Gjirokastra
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Die Stadt Gjirokastra (albanisch Gjirokastër [gjiɾoˈkastəɾ], griechisch Αργυρόκαστρο, Arjirókastro) liegt im Süden Albaniens und ist Hauptort der gleichnamigen Präfektur und des Kreises Gjirokastra. Die Einwohnerzahl beläuft sich zur Zeit auf etwa 22.800 (Schätzung 2004). Die älteren Stadtteile liegen steil am Hang des Mali i Gjerë, während die neueren Quartiere am Fuß des Berges im Drinos-Tal angelegt wurden. Bis zur griechischen Grenze sind es rund 36 Kilometer.
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[Bearbeiten] Geschichte
Der Burgfelsen, der das ganze Tal dominiert, wurde vermutlich schon im 3. Jahrhundert v. Chr. besiedelt. Erstmals mit Mauern befestigt wurde die Anlage im 6. Jahrhundert, als andere Orte im Drinos-Tal wie Antigoneia langsam an Bedeutung verloren. Die erste schriftliche Erwähnung von Gjirokastra stammt aus dem Jahr 1336. Zwischenzeitlich hatte sich langsam eine Siedlung rund um die schutzbietende Burg gebildet. 1417 wurde Gjirokastra von den Osmanen erobert. Die beherrschende Familie blieben aber weiterhin die Zenebishi, die bald nach der türkischen Eroberung zum Islam übergetreten waren. Ende des 16. Jahrhunderts waren die Christen noch immer in der Mehrheit. In einem Defter von 1583 wurden knapp 80 muslimische und über 230 christliche Haushalte gezählt. Im Laufe des 17. Jahrhunderts kehrte sich dieses Verhältnis um.
Ali Pascha Tepelena baute die Burg von Gjirokastra Ende des 18. Jahrhunderts stark aus und ließ einen zehn Kilometer langen Aquädukt errichten, der die Festung mit Wasser versorgte. Die Wasserleitung wurde 1932 zerstört. Nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reichs war die Stadt wie der ganze Nord-Epirus heftig umstritten. Griechische, albanische, italienische und deutsche Truppen kämpften im ersten Balkankrieg, im Ersten Weltkrieg, in der Zwischenkriegszeit und im Zweiten Weltkrieg um die Vorherrschaft in der Stadt und in der Region. Gjirokastra entwickelte sich in der Folge zum Zentrum Südalbaniens. Seit dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes in Albanien leidet die Stadt unter einer starken Abwanderung. Insbesondere griechisch-stämmige, aber auch viele ethnische Albaner haben das Land verlassen. Die Unruhen gegen die Regierung im Jahr 1997 waren in Gjirokastra besonders heftig.
[Bearbeiten] Kultur und Sehenswürdigkeiten
Gjirokastra ist auch bekannt unter dem Namen „Stadt der Steine“, da die meisten Dächer der alten Häuser mit Steinen bedeckt sind. Die unteren Geschosse der Häuser gleichen oft kleinen Trutzburgen, während die oberen Wohn-Etagen mit Holzverkleidungen, Balkonen und Fenstern ausgestattet sind. Das Stadtbild wird von der typischen Balkanarchitektur geprägt, wie man sie in ähnlich geschlossener Form auch z.B. in Berat (Mittelalbanien) und Ohrid (Mazedonien) antrifft.
Die Kommunisten hatten die kompakte und weitläufige Altstadt wie Berat zur „Museums-Stadt“ erklärt, was sie unter besonderen Schutz stellte. Leider werden viele Häuser nur schlecht unterhalten und verfallen allmählich. Wenigstens wurden die Schäden im Bazar aus dem Jahr 1997 wieder ausgebessert. Im Juli 2005 wurde die Museumsstadt in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Die Stadt ist ein seltenes Beispiel einer gut erhaltenen Stadt aus der Zeit der Osmanen. Sie bietet ein außergewöhnliches Zeugnis für die von der islamischen Kultur geprägte Gesellschaft. Bereits 1988 wurde die Anerkennung als Weltkulturerbe beantragt, damals aber wegen einiger moderner Bauten, die den Charakter der Altstadt störten, abgelehnt.
Alle fünf Jahre findet in der Burg von Gjirokastra das bedeutende Nationale Volksmusikfestival statt. Es treten Musikgruppen aus allen von Albanern bewohnten Gebieten auf.
Gjirokastra verfügt über eine Universität, in der gewisse Studiengänge in Griechisch angeboten werden. Der lokale Fußballklub Luftëtari Gjirokastër spielt in der Ersten Liga.
[Bearbeiten] Persönlichkeiten
Der albanische Diktator Enver Hoxha ist in Gjirokastra geboren. In seinem wiederaufgebauten Geburtshaus ist heute das Ethnographische Museum untergebracht. In anderen Landesteilen wurde oft behauptet, dass er seine Heimatstadt besonders bevorzugt habe.
Ismail Kadare, berühmtester albanischer Schriftsteller, stammt ebenfalls aus Gjirokastra. Ihm wird unterstellt, dass er während des Kommunismus als Schützling von Enver Hoxha gewisse Freiheiten gehabt habe. Mit seinem Buch Chronik in Stein beschreibt er die Ereignisse in der Stadt zur Zeit des Zweiten Weltkriegs.
[Bearbeiten] Literatur
- Ferit Duka: Pofili i një qyteti shqiptar të kohës osmane: Gjirokastra gjatë shek. XV-XVI. (dt. Das Profil einer albanischen Stadt in osmanischer Zeit. Gjirokastra im 15. und 16. Jhdt.) In: Studime Historike, Jg. 2002, S. 7-28.
- Ismail Kadare: Chronik in Stein. DTV, München 1999. ISBN 3423115548
Koordinaten: 40° 4′ 10" n. Br., 20° 9′ 30" ö. L.