Jüngeres Dryas
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Das Jüngere Dryas-Stadial war eine relativ kurze Kälteperiode nach dem Allerød-Interstadial am Ende des Pleistozäns. Es dauerte von ungefähr 10850 bis 9620 v. Chr., also ca. 1200 Jahre. Das Ende der Jüngeren Dryas kann inzwischen dank Dendrodaten des Hohenheimer Jahrringkalenders jahrgenau datiert werden.
Die Dryas ist nach der heute alpinen Wildblume Silberwurz (lat. Dryas octopetala) benannt, die während dieser Zeit in ganz Deutschland und Skandinavien verbreitet war. In Irland hingegen ist dieses Stadial als Nahanagan Stadial bekannt, während man es in Großbritannien als Loch Lomond Stadial kennt. Der Jüngeren Dryas folgte das Präboreal des Holozän.
[Bearbeiten] Verlauf
Die Jüngere Dryas begann mit einer raschen Abkühlung innerhalb eines Jahrzehnts, die in den höheren Breiten der nördlichen Erdhalbkugel zu neuerlichen Vergletscherungen führten, ähnlich denen der Älteren Dryas ca. 1000 Jahre früher. Kernbohrungen im grönländischen Eis und Isotopenuntersuchungen von Argon und Stickstoff haben gezeigt, dass die Temperaturen dort in der Jüngeren Dryas um ca. 15 K tiefer waren als heute. Für Großbritannien wurden Durchschnittstemperaturen von ca. -5°C festgestellt. Vergletscherungen in höheren Regionen und periglaziale Ablagerungen (Löss) in der Ebene waren die Folge.
In Skandinavien kam es zum Verschwinden der Nadelwälder und zur Ausbreitung der Tundra, dem Lebensraum der namensgebenden Silberwurz Dryas octopetala. In den Gebirgsregionen der ganzen Welt kam es zur Absenkung der Schneegrenze. Dürreperioden in Nordafrika und der Levante führten wahrscheinlich zur Einführung der Agrarwirtschaft durch den Menschen in dieser Region.
Die mit der jüngeren Dryas gleichzeitige Huelmo-Mascardi-Kälteperiode auf der südlichen Hemisphäre nahm einen weniger dramatischen Verlauf als die Jüngere Dryas auf der Nordhalbkugel. Möglicherweise handelt es sich nicht um eine globale Abkühlung sondern die Folge einer Entwicklung, die primär die Nordhalbkugel (und hier vor allem den Nordatlantik) betraf.
[Bearbeiten] Ursachen
Als Ursache der raschen Abkühlung wird heute eine Störung oder Unterbrechung des thermohalinen Kreislaufs im Nordatlantik (besser, wenn auch wissenschaftlich nicht korrekt, als Golfstrom bekannt) durch rasch abschmelzende Gletscher in der vorangegangenen Wärmeperiode angenommen. Möglicherweise war das „Hudson Bay-Ereignis“ der auslösende Faktor: Hinter dem Eisriegel im Bereich der Hudson Bay hatte sich sehr viel Schmelzwasser angesammelt. Nach Süden hin konnte es nicht abfließen, da hier das Land ansteigt. Als die Eisbarriere brach, ergossen sich auf einen Schlag ungeheure Süsswassermengen in den Nordatlantik und stoppten den thermohalinen Zyklus. Erst die neuerliche Abkühlung stoppte die Süßwasserzufuhr durch das schmelzende Eis und der Kreislauf kam wieder in Gang. Diese Theorie erklärt jedoch nicht, warum die Abkühlungsperiode auf der Südhalbkugel früher begann. Die genauen Ursachen einer so raschen Abkühlung und des ebenso abrupten Endes dieser paläoklimatisch interessanten Zeitspanne zu erforschen, ist daher nach wie vor eine Herausforderung für die Wissenschaft.
[Bearbeiten] Literatur
- Richard B. Alley, et al.: Abrupt increase in Greenland snow accumulation at the end of the Younger Dryas event, in: Nature 362, 1993, S. 527–529. doi:10.1038/362527a0
- Richard B. Alley: The Younger Dryas cold interval as viewed from central Greenland, in: Quaternary Science Reviews 19, 2000, S. 213–226. doi:10.1016/S0277-3791(99)00062-1
- W. H. Berger: The Younger Dryas cold spell – a quest for causes, in: Global and Planetary Change 3, 1990, S. 219–237. doi:10.1016/0921-8181(90)90018-8
- M. Spurk, et al.: Revisions and extension of the Hohenheim oak and pine chronologies: New evidence about the timing of the Younger Dryas/Preboreal transition, in: Radiocarbon 40, 1998, S. 1107-1116.