Fußball-Europameisterschaft 1988
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Die achte Fußball-Europameisterschaft wurde vom 10. bis 25. Juni 1988 in der Bundesrepublik Deutschland ausgetragen.
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[Bearbeiten] Qualifikation der deutschsprachigen Mannschaften
Hauptartikel: Qualifikation zur Fußball-Europameisterschaft 1988
Die Bundesrepublik Deutschland war als Gastgeber der EM automatisch qualifiziert. Die Mannschaft der DDR startete mit dem großen Wunsch erneut an einem internationalen Turnier teilzunehmen, noch dazu wie 1974 in Westdeutschland. In Gruppe Drei spielte die DDR gegen die Sowjetunion, Titelverteidiger Frankreich, Island und Norwegen. In dieser schweren Gruppe schlug sich die DDR erstaunlich erfolgreich und verlor nur ihr Auswärtsspiel in der Sowjetunion, die sich schließlich qualifizierte. Da reichte der 1:0-Erfolg der Ostdeutschen am letzten Spieltag gegen Europameister Frankreich nicht mehr und die DDR wurde Tabellenzweiter. Nach den für Österreich erfolgreichen WM-Teilnahmen 1978 und 1982 wartete die Alpenrepublik immer noch auf eine Teilnahme an einer Europameisterschaft. In Gruppe Eins standen sie in Konkurrenz zu Vize-Europameister Spanien, Rumänien und Albanien. Österreich konnte nur seine Spiele gegen Albanien gewinnen und wurde abgeschlagen Dritter. Die Schweiz hatte in Gruppe Zwei eine äußerst schwere Gruppe mit Italien, Schweden, Portugal und Malta. Da sie nur ein Spiel zu Hause gegen Malta gewinnen konnte, war das Unternehmen EM schnell aussichtslos.
[Bearbeiten] Teilnehmer
Gruppe 1 | Gruppe 2 |
---|---|
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[Bearbeiten] Austragungsorte
- Düsseldorf, Rheinstadion
- Frankfurt am Main, Waldstadion
- Gelsenkirchen, Parkstadion
- Hamburg, Volksparkstadion
- Hannover, Niedersachsenstadion
- Köln, Müngersdorfer Stadion
- München, Olympiastadion
- Stuttgart, Neckarstadion
Aufgrund der unterschiedlichen Auffassungen über die Zugehörigkeit (West-)Berlins zur Bundesrepublik Deutschland wurde vom DFB bereits frühzeitig auf die Austragung von Spielen in Berlin verzichtet und so eine Zustimmung der osteuropäischen UEFA-Verbände für die deutsche EM-Bewerbung ermöglicht. Dafür gab es 1988 im Berliner Olympiastadion ein Vier-Länder-Turnier mit den Nationalmannschaften der BRD, der UdSSR, Argentiniens und Schwedens. [1]
[Bearbeiten] Spielergebnisse
[Bearbeiten] Endrunde
[Bearbeiten] Gruppe 1
Rang | Land | Tore | Punkte |
---|---|---|---|
1 | ![]() |
5:1 | 5:1 |
2 | ![]() |
4:1 | 5:1 |
3 | ![]() |
3:5 | 2:4 |
4 | ![]() |
2:7 | 0:6 |
Nach der letzten Fußball-Europameisterschaft 1984 hatte Franz Beckenbauer die deutsche Mannschaft von Jupp Derwall übernommen und sie 1986 zur Vize-Weltmeisterschaft geführt. Das Turnier im eigenen Land machte sie automatisch zu einem der Mitfavoriten. Das Eröffnungsspiel musste Deutschland dann im Düsseldorfer Rheinstadion allerdings gegen starke Italiener bestreiten. Die junge Mannschaft um Franco Baresi und Giuseppe Bergomi zeigte in diesem Spiel der deutschen Mannschaft eindrucksvoll ihre Schwächen auf, was zu einer ersten Ernüchterung führte. Italien war von Beginn an die stärkere Mannschaft und ging in der 53. Minute verdient durch Roberto Mancini in Führung. Andreas Brehme konnte jedoch durch einen Freistoßtreffer schon drei Minuten später ausgleichen. Trotz zahlreicher Chancen für Italien blieb es beim 1:1. Im zweiten Spiel gegen Dänemark im Parkstadion von Gelsenkirchen traten die Deutschen viel offensiver und selbstsicherer auf. Schnell führten sie ab der 10. Minute durch ein Tor von Jürgen Klinsmann. Lokalmatador Olaf Thon erhöhte letztendlich in der 87. Minute auf 2:0. Die Niederlage Dänemarks markierte den Abschied der glorreichen aber mittlerweile überalterten dänischen Fußballgeneration um Sören Lerby, Preben Elkjær Larsen und Co. Am letzten Spieltag musste Deutschland gegen Spanien mindestens ein Unentschieden erreichen, um das Halbfinale zu erreichen. Es war der Tag von Rudi Völler, der im bisherigen Turnierverlauf harsche Kritik einstecken musste. An diesem Abend im Münchner Olympiastadion erwischte er aber einen sehr guten Tag und erzielte beide Treffer zum 2:0-Sieg.
