Ein Bericht für eine Akademie
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Ein Bericht für eine Akademie ist eine Erzählung von Franz Kafka. Nach der Erstveröffentlichung 1917 in der Zeitschrift "Der Jude" Herausgeber Martin Buber erschien sie 1919 im Rahmen des Bandes Ein Landarzt.
Der ehemalige Affe namens Rotpeter legt einer Akademie einen Bericht über seine Menschwerdung vor.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Zusammenfassung
Eingefangen von einer Jagdexpedition der Firma Hagenbeck, monatelang gehalten in einem bedrückend engen Käfig auf einem Dampfer, sucht der Affe einen Ausweg. Er ahmt die Menschen nach, weil er so "unbehelligt" sein will, wie sie es offensichtlich sind. Scheinbar leicht lernt er sinnvolle Gesten und auch das Sprechen. Größte Probleme hat er damit, Schnaps zu trinken. Niemand erklärt ihm, dass dies sicher nicht ein notwendiger Bestandteil des Menschseins ist. So lernt er auch das unter größter Mühe. Mehrfach betont er, dass er nur deshalb Menschen nachahmt, weil er einen Ausweg sucht, nicht jedoch weil er die Freiheit erhofft.
Er strebt eine Arbeit im Variete an und hat dabei "kaum noch zu steigernde Erfolge". Sein Leben verläuft erfolgreich zwischen Banketten, wissenschaftlichen Gesellschaften und geselligem Beisammensein. Er hat erreicht, was er erreichen wollte und er bescheinigt sich selbst die Durchschnittsbildung eines Europäers.
Das Grenzgängertum zwischen Mensch und Tier beherrscht er offensichtlich virtuos. Nicht so zwei andere Wesen in seiner Umgebung. Sein erster Dresseur, mit dem er wie "rücksichtslos" lernt, wird selbst fast äffisch und muss zeitweise in eine Heilanstalt. Die kleine halbdressierte Schimpansin, bei der er es sich "nach Affenart wohlergehen lässt", hat den Irrsinn des verwirrten dressierten Tieres im Blick, den er nicht ertragen kann.
[Bearbeiten] Eine Deutung
Das Grundmotiv ist das geradezu manische Lernen (zeitweise mit 5 Lehrern gleichzeitig) als Ausweg aus einer aussichtslosen Situation unter Verleugnung der ureigenen Bedürfnisse. Es ist z.B. die Situation des aus der Armut kommenden Parvenue, der unbedingt nach oben will oder des Wunderkindes, das so um die Anerkennung seiner ehrgeizigen Eltern kämpft. Vor allem deutet die Geschichte auf den Anpassungsdruck hin, unter dem das jüdische Volk Jahrhunderte stand, um überleben zu können.
Eine Beziehung scheint zur Kafka-Erzählung Die Verwandlung zu bestehen, wo sich die Figur Gregor Samsa über Nacht in ein Tier, nämlich einen Käfer verwandelt. Dazu war jedoch keine besondere Anstrengung erforderlich. Eher könnte man sagen, die unauffällig-armselige Existenz des Samsa hat diese Verwandlung nach sich gezogen. Die übergroßen Anstrengungen des Affen dagegen haben den Zugang in eine kultivierte Sphäre und in ein saturiertes Leben ermöglicht unter Verleugnung der eigenen Wurzeln.
Bemerkenswert ist aber, dass der Affe dennoch durch sein unverändertes körperliches Äußeres - den Pelz- auf den ersten Blick eben nach wie vor ein Affe ist. In Bezug auf sein Äußeres, dass ihn ja am deutlichsten in die Kategorie Affe einordnet, hat er nie einen Wunsch der Angleichung an menschliches Aussehen geäußert oder angestrebt.
So mögen ihn wohl die Menschen in seiner direkten Umgebung fast als Ihresgleichen sehen, wie der Führer der Hagenbeckschen Jagdexpedition, mit dem Rotpeter schon manche Flasche Rotwein geleert hat. Für die Öffentlichkeit in Gestalt der Journalisten, die Rotpeter verächtlich Windhunde nennt, bleibt er aber ein dressierter Affe, der die Hose herunterlässt um seinen Pelz und seine Narben zu zeigen. So kann man sagen, dass er sich zwar das intellektuelle Wissen der Menschen angeeignet hat, ihm aber letztlich das Gefühl für den adäquaten zwischenmenschlichen Umgang in seinen Äußerlichkeiten verborgen geblieben ist.
Insofern wird letztlich das Ziel der Menschwerdung nicht wirklich erreicht. Rotpeter ist damit einen Figur vergleichbar den scheiternden Tiergestalten aus Forschungen eines Hundes oder Der Bau.
[Bearbeiten] Literatur
- Paul Raabe: Franz Kafka: Sämtliche Erzählungen. Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1970, ISBN 3-596-21078-X.
- Peter-André Alt: Franz Kafka: Der ewige Sohn. Eine Biographie. Verlag C.H. Beck, 2005, ISBN 3-406-53441-4
[Bearbeiten] Weblinks
Wikisource: Ein Bericht für eine Akademie – Quellentexte |
- Volltext der Erzählung Ein Bericht für eine Akademie Projekt Gutenberg-DE
- Kostenlose Hörbuchfassung der Erzählung bei www.theateraufcd.de
[Bearbeiten] Rezensionen
Der neue Advokat | Ein Landarzt | Auf der Galerie | Ein altes Blatt | Vor dem Gesetz | Schakale und Araber | Ein Besuch im Bergwerk | Das nächste Dorf | Eine kaiserliche Botschaft | Die Sorge des Hausvaters | Elf Söhne | Ein Brudermord | Ein Traum | Ein Bericht für eine Akademie