Hans-Peter Schwarz
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Hans-Peter Schwarz (* 13. Mai 1934 in Lörrach) ist ein deutscher Zeithistoriker und Politikwissenschaftler der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
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[Bearbeiten] Leben und Wirken
Schwarz studierte Politikwissenschaften und Geschichte in Basel und in Freiburg im Breisgau, wo er Schüler von Arnold Bergstraesser war. Nach seiner Habilitation 1964 lehrte er Politikwissenschaft in Hamburg und Köln. Seit 1973 war er ordentlicher Professor für Politologie an der Universität Bonn. Als Nachfolger von Karl-Dietrich Bracher leitete er das Institut für Politische Wissenschaften. Schwarz ist Mitherausgeber der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Schwarz wurde 1999 emeritiert.
Schwarz befasste mit jüngerer deutscher Geschichte, deutscher Innen-, Außen- und Deutschlandpolitik, Entwicklungen in Europa und der internationalen Ordnung sowie mit politischen Akteuren und Parteien befasst. Sein Schwerpunkt lag dabei auch auf der dynamischen Entwicklung politischer Ideen sowie bei den „Produzenten von Ideen“, also den gestaltenden politischen Akteuren und ihren Kritikern. Einen zentralen, in zahlreichen Publikationen behandelten Forschungsgegenstand Schwarz' bilden Konrad Adenauer und seine Ära. Seine zweibändige Adenauer-Biographie gilt als Standardwerk. Wegen seiner Nähe zum Milieu des "rheinischen" politischen Katholizismus, dem auch Adenauer angehörte, wird Schwarz' Werk jedoch von einigen als politisch tendenziös empfunden.
[Bearbeiten] Die wesentlichen Aspekte in seinen Werken
Kurze Skizierung der Forschungsschwerpunkte
Der Politikwissenschaftler, Zeithistoriker und Publizist Hans-Peter Schwarz hat sich im Rahmen seine Forschung mit der jüngeren deutschen Geschichte, deutscher Innen-, Außen- und Deutschlandpolitik, Entwicklungen in Europa und in der internationalen Ordnung sowie mit politischen Akteuren und Parteien befasst. Sein besonderes Interesse galt dabei Konrad Adenauer, der für ihn den wichtigsten Protagonisten deutscher Nachkriegsgeschichte darstellt. Dementsprechend befasst sich Schwarz in einem grossen Teil seiner Werke mit Adenauers Rolle und Handeln für die Bundesrepublik.
Der konservative Anarchist
In dem 1962 erschienen Werk, „Der konservative Anarchist. Politik und Zeitkritik Ernst Jüngers“, befasst sich Hans-Peter Schwarz mit dem politischen Zeitkritiker Ernst Jünger. Jüngers provokante Werke riefen durch provokante Inhalte und Aussagen stark polarisierte Reaktionen hervor und lösten eine Debatte über Selbstverständnis und Wirken des Autors, die innere Einheit der Werke sowie deren Aktualität aus.
Aus der grundlegenden Erkenntnis, dass Schriftsteller in ihren Werken sowohl zeitgemäß, daher mit den Tendenzen der Zeit, als auch unzeitgemäß, daher gegen sie, wirken, leitet Schwarz seinen Forschungsschwerpunkt ab: Die Suche nach einem umfassenden Aspekt, welcher die innere Geschlossenheit von Jüngers Werken, die Metaphysik, mit den Entwicklungsstadien seines politischen Denkens sowie der zeitkritischen Gegenwartsdeutung in Übereinstimmung bringt.
Schwarz stimmt bei der Diskussion über die Existenz der inneren Einheit in Jüngers Werken sowohl Jüngers Kritikern als auch Jünger selbst zu. Die markanten Bruchstellen in Jüngers Werken, welche die Kritiker als Widerspruch zur Einheit empfinden, versteht er als „innere Revolution von Jüngers Idee“, ausgelöst durch Jüngers Wandel vom Militaristen zum Konservativen. Die innere Einheit sieht Schwarz dagegen in Selbstverständnis und Anschauung Jüngers bestehen. Er versteht ihn als den Unzeitgemäßen, dessen innere Perspektive durch die prägenden Erfahrungen seiner Zeit einem stetigen Wandel unterzogen war, obgleich sein Drang zur Kritik und Deutung konstant bestehen blieb.
