Hatra
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Hatra war die Hauptstadt eines mesopotamischen Kleinfürstentums im Partherreich und ist aufgrund seiner Denkmälerfülle einer der aussagefähigsten Fundorte der Partherzeit und gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO.
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[Bearbeiten] Geschichte
Am Rande der Steppe und zwischen den Großmächten der damaligen Zeit, dem Partherreich der Arsakiden und dem Römischen Reich, bildet sich im 1. Jahrhundert nach Christus ein von nomadischen Stämmen getragenes, städtisches Zentrum heraus: Hatra. Diese Stadt entwickelt sich im 2. Jahrhundert zu einer stark umwallten, über 300 Hektar umfassenden Anlage mit zentralem Temenosbereich. Bedeutung und Stärke Hatras wird u.a. deutlich in den mehrfachen, vergeblichen Versuchen römischer Kaiser, u.a. Trajan 117 und Septimius Severus 198, die Stadt zu erobern. In den sechziger Jahren des 2. Jahrhunderts nimmt der Herrscher Hatras den Titel König der Araber an. Dessen Bedeutung ist in der Forschung umstritten.
Wohl im Jahre 240 nahm der Sassanidenkönig Ardaschir I. (oder Schapur I.) die Stadt, die nun ein Verbündeter Roms war und schon einige Jahre vorher durch Ardaschir vergeblich belagert worden war, ein und ließ sie vollkommen zerstören. Der Legende nach verdankte er seinen Sieg dem Verrat der Tochter des Königs von Hatra, die ihm das Geheimnis des Talismans, unter dessen Schutz die Stadt stand, preisgegeben hatte.
[Bearbeiten] Forschung
Der erste moderne Forscher, der das Gebiet der Stadt besuchte, war der britische Orientforscher Henry Rawlinson zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Zum ersten Mal ernsthaft erforscht wurde Hatra von dem deutschen Archäologen Walter Andrae, der zuvor auch schon Assur entdeckt hatte. Er stellte die Ausdehnung der Stadt fest und lokalisierte die wichtigsten öffentlichen Gebäude. Jedoch geriet Hatra danach wieder etwas in Vergessenheit, bis die irakische Altertumsverwaltung 1951 mit erneuten Ausgrabungen begann. Seither wurden große Teile der Stadt freigelegt. Die Ausgrabungsteams haben dabei das Glück, dass nach der Zerstörung 241 nie größere Menschenmassen in der Nähe gelebt haben, die, wie es bei anderen Ruinenstätten so oft geschehen ist, die Überreste der Stadt als Quelle für Baumaterial genutzt haben.
In der ersten Förderphase eines Teilprojektes, das erst im Februar 2003 begann und von der Deutsche Orient-Gesellschaft geleitet wird, werden zunächst die Gründe für die Herausbildung der Stadt vor dem Hintergrund der ökonomischen und politischen Interaktion von Nomaden, Sesshaften und Staat diskutiert. Anschließend steht die Frage der Beziehungen zwischen der Stadt, dem König der Araber und den Großmächten, insbesondere dem Arsakidenreich, im Mittelpunkt. Die Funktion Hatras wird dabei als dimorph, als Bindeglied zwischen Nomaden und Staat, beschrieben.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Klaus Beyer: Die aramäischen Inschriften aus Assur, Hatra und dem übrigen Ostmesopotamien. Göttingen 1998, ISBN 3-525-53645-3.
- Michael Sommer: Hatra. Geschichte und Kultur einer Karawanenstadt im römisch-parthischen Mesopotamien. Mainz 2003, ISBN 3-8053-3252-1.
[Bearbeiten] Weblinks
- Eintrag (englisch) in der Encyclopædia Iranica (inkl. Literaturangaben)
Koordinaten: 35° 34′ 33" n. Br., 42° 43′ 42" ö. L.