Kanonenfutter
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Kanonenfutter ist eine umgangssprachliche, metaphorische Bezeichnung für Soldaten, die einen nahezu aussichtslosen Angriff auf gegnerische Stellungen durchführen müssen und dabei äußerst hohe Verluste erleiden. Zusammengesetzt aus den allgemein verständlichen Wörtern „Kanone“ und dem für Tiernahrung verwendeten „Futter“, assoziiert man dem todbringenden Absender der Geschosse gleichsam eine organische Qualität. Zudem werden die Soldaten als Nahrung des Kriegsgeräts dargestellt, welche diesem gezielt verabreicht wird.
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[Bearbeiten] Geschichte
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In der Kriegführung kam es bereits seit Jahrhunderten zum gezielten Einsatz von schlecht ausgerüsteten und unerfahrenen Einheiten, die in einer ersten Angriffswelle die gegnerischen Truppen erschöpfen und deren Vorräte an Pfeilen und Bolzen verringern sollten, bevor die regulären Einheiten zum Angriff übergingen. Für diesen Zweck wurden oftmals Sträflinge, Sklaven oder Söldner eingesetzt. Bei der Belagerung von Konstantinopel im Jahre 1453 ließen die Osmanen zunächst meist schlecht bewaffnete, ausländische Söldner die Mauern der Stadt erstürmen, deren Bekämpfung lediglich an der Ausdauer der Belagerten zehren sollte. Im Englischen Bürgerkrieg kamen so genannte „Forlorn Hope“-Kompanien zum Einsatz, die sich aus Freiwilligen zusammensetzten und mit äußerst gefährlichen Aufgaben betraut wurden. Sie lenkten gegnerisches Feuer auf sich, wodurch unter anderem Geschützpositionen verraten wurden. Außerdem sollten sie den Gegner dazu bringen, Minen vorzeitig zu sprengen. Die Forlorn Hope-Einheiten lassen sich daher durchaus als „Kanonenfutter“ einstufen.
Obwohl bereits seit dem 14. Jahrhundert Kanonen verwendet wurden, kam der Begriff „Kanonenfutter“ erst dann auf, als die Industrialisierung auch die Kriegführung vollständig durchdrungen hatte. Die Kriegstaktik wurde den neuen waffentechnischen Gegebenheiten jedoch nur zögerlich angepasst. So wurden bei den Landsknechten im Dreißigjährigen Krieg der so genannte verlorene Haufen eingesetzt, der vor dem eigentlichen Verband kämpfte, um ihm eine Bresche zu schlagen oder den angreifenden Gegner aufzuhalten und in Unordnung zu bringen.
Mit der Weiterentwicklung der Waffentechnik erhöhten sich teilweise die Verlustraten im Krieg enorm, was sich bereits im Amerikanischen Bürgerkrieg von 1861–1865 zeigte. In diesem Krieg kamen zunächst ebenfalls Gefechtstaktiken zum Einsatz, die seit der napoleonischen Zeit kaum modifiziert worden waren. Die Schlacht von Gettysburg 1863 markiert geradezu den Wendepunkt, als die Befehlshaber der konföderierten Einheiten einen entscheidenden Großangriff auf die stärkste Stellung der Nordstaaten durchführen ließen. Der so genannte „Pickett's Charge“ endete für die Konföderation in einer schweren, äußerst verlustreichen Niederlage. Die Infanterieformationen schossen aus einer Entfernung von wenigen Dutzend Metern Salven aufeinander ab, was insbesondere seit dem Aufkommen von Repetiergewehren schwerste Verluste zur Folge hatte.
[Bearbeiten] Wortherkunft
Insbesondere die Weiterentwicklung der Artillerie und ihr immer massiverer Einsatz führten bei Angriffen auf feindliche Stellung über offenes Gelände zu einer enormen Todesrate unter den ersten Angriffswellen. Ungefähr zu dieser Zeit kam im englischen Sprachraum die Wendung „food for powder“ („(Schieß-)Pulverfutter“) auf, mit der auf zynische Weise Soldaten gemeint waren, die man in den sicheren Tod schickte. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstand aus dem englischen „food for powder“ die deutsche Lehnübertragung „Kanonenfutter“.
Bereits im Ersten Weltkrieg von 1914–1918 erfuhr diese Bezeichnung eine neue Dimension. Die jahrelang nahezu unveränderte Front in Nordfrankreich ermöglichte es beiden Seiten, gewaltige Mengen an Geschützen in relativ kleinen Gebieten zu konzentrieren. Dies hatte zur Folge, das viele Einheiten bereits auf dem Weg zur vordersten Frontlinie über die Hälfte ihrer Soldaten durch Geschützfeuer verloren. Eine besondere Aktualität erfuhr die Bezeichnung „Kanonenfutter“ durch das Konzept der Abnutzungsschlacht, das seit 1916 von beiden Seiten verfolgt wurde. Dabei sollte der Gegner durch permanenten, massiven Einsatz von Kriegsgerät und Soldaten allmählich abgenutzt werden, wobei man auf beiden Seiten unbegründet davon ausging, dass die gegnerischen Verluste deutlich höher sein würden. Die Verluste in den Materialschlachten vor Verdun und an der Somme waren jedoch auf beiden Seiten annähernd gleich hoch. Für die Kämpfe an der deutschen Westfront ersannen die Soldaten Wortschöpfungen wie „Stahlbad“, „Blutpumpe“ und „Maas-Mühle“. Im Zweiten Weltkrieg wurde wieder verstärkt das Konzept der Strafkompanien aufgegriffen, bei denen es sich praktisch per Definition um „Kanonenfutter“ handelte. So setzte die sowjetische Rote Armee derartige Kompanien ein, die meist äußerst schlecht ausgerüstet waren und die deutsche Wehrmacht durch ihre aussichtslosen Angriffe dazu zwingen sollten, Munition zu verbrauchen. Auf deutscher Seite gab es vergleichbare Einheiten, wie etwa das Strafbataillon 999. Auch im Ersten Golfkrieg (1980–1988) des Iraks gegen den Iran schickte die Militärführung des letzteren Staates ungenügend ausgerüstete und ausgebildete Rekruten in den sicheren Tod, um allein durch die Masse die feindlichen Stellungen überrollen zu können – auch hier ohne Erfolg, wie es sich in der Schlacht um Basra zeigte.
[Bearbeiten] Heute
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Der Begriff „Kanonenfutter“ ist auch in heutiger Zeit im deutschen Sprachraum allgemein geläufig und besitzt nach wie vor eine gewisse Aktualität, da es bei den militärischen Konflikten in aller Welt oftmals zu einem besonders bedenkenlosen Umgang mit Menschenleben kommt.