[Bearbeiten] Gruppe 2
Rang | Land | Tore | Punkte |
---|---|---|---|
1 | ![]() |
5:2 | 5:1 |
2 | ![]() |
4:2 | 4:2 |
3 | ![]() |
2:2 | 3:3 |
4 | ![]() |
2:7 | 0:6 |
Die Niederlande galten mit ihrer spielstarken Mannschaft um die Stars Ruud Gullit und Marco van Basten schon vor dem Turnier als Geheimfavorit. Der Vize-Weltmeister-Trainer von 1974 Rinus Michels hatte die Mannschaft erneut übernommen, nachdem sie kläglich in den Qualifikationen zu den internationalen Turnieren seit 1980 gescheitert waren. Wie schwer dann aber ein Turnier für erklärte Favoriten sein kann, zeigte sich bereits im ersten Spiel. Die Sowjetunion stellte sich im Kölner Müngersdorfstadion als technisch starkes und gut organisiertes Team dar und bezwang die Niederländer durch einen Fernschuss von Abwehrspieler Wasili Raz mit 1:0.
Für die größte Überraschung dieser EM sorgte allerdings Irland, die den großen Konkurrenten England mit 1:0 bezwang. Ray Houghton erzielte im Stuttgarter Neckarstadion bereits in der 6. Minute den Siegtreffer. Irlands Trainer Jack Charlton hatte dem irischen Fußball wieder Leben eingehaucht und mit den großartigen Fans im Rücken konnte sie auch gegen die Sowjetunion in Hannover mit 1:1 bestehen. Vor dem letzten Spiel gegen die Niederlande in Gelsenkirchen fehlte den Iren ein Punkt für den Einzug ins Halbfinale. Die Niederlande wären damit vorzeitig aus dem Turnier ausgeschieden. In der 77. Minute wechselte Rinus Michels den Mittelstürmer Wim Kieft als zusätzliche Angriffskraft ein, der bereits fünf Minuten später per Kopf das goldene Tor für die "Elftal" und ihnen damit das Halbfinale sicherte.
Die englische Auswahl schied sang- und klanglos nach drei Niederlagen in der Vorrunde aus. Obwohl die "Three Lions" Spieler wie Gary Lineker, Bryan Robson oder Glenn Hoddle in ihrem Kader vereinigten, enttäuschte die Mannschaft von Trainer Bobby Robson auf ganzer Linie.
[Bearbeiten] Halbfinale
Seit dem WM-Finale 1974 trifft die deutsche Nationalmannschaft regelmäßig in heißumkämpften Duellen auf den großen Rivalen Niederlande. Vor dem Spiel wurde das Duell zwischen Jürgen Kohler und Marco van Basten als spielentscheidend hochstilisiert: Die Experten sollten Recht behalten. Zunächst erhielt Deutschland jedoch nach einem Foul an Jürgen Klinsmann einen Elfmeter vom rumänischen Referee Igna. Kapitän Lothar Matthäus verwandelte diesen in der 55. Minute sicher gegen den niederländischen Torwart Hans van Breukelen. Für die Niederländer war dieser Elfmeter äußerst umstritten. Dieser umstrittene Elfmeter führte vielleicht zu einer Konzessionsentscheidung des rumänischen Schiedsrichters, der nach einem angeblichen Foul Kohlers an van Basten nochmals auf den Punkt zeigte. In der 74. Minute verwandelte Ronald Koeman diesen Elfmeter und markierte somit den Ausgleich. Als Zuschauer und Spieler sich schon auf eine Verlängerung vorzubereiten schienen, schickte Jan Wouters van Basten mit einem langen Pass in den Strafraum, der im Fallen mit seinem Fuß den Ball eher als Jürgen Kohler berührte, so dass Kohler in einem seiner bekanntesten Zweikämpfe seiner Karriere zu spät kam und van Basten in der 89. Minute den 2:1-Siegtreffer für die Niederlande markierte, der für die Niederlande den Einzug ins Finale dieser Euro 88 bedeutete. Der Sieg führte zu einer nationalen Euphorie in den Niederlanden: Schätzungen zufolge befanden sich danach neun der damals 15 Millionen Niederländer auf der Straße und feierten.[2]
Die Sowjetunion war Italien sowohl spielerisch als auch taktisch überlegen. Die Mannschaft von Valerij Lobanowski gewann nach Treffern durch Gennadij Litowschenko (60. Minute) und Oleg Protassow (62. Minute) mit 2:0 Toren. Italien schien die gesamte Spieldauer chancenlos.
