Estnische Parlamentswahlen 2007
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Die Wahl zum estnischen Parlament 2007, dem 11. Riigikogu, fand am 4. März 2007 statt.
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[Bearbeiten] Wahlsystem
Dem estnischen Parlament gehören 101 Abgeordnete an. Die Legislaturperiode beträgt vier Jahre. Für das Land wurden 12 Wahlkreise gebildet. Es gilt die Fünf-Prozent-Hürde. Die Wahl findet nach dem Verhältniswahlrecht statt.
[Bearbeiten] Wahlrecht
Wahlberechtigt sind alle estnischen Staatsbürger, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen sind. Jeder Wähler hat eine Stimme. Die Wähler konnten entweder am 4. März 2007 ihre Stimme in einem Wahllokal in Estland abgeben, vorab per Briefwahl wählen, im Zeitraum 19. bis 23. Februar und 26. bis 28. Februar 2007 in einem Vorwahl-Zentrum ihre Stimme abgeben, zwischen dem 17. und 22. Februar an einer estnischen Auslandsvertretung wählen oder die Stimme zwischen dem 26. und 28. Februar per Internet abgeben.
[Bearbeiten] Stimmabgabe im Internet
Die diesjährige Parlamentswahl gilt als bemerkenswert, weil Estland als erstes EU-Land versucht, eine offizielle Online-Wahl zum Parlament durchzuführen. Jeder Bürger kann seine Stimme an einem Computer mit Kartenlesegerät über das Internet abgeben. [1] Hierzu sind lediglich ein estnischer Personalausweis mit elektronischer Chipkarte sowie ein PIN-Code erforderlich.
[Bearbeiten] Teilnehmer
Insgesamt bewarben sich elf Parteien (970 Kandidaten) und sieben Einzelkandidaten um die 101 Sitze im Parlament:
[Bearbeiten] Derzeit im Parlament vertretene Parteien
- Zentrumspartei (Eesti Keskerakond), Spitzenkandidat: Edgar Savisaar
- Estnische Reformpartei (Eesti Reformierakond), Spitzenkandidat: Andrus Ansip
- Isamaa ja Res Publica Liit (Erakond Isamaa ja Res Publica Liit), Spitzenkandidat: Mart Laar
- Sozialdemokratische Partei (Sotsiaaldemokraatlik Erakond), Spitzenkandidat: Ivari Padar
- Estnische Volksunion (Eestimaa Rahvaliit), Spitzenkandidat: Villu Reiljan
[Bearbeiten] 2003-2007 nicht im Parlament vertretene Parteien
- Estnische Grüne (Erakond Eestimaa Rohelised)
- Estnische Linkspartei (Eesti Vasakpartei)
- Estnische Unabhängigkeitspartei (Eesti Iseseisvuspartei)
- Verfassungspartei (Konstitutsioonierakond)
- Estnische Christdemokraten (Erakond Eesti Kristlikud Demokraadid)
- Russische Partei in Estland (Vene Erakond Eestis)
7 unabhängige Kandidaten: Vello Burmeister, Tõnu Hallik, Svetlana Ivnitskaja, Aare Kambla, Kalev Kodu, Koit Luus und Niina-Inessa Stepanova.
[Bearbeiten] Streitpunkte und mögliche Regierungsbildung
Prägend für das estnische Parteiensystem ist, dass prinzipiell alle Parteien untereinander koalitionsfähig sind.
Schon vor der Präsidentenwahl (September 2006) hatten Zentrumspartei und Volksunion einen Vertrag (gemeinsames Regierungsprogramm) geschlossen, demzufolge sie nach der Parlamentswahl eine Mitte-Links-Regierung bilden wollten. Eine Zweiparteienkoalition aus Zentrumspartei und Volksunion ist aber laut den Wahlergebnissen unmöglich; eine Mitte-Links-Regierung kann nur gebildet werden, wenn die Zentrumspartei sowohl die Sozialdemokratische Partei (10 Sitze) als auch die Grünen (6 Sitze) als Partner gewinnt.
