Dramaturgie
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Dramaturgie (von griechisch dramaturgein „ein Drama verfassen“) bezeichnet:
- einerseits das Kompositionsprinzip eines Theaterstücks, das je nach Epoche variiert,
- oder auch die Kunst, im Bereich Literatur, Theater, Filmkunst und Fernsehen, aber auch in der Musik, einen Spannungsbogen zu gestalten.
Dramaturgie bezeichnet auch den Arbeitsbereich des Dramaturgen am Theater oder beim Film.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Dramaturgie am Theater
Der Bereich der Dramaturgie im heutigen Theaterbetrieb umfasst mehrere Aufgaben, die je nach Theater wiederum unterschiedlich gewichtet werden. Wesentliche Punkte sind
- Lektüre und Auswahl von geeigneten Werken für den Spielplan
- Autorenförderung, Zusammenarbeit mit Komponisten
- Suche nach Regisseuren, Bühnenbildnern etc.
- Bearbeitung und Übersetzung von Dramentexten; im Musiktheater Einrichtung von Opern oder Libretti (Strichfassung = Festlegung von Kürzungen)
- Erschließung von Hintergrundwissen und -material für das Regieteam und die Darsteller
- Betreuung der Probenarbeit (im Rahmen der Produktionsdramaturgie)
- Redaktion des Programmheftes und anderer Publikationen
- Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
- Einführungsveranstaltungen, Publikumsgespräche
- Durchführen einer Dramaturgiesitzung
Neben diesen spezifischen Aufgaben sind Dramaturgen meist in Entscheidungsprozesse der Theaterleitung auf vielen Gebieten eingebunden, auf der anderen Seite in vielen Fragen auch Ansprechpartner für die Mitglieder des Ensembles
[Bearbeiten] Dramaturgie im Film
Die dramaturgische Tätigkeit im Film ist vielfach ähnlich zu der am Theater, dabei jedoch den besonderen, vielfach komplexen, Anforderungen des Mediums angepasst. Zu den wesentlichen Punkten zählen hier
- Lektüre und Auswahl von geeigneten Drehbüchern, Exposés oder Treatments sowie deren Bearbeitung und Optimierung in enger Zusammenarbeit mit dem Autor
- Suche nach geeigneten Schauspielern, Regisseuren, Kameraleuten und anderen kreativen Schlüsselpositionen
- Erarbeitung eines inszenatorischen Gesamtkonzeptes
- Kommunikation mit dem Regisseur über dessen Arbeit am Drehbuch, mit den Darstellern, mit der Musik und der Tonspur
- Kommunikation mit dem Produzenten und dem Regisseur über die visuelle Gestaltung durch Kamera und Licht sowie Dekoration, Ausstattung, Kostüm, Maske und VFX
- Recherche von Hintergrundwissen und -material
- Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
In den Arbeitsbereich des Dramaturgen fallen somit die Wahl des Stoffes, die Entwicklung des Drehbuches, die Analyse der Marktsituation sowie die Entscheidung darüber, für welche Zielgruppe, mit welchen Erfolgsaussichten, wie und mit wem daraus ein Filmprojekt entwickelt werden kann. Der Dramaturg übernimmt somit eine Koordinations- und Mittlerfunktion zwischen den finanziell-organisatorischen und den kreativ-gestalterischen Produktionsbereichen.
[Bearbeiten] Geschichte
Die Forderung nach dramaturgischer Mitarbeit formulierte erstmals Johann Elias Schlegel. Gotthold Ephraim Lessing übte das Amt als Dramaturg am Hamburger Nationaltheater aus und benannte seine Tätigkeitsfelder auch erstmals in der Hamburgischen Dramaturgie. Er betonte dabei die Beschäftigung mit dramatischer Literatur und ästhetischen Theorien, den Entwurf eines aktuell bezogenen Spielplans und die Reflexion über das Theater an sich. In gewissem Sinn kann man auch Goethe und Schiller als Dramaturgen bezeichnen; wie Lessing schrieben beide Dramentexte, entwickelten aber auch programmatische Überlegungen über das Theater. Erste Dramaturgen waren neben Lessing Joseph Schreyvogel, Ludwig Tieck, Karl Immermann, später Heinrich Laube und Otto Brahm.
Im Zuge der Entwicklung der Regie diversifizierten sich die oben aufgeführten Aufgaben des Dramaturgen seit Beginn des 20. Jahrhunderts immer weiter. Mit Brechts Arbeit am Berliner Ensemble wurde die produktionsbezogene Arbeit des Dramaturgen eingeführt, die schließlich nach 1968 allgemein Einzug an deutschen Theatern hielt. Gleichzeitig fand eine Verwissenschaftlichung des Berufs statt; Aufgabe des Dramaturgen ist dabei, wissenschaftliche Erkenntnisse aus verschiedenen Disziplinen für den schöpferischen Prozess der Entstehung von Theater zugänglich und nutzbar zu machen. Auch in diesem Sinn gewann die Aufgabe der Produktionsbetreuung an Bedeutung.
Das Berufsbild ist von zunehmender Komplexität gekennzeichnet, was besonders im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit und dem auch für Theater immer wichtiger werdenden Marketing in letzter Zeit zur Ausgliederung klassischer Arbeitsfelder des Dramaturgen und Kooperation mit spezialisierten Dienstleistern (z.B. an PR-, Script- oder Casting- Agenturen) geführt hat.
Am Theater führt der Trend weg vom Ensembletheater mit einem großen Repertoire hin zu Event-betonten Theaterformen (im Musiktheater z.B. das Stagione-Prinzip, allgemein gesprochen die immer zahlreicher werdenden Festivals) dazu, dass Dramaturgie im engeren Sinn an Bedeutung verliert.
Im Gegensatz dazu nimmt die Nachfrage und Bedeutung von Dramaturgen beim Film, im Zuge wachsender Professionalisierung und Differenzierung des Produktionsprozesses, stetig zu.
[Bearbeiten] Schriften
Lessing, G.E.: 'Hamburgische Dramaturgie', Stuttgart: Alfred Kröner Verlag (267)
[Bearbeiten] Literatur
- Lajos Egri, Kerstin Winter: Dramatisches Schreiben. 2003, ISBN 3-932-90958-5
- Gustav Freytag: Die Technik des Dramas. 1863 (Digitalisat)
- Peter Rabenalt: Filmdramaturgie. 2004, ISBN 3-891-58245-5
- Robert McKee: STORY. Die Prinzipien des Drehbuchschreibens. 2000, ISBN 3-895-81045-2
- Linda Seeger: Von der Figur zum Charakter.
- Syd Field: Screenwriter's Problemsolver.
- Michaela Krützen: Dramaturgie des Films. Wie Hollywood erzählt. Frankfurt am Main: Fischer, 2004 ISBN 3-596-16021-9
[Bearbeiten] Links
- Dramaturgische Gesellschaft
- Seite mit Tipps zum Drehbuchschreiben und einem kleinen Wörterbuch der Dramaturgie
Kategorien: Theater | Film | Fernsehen | Hörspiel