere den studia humaniora, beruhende Bildungsbewegung im Renaissance-Humanismus, die von Italien ausging, in Deutschland sich verbreitete und dort selbstständig entwickelte.
Der wohl erste Deutsche, durch den der italienische Humanismus in Deutschland verbreitet wurde, ist Peter Luder. Nachdem Luder lange Jahre in Italien umherzog, auch Schüler von Guarino da Verona war und seine Beziehungen knüpfte, kam er auf eine Einladung von Pfalzgraf Friedrich I. hin nach Heidelberg. Der Pfalzgraf war wohl über die Universität Padua auf Luder aufmerksam geworden. Seine Wirksamkeit als Lehrer im humanistischen Latein wie auch des klassischen Altertums in Deutschland konzentriert sich auf die Universitäten Heidelberg, Erfurt und Leipzig. Luders Start in Heidelberg war spektakulär. Er präsentierte sich der Universitätsöffentlichkeit mit einer programmatischen Rede zur Empfehlung der studia humanitatis. Es war die erste derartige Rede an einer deutschen Universität. Sie gilt als Initialzündung des Humanismus in Deutschland. So setzt man das Jahr 1456, in dem Luder seine Rede hielt, als Entstehungsdatum des deutschen Humanismus an. (Jene Rede über die studia humanitatis wurde künftig Luders Paradevorlesung, mit der er jeweils an den Universitäten, an denen er nach seiner Zeit in Heidelberg lehrte, seinen Einstand gab.) Allzu hoch scheint er zu seiner Zeit jedoch nicht im Ansehen gestanden zu haben, wie auch durch zeitgenössische Quellen ersehen werden kann. Seit freizügiger Lebenswandel wird hierbei die Ursache sein ebenso wie mangelhafte Kenntnis der von ihm zu lehrenden Materie. Anders als in Heidelberg, wo zumindest ein Teil der Professoren ihm und den humanistischen Ideen aufgeschlossen begegnete, einer ansonsten von der scholastisch geprägten Professorenschaft beherrschten Universität, war sein Erfolg in Erfurt und Leipzig eher ein mäßiger. Nach Wilhelm Wattenbach und diesem folgend Georg Voigt bedeutete ein durch einen Kollegen in Leipzig nachgewiesener Fehler in Luders Übersetzungen das Ende seiner Karriere in Leipzig. Nicht seine humanistischen Anschauungen, die bereits ansatzweise schon vor seiner Ankunft in Leipzig begannen Fuß zu fassen, sondern die Person Luder selbst war der Grund der Abneigung seitens der Professoren wenigstens in der Meinung der älteren Forschung. Weitaus bedeutender wurde hingegen sein Schüler Hartmann Schedel, von dem die "Schedelsche Weltchronik" erschien. Auch wenn Luder nicht der Einzige ist, über den der italienische Humanismus Einfluss in Mitteldeutschland gewann, so kann nicht bestritten werden, dass er an der Verbreitung humanistischen Gedankengutes einen maßgebenden Anteil hat.
Johannes Reuchlin wiederum, der unter anderem in Konstantinopel bei Manuel Chrysoloras die griechische und hebräische Sprache erlernt hat, ist in nicht geringem Maße die Verbreitung des Studiums dieser Sprachen wenigsten unter den deutschen Theologen zu verdanken. Der Streit um die "Dunkelmännerbriefe", der sich gegen die Verbrennung jüdischer Schriften richtete, ist hierbei nicht bedeutungslos. In Tübingen war übrigens auch Philipp Melanchthon Reuchlins Schüler.
Melanchthon und andere wie u.a. Johannes Bugenhagen, der Beichtvater Luthers in Wittenberg, versuchen den Humanismus im Sinne der neuen Kirchen zu instrumentalisieren. Eine andere Zielrichtung verfolgt mit den humanistischen Studien hingegen Erasmus von Rotterdam. Er bemüht sich einer zunehmenden Polarisierung der Konfessionen durch humanistische Studien entgegenzuwirken. In diesem Zusammenhang hat der Bibelhumanismus große Bedeutung.
Bedeutende deutsche Humanisten des Renaissance-Humanismus im 16. Jahrhundert sind beispielsweise Rudolf Agricola, Conrad Celtis, Nikolaus von Kues, Philipp Melanchthon, Erasmus von Rotterdam, Ulrich von Hutten, Konrad Peutinger, Willibald Pirckheimer, Johannes Reuchlin, Johannes Rivius und Ulrich Zasius.