Kamarilla
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Unter Kamarilla (von span.: camarilla "Kämmerchen", Privatkabinett des Königs) versteht man eine Günstlingspartei, die ohne Befugnis und Verantwortung Einfluss auf die Entscheidungen eines Herrschers ausübt, also den offiziellen Regierungsorganen nicht angehört.
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[Bearbeiten] Bekannte Kamarillen
[Bearbeiten] Kamarilla um Friedrich Wilhelm IV.
Die Kamarilla um den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. war ein Kreis, der versuchte eine konservative Politik im Hinblick auf die revolutionären Ereignisse des Jahres 1848 durchzusetzen. Ihm werden zugerechnet Generaladjudant von Rauch, der Staatsminister Ludwig von Massow, der Hofmarschall Graf Keller, Leopold von Gerlach, Ernst Ludwig von Gerlach, der Flügeladjudant Edwin von Manteuffel, später auch der Kabinettsrat Marcus von Niebuhr. Als Ratgeber des Zirkels fungierten die konservativen Dogmatiker Heinrich Leo und Friedrich Julius Stahl, im Herbst und Winter 1848 kamen auch Otto von Bismarck und Hans-Hugo von Kleist-Retzow hinzu. Weiterhin standen ihr nahe der alte Feldmarschall Graf Dohna und der Konsistorialpräsident Graf Voß-Buch.
[Bearbeiten] Der Liebenberger Kreis um Wilhelm II.
Die Kamarilla um den Deutschen Kaiser Wilhelm II. wurde als Liebenberger Kreis bezeichnet. Zu ihnen gehörte unter anderem Philipp zu Eulenburg, der zu den engen Freunden des Kaisers zählte. In Misskredit geriet der Kreis, als der Publizist Maximilian Harden den Kreis unter anderem deswegen angriff, weil er zu der Überzeugung gekommen war, dass sie Wilhelm II. dahingehend beeinflusst hätten, dass er in der Ersten Marokko-Krise den Krieg mit Frankreich nicht wagte. Harden griff den Kreis nicht direkt an, sondern startete einen Angriff gegen den Fürst Philipp zu Eulenburg wegen dessen Homosexualität. Die Harden-Eulenburg-Affäre zählt zu den größten Skandalen des Wilhelminischen Zeitalters.
[Bearbeiten] Brünings "Preußische Kamarilla" während der Weimarer Republik
Heinrich Brüning, konservativer Zentrumspolitiker und erster Reichskanzler eines Präsidialkabinetts der Weimarer Republik, berichtet in seinen nach seinem Tode im Jahre 1970 herausgegebenen Memoiren über eine Gruppe, die nach dem gescheiterten Kapp-Putsch im März 1920 den Versuch einer "gründlichen Reinigung der gesamten Verwaltungen von gegenrevolutionären Persönlichkeiten, besonders solchen in leitenden Stellen, und ihren Ersatz durch zuverlässige Kräfte". unternahmen. Er nennt diese Gruppe "jüngerer Leute, leidenschaftlich antichristlich, aber eng verbunden mit dogmatisch linksgerichteten Journalisten der Zentrumspartei " die "Preußische Kamarilla" mit der er während in seiner Amtszeit im preußischen Wohlfahrtsministerium (1919-1924) andauernd stille Kämpfe zu führen hatte. Seiner Einschätzung nach hatte die linke Kamarilla im preußischen Staat eine schädliche Wirkung auf die innere Politik, wie auch später das Bild der Geschichte auf die erste Deutsche Republik verzerrt dargestellt. "Die Angehörigen der Kamarilla haben später als Emigranten im Auslande ein Zerrbild der Geschichte der Weimarer Republik geschaffen." (alle Zitate: Heinrich Brüning: Memoiren 1918-1934, DVA, Stuttgart 1970, S.67)
[Bearbeiten] Kamarilla um Paul von Hindenburg
Von Historikern der Geschichte der Weimarer Republik wird der Begriff Kamarilla für die einflussreichen Berater des gesundheitlich angeschlagenen Reichspräsidenten Paul von Hindenburgs gebraucht (Otto Meißner, Oskar von Hindenburg, Elard von Oldenburg-Januschau, Franz von Papen, Kurt von Schleicher, Alfred Hugenberg und bedingt auch August von Mackensen). Ihr Ziel war es Artikel 48 in vollem Umfang auszuschöpfen und das normale Gesetzgebungsverfahren durch ein Präsidialkabinett zu umgehen. Dies war eindeutig eine Aushöhlung der Weimarer Verfassung und mit ein Grund für den Weg in das Dritte Reich. In der Zeit von 1930 bis 1933 gab es drei Präsidialkabinette (jeweils die Präsidialkanzler waren: Heinrich Brüning, Franz von Papen, Kurt von Schleicher), bis die Kamarilla schließlich durch Einfluss auf Hindenburg Adolf Hitler an die Macht brachte.