Auch eine reine Rechtskoalition aus Reformpartei und Isamaa ja Res Publica Liit (IRL) ist nicht möglich: diese zwei Parteien haben zusammen 50 Sitze (aus 101). Der konservative Politiker Tõnis Palts (ehemaliger Oberbürgermeister von Tallinn) hatte schon vor der Wahl zu einer Regierungskoalition der „weißen Kräfte“ aufgerufen [2] (ähnliche Aufforderungen gab es bereits vor der Parlamentswahl 2003). Diese Regierung würde aus der Reformpartei, IRP, den Sozialdemokraten und den Grünen (sofern diese den Einzug ins Parlament schaffen) bestehen. Auch die sozialdemokratische Politikerin Marju Lauristin befürwortet eine Koalition bestehend aus der Reformpartei, IRL und Sozialdemokraten (ähnlich dem Kabinett Laar II), also nicht eine Linksregierung der Zentrumspartei, Volksunion und SDE. Der IRL-Politiker Marko Mihkelson hat nach der Wahl zu einer „prowestlichen“ und „auf Weltanschauung basierenden“ Regierung aus Reformpartei, IRL und SDE aufgerufen. [3] Auch der bisherige Premierministär Andrus Ansip bevorzugt eine Regierung, die sowohl Rechts- als auch Linksparteien enthält. [4]
Laut den Wahlergebnissen haben die Reformpartei 31, die Zentrumspartei 29, die IRL 19, die SDP 10, die Volksunion 6 und die Grünen 6 Sitze errungen.[5]
[Bearbeiten] Wahlversprechen der Parteien
- Reformpartei - Senkung des einheitlichen Einkommenssteuersatz von 22% auf 18%, Verlängerung der Zahlung des sogenannten Elterngehalts von derzeit einem auf anderthalb Jahre, mehr Kindergartenplätze. Wahlslogan: Machen wir Estland zu den fünf reichsten Ländern Europas! (Estnisch: Viime Eesti viie jõukaima Euroopa riigi hulka!). (Homepage)
- Zentrumspartei - mehrere Versprechungen: Einführung der Steuerprogression, konkurrenzfähige Gehälter (Anhebung der Löhne), Rentenerhöhung, innere Sicherheit (intensiverer Kampf gegen Kriminalität, Alkoholismus und Drogensucht), erfolgreichere Gesundheitspolitik, die zur Erhebung der Lebenserwartung führen soll usw. (Homepage)
- Isamaa ja Res Publica Liit - verlangt Reformen im Bildungssystem, stärkere (finanzielle) Unterstützung der Familien und eine innovativere Wirtschaft. Wahlleitspruch: Das Glück besteht nicht im Geld! (Homepage)
- Sozialdemokratische Partei - Kindergartenplätze für alle Familien, besseres Gesundheitssystem, Stiftungen zur Förderung des Landlebens, Verbesserung der ländlichen Infrastruktur, Einführung der Steuerprogression (Einkommenssteuersatz von 26% für Steuerzahler, deren Einkommen das durschschnittliche Gehalt um das Vierfache übersteigt) (Homepage)
Quellen: (Estnisch)
[Bearbeiten] Die Streitpunkte sind u.a. :
- Besteuerungspolitik - Zentrumspartei und Volksunion fordern die Einführung einer progressiven Einkommenssteuer. Auch die Sozialdemokraten neigen dazu. Isamaa ja Res Publica Liit (Konservative) und Reformpartei (Liberale) sind kategorisch für Weiterführung der Einheitssteuer. Die Reformpartei verlangt sogar eine weitere Senkung des bisherigen einheitlichen Einkommensteuersatzes (des 22%) auf 18%.
[Bearbeiten] Ergebnis der Parlamentswahl vom 4. März 2007 [6]
Partei | politische Orientierung | % (Wahl 2007) |
Sitze (Wahl 2007) |
% (Wahl 2003) |
Sitze (Wahl 2003) |
|
---|---|---|---|---|---|---|
Reformpartei | mitte-rechts (klassischer Liberalismus) | 27,8% | 31 | 17,7% | 19 | |
Zentrumspartei | mitte-links (Populismus, „Liberalismus“) | 26,1% | 29 | 25,4% | 28 | |
Isamaa ja Res Publica Liit [7] | mitte-rechts (Konservatismus) | 17,9% | 19 | 31,9% | 35 | |
Sozialdemokratische Partei [8] | linksliberale Mitte (Sozialdemokratie) | 10,6% | 10 | 7,0% | 6 | |
Grüne | Ökologismus | 7,1% | 6 | k.T. | k.T. | |
Volksunion | mitte-links (ländlich-agrarisch) | 7,1% | 6 | 13,0% | 13 | |
Christdemokraten | mitte-rechts (Christdemokratie) | 1,7% | '- | 1,1% | '- | |
Verfassungspartei | links (russischsprachige Minderheit) | 1,0% | '- | 2,2% | '- | |
Unabhängigkeitspartei | euroskeptisch (Nationalismus) | 0,2% | '- | 0,5% | '- | |
Russische Partei in Estland | russischsprachige Minderheit | 0,2% | '- | 0,2% | '- | |
Linkspartei | links (Demokratischer Sozialismus) | 0,1% | '- | 0,4% | '- |
Offizielle Endergebnis der Parlamentswahl
Wahlbeteiligung 2007: 61,91%
Wahlbeteiligung 2003: 58,24%
Amtliches Endergebnis der Parlamentswahl 2007: http://www.vvk.ee/r07/tulemus.stm
[Bearbeiten] Fußnoten
- ↑ Tagesschau Tigersprung in die digitale Gesellschaft
- ↑ Artikel im Estnischen http://www.postimees.ee/180207/esileht/olulised_teemad/riigikogu_2007/isamaa_ja_res_publica_liit/245606.php
- ↑ http://www.postimees.ee/050307/esileht/olulised_teemad/riigikogu_2007/248194.php
- ↑ http://www.postimees.ee/050307/esileht/siseuudised/248225.php
- ↑ http://www.postimees.ee/050307/esileht/olulised_teemad/riigikogu_2007/248139.php
- ↑ Im Vergleich amtliches Endergebnis der Parlamentswahl vom 2. März 2003
- ↑ Wahl 2003: Res Publica: 28 Sitze (24,6%), Isamaaliit 7 Sitze (7,3%)
- ↑ Wahl 2003: unter dem Namen Rahvaerakond Mõõdukad (Volkspartei Die Mässigen)
[Bearbeiten] Weblinks
- Estnische Wahlkommission (estnisch)
- Wahlordnung für die Wahlen zum Riigikogu (estnisch)