Den gesuchten Aspekt bringt Schwarz in dem charakterisierenden Titel seines Werks, „Der konservative Anarchist“, zum Ausdruck: Das anarchistische zeigt sich in Jüngers rebellischer und zeitkritischer Unzufriedenheit mit den jeweils vorherrschenden Tendenzen der Welt sowie dem inneren Traum vom Idealzustand für alle, das konservative durch Jüngers unzeitgemäß-konsequentes und dauerhaftes Beharren auf ein und derselben Idee.
Vom Reich zur Bundesrepublik – Deutschland im Widerstreit der außenpolitischen Konzeptionen in den Jahren der Besatzungsherrschaft 1945-1949
In seinem Werk „ Vom Reich zur Bundesrepublik – Deutschland im Widerstreit der außenpolitischen Konzeptionen in den Jahren der Besatzungsherrschaft 1945-1949“ befasst sich Hans-Peter Schwarz mit den strukturellen Anpassungszwängen des Nachkriegdeutschlandes, den für die Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland relevanten außenpolitischen Konstellationen und den daraus entstehenden Optionen und Zwängen für die Innen -und Außenpolitik.
Die 60er Jahre sind davon gekennzeichnet, so beschreibt Schwarz, dass man in der Außenpolitik keine Alternative zur Bindung an die westeuropäische atlantische Staatwelt sah. Zum einen wurde das wirtschaftliche und politische System nach dem Modell dieser Staatenwelt strukturiert, entsprach also den demokratischen kapitalistischen Vorstellungen. So schien es eine Selbstverständlichkeit zu sein, dass sich Deutschland in eben diese Staatenwelt eingliedert, obwohl allein die demokratische Fassung eines Systems nicht zwangsläufig die Bindung an vergleichbare Systeme bedeuten muss. Schwarz beschreibt, dass die BR Deutschland in den ersten Momenten ihrer Außenpolitik der ideologischen Solidarität mit der Westallianz den Vorrang vor nationalen Bedürfnissen, wie etwa die Einigung von West- und Ostdeutschland, gegeben hat. Folgende Kriterien sind für Schwarz relevant bei der Suche nach Gründen und Ursachen für die Westorientierungen der BR Deutschland.
Zum einen was waren und sind die Motive für die Identifikation von innerer Ordnung westlichen Musters und außenpolitischer Westorientierung? Des Weiteren welche Faktoren bzw. Sachzwänge, wie ideologische, wirtschaftliche und sowjetische Intransigenz, Druck der Westmächte und das Handeln einzelner Persönlichkeiten, haben in den einzelnen Phasen den Ausschlag für Entscheidungen oder außenpolitische Richtungen gegeben? Zum anderen Faktoren, die durch die innenpolitische und zwischenstaatliche Konstellation bedingt waren, wie auch die Frage nach den Hauptberührungspunkten zwischen westdeutschen und westalliierten Interessen.
So fanden die Auseinandersetzungen in Deutschland auf vier Ebenen statt; zwischen Besatzungsmächten, zwischen den gegensätzlichen ideologischen Richtungen im Inneren der BR Deutschland, zwischen den Besatzungsmächten und den Deutschen, sowie unter den Deutschen. Die Tendenz der politischen Akteure nach Westen und damit zwangsläufig zur Blockbildung, sowie zur Teilung Deutschlands war, laut Schwarz, vom westeuropäischen Kohlemangel, der Devisenknappheit, dem Eigengewicht administrativer Tatsachen und von wertorientierten Entscheidungen beeinflusst. Adenauers Worte hierzu waren, dass Deutschland untrennbar zum christlich-abendländischen Kulturkreis zughörig sei. Des Weiterhin darf man folgenden Punkt bei der Betrachtung der Motive in der Außenpolitik nicht außer Acht lassen. Laut Schwarz war die BR Deutschland auf die richtige und vor allem zeitgemäße Abstimmung der Außenpolitik auf die Verschiebungen des Kräftefeldes zwischen den USA und der Sowjetunion angewiesen, denn gerade bei Konflikten wie der Berlinblockade ist die Abstimmung deutscher Außenpolitik auf die amerikanische Handlungsweise von Bedeutung gewesen.
Anmerkungen zu Adenauer
In seinem Essay „Anmerkungen zu Adenauer“ beschreibt Hans-Peter Schwarz das politische Wirken des ehemaligen Bundeskanzlers und stellt die Kritik an Adenauer, dessen Umstrittenheit und „die Abgründe der Größe“ zusammengefasst und reflektiert in einem Gesamteindruck dar. Schwarz gliedert seinen Essay in sieben Kapitel: „Leben“, „Leistungen“, „Außenpolitik“, „Verrat“, „Modernisierung“, „Nachtseiten“, „Was bleibt?“.