21. Juni 1988 | Hamburg | ![]() |
- | ![]() |
1:2 (0:0) | |
22. Juni 1988 | Stuttgart | ![]() |
- | ![]() |
2:0 (0:0) |
[Bearbeiten] Endspiel
Das Finale in München sollte für die Niederlande nicht nur Genugtuung für das verlorene WM-Finale von 1974 im gleichen Stadion bringen, sondern endlich den ersten internationalen Titel für den ewigen Zweiten. Die Niederlande übernahm zu Spielbeginn sofort die Initiative. Die Sowjetunion wirkte viel gehemmter als noch im Halbfinale von Stuttgart gegen Italien. In der 33. Minute erzielte dann auch Kapitän Ruud Gullit zwangsläufig mit einem wuchtigen Kopfball die Führung. Großer Pechvogel dieses Spiels war der Stürmerstar der Sowjetunion Igor Belanow, der viele Chancen vergab und in der 70. Minute wurde auch noch ein Elfmeter von Hans van Breukelen gehalten . Das Spiel der Niederländer wird vor allem wegen eines Jahrhundert-Tores von Marco van Basten in Erinnerung bleiben. In der 54. Minute bediente der niederländische Mittelfeldveteran Arnold Muhren, der schon im 1974er Aufgebot stand, mit einer Flanke quer über das Feld den Mittelstürmer vom AC Mailand. Van Basten nahm den Ball volley aus spitzem Winkel und wuchtete ihn von der rechten Angriffsseite in den linken Winkel von Torwart Rinat Dassajew und machte die Niederlande mit diesem wunderbaren Tor zum Europameister.
25. Juni 1988 | München | ![]() |
- | ![]() |
2:0 (1:0) |
[Bearbeiten] Europameister 1988
![](../../../upload/shared/thumb/2/20/Flag_of_the_Netherlands.svg/80px-Flag_of_the_Netherlands.svg.png)
[Bearbeiten] Die Europameistermannschaft
Hans van Breukelen, Joop Hiele; Berry van Aerle, Sjaak Troost, Ronald Koeman, Frank Rijkaard, Wilbert Suvrijn, Wim Koevermans, Adri van Tiggelen; Ruud Gullit, Erwin Koeman, Aron Winter, Hendrie Krüzen, Arnold Muhren, John van 't Schip, Jan Wouters; Marco van Basten, John Bosman, Wim Kieft, Gerald Vanenburg, Trainer: Rinus Michels
[Bearbeiten] Statistik
Beste Torschützen
Name | Land | Tore |
---|---|---|
Marco van Basten | Niederlande | 5 |
Oleg Protassow | Sowjetunion | 2 |
Rudi Völler | Deutschland | 2 |
[Bearbeiten] Anmerkungen
- ↑ Rec.Sport.Soccer Statistics Foundation: Four Nations Tournament (West-Berlin, West Germany 1988)
- ↑ Henk van Houtum und Frank van Dam: Topophilia or Topoporno? Patriotic Place Attachment in International Football Derbies In: International Social Science Review, Vol. 3(2) 2002: 231-248
[Bearbeiten] Weblinks
Frankreich 1960 | Spanien 1964 | Italien 1968 | Belgien 1972 | Jugoslawien 1976 | Italien 1980 | Frankreich 1984 | Deutschland 1988 | Schweden 1992 | England 1996 | Niederlande und Belgien 2000 | Portugal 2004 | Österreich und Schweiz 2008 | 2012