Ein Aspekt der Betrachtung liegt dabei auf der Prägung Adenauers in der wilhelminischen Ära vor 1918 durch den preußischen Zeitgeist und seine Herkunft aus dem katholischen Rheinland. Schwarz karikiert mit folgendem Zitat die gesellschaftliche Denkweise des Kölner Kleinbürgertums, aus dem Adenauer entstammte: „ Jedenfalls hält man Köln für den Nabel der Welt, betrachtet schon die Düsseldorfer als Feinde, erst recht die Berliner(…) und sieht schon kurz hinter dem bergischen Land die asiatische Steppe beginnen.“
Zum anderen setzt sich Schwarz mit den Gründen für Adenauers Hinwendung zu westeuropäischen und atlantischen Strukturen und der damit verbundenen Abwendung von Ostdeutschland und der Sowjetunion auseinander. Die Hinwendung hat sich demnach nicht allein aus den politischen Begebenheiten nach 1945, sondern auch aus der persönlichen Motivation Adenauers ergeben, die er mit der „untrennbare Zugehörigkeit (Deutschlands) zum christlich-abendländischen Kulturkreis“ ausdrückt. Den Kommunismus empfand Adenauer stets als Gefahr, was ein weiterer Aspekt zur Erklärung seiner antisowjetischen und antikommunistischen Politik darstellt. Dass er sich nur bedingt und nicht aktiv um die Wiedervereinigung Deutschlands bemühte, titulierte Schwarz vorsichtig als „umstrittenen Umgang“.
[Bearbeiten] Kritische Bemerkungen zu Hans-Peter Schwarz
Rezension des Essays "Anmerkungen zu Adenauer"
Siegfried Schwarz attestiert diesem Essay, es fehle eine klare Wertung in der Publikation, dass das Ziel der Wiedervereinigung auf dem Wege geduldiger Verhandlungen, die von östlicher Seiten angeboten waren, nicht auf der Tagesordnung seiner Politik gestanden habe. Außerdem kritisiert er Schwarz' polemische Bemerkungen zu den Kritikern von Adenauer, beispielsweise Spiegelbegründer Rudolf Augstein, den Hans-Peter Schwarz als „[einen] Frechdachs(…), [einen] nie ganz erwachsenen Pennäler, Mixtur aus Klassenprimus und Lümmel (…)kräftig verstärkt durch die Rotzigkeit des Soldaten (…)[und] Nationalist(en) pur sang, ressentimenterfüllt, überheblich, anti-französisch.“ bezeichnet und darstellt.
Dessen ungeachtet wertet Siegfried Schwarz den Essay insgesamt als lesenswert, das Werk sei als Resümee der langjährigen Forschungsarbeiten über Adenauer und die Außenpolitik der BR Deutschland zu verstehen. Jedoch werde durch den Essay auch ein zu überzeichnetes Porträt von Adenauer erstellt, trotz einiger kritischer Bemerkungen werden Adenauers Leistungen eher bewundert und anerkannt als reflektiert dargestellt.
[Bearbeiten] Auszeichnungen
Für sein Lebenswerk erhielt er
[Bearbeiten] Veröffentlichungen
- Der konservative Anarchist. Politik und Zeitkritik Ernst Jüngers, Freiburg i. Br. 1962
- Vom Reich zur Bundesrepublik. Deutschland im Widerstreit der außenpolitischen Konzeptionen in den Jahren der Besatzungsherrschaft 1945-1949, Neuwied, Berlin 1966
- Zwischenbilanz der KSZE, Stuttgart 1977
- Die Ära Adenauer. Gründerjahre der Republik. 1949-1957
- Die Ära Adenauer. Epochenwechsel. 1957-1963
- Adenauer. Der Aufstieg. 1876-1952, Stuttgart 1986
- Adenauer. Der Staatsmann. 1952-1967, Stuttgart 1991
- Die Zentralmacht Europas. Deutschlands Rückkehr auf die Weltbühne, Berlin 1994
- Das Gesicht des Jahrhunderts. Monster, Retter und Mediokritäten, Berlin 1998
- Anmerkungen zu Adenauer, München 2004
- Republik ohne Kompass. Anmerkungen zur deutschen Außenpolitik, Berlin 2005
- Phantastische Wirklichkeit. Das 20. Jahrhundert im Spiegel des Polit-Thrillers, München 2006
[Bearbeiten] Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Schwarz, Hans-Peter |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Historiker und Politikwissenschaftler |
GEBURTSDATUM | 13. Mai 1934 |
GEBURTSORT | Lörrach |