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Keltische Kunst

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Die keltische Kunst beginnt in der späten Eisenzeit, der sogenannten La-Tène-Zeit (Lt). Es handelt sich um kein einheitliches Phänomen, sondern die keltische Kunst zeigt starke regionale und chronologische Unterschiede.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Forschungsgeschichte

Der Begriff "keltische Kunst" wurde durch den englischen Antiquar John Kemble (1807-1857) geprägt. Beeinflusst durch die Brüder Grimm suchte er den Unterschied zwischen Kelten und Angelsachsen an Bodenfunden festzumachen. Er identifizierte vor allem ein dreiteiliges Fischblasenmuster (trumpet scroll) als typisch keltisch. Seine Ideen wurden von William Wilde in Dublin und Augustus Franks in London aufgegriffen. Franks identifizierte den Wandsworth- und den Battersea-Schild sowie Pferdegeschirr aus einem Hortfund in den Polden Hills als keltisch, obwohl antike Autoren die Bewohner der britischen Inseln nie als Kelten bezeichnet hatten.

Paul Jacobsthal, ein klassischer Archäologe aus Marburg, entwickelte die grundlegende Aufteilung der Laténekunst, die auch heute noch Gültigkeit besitzt. Allerdings sieht man heute schärfere regionale Unterschiede, während Jacobsthal noch eine einzige, in ganz Mitteleuropa weitgehend gleichartige keltische Kunst sah. Weitere wichtige Studien zur Laténekunst stammen von Otto-Herman Frey (Marburg), und Majolie Lenerz-de Wilde (Münster).

[Bearbeiten] Chronologie

Die Latenezeit wird nach der Stilentwicklung in folgende Perioden eingeteilt:

Periode Beginn um (v.Chr.)
Lt A 475/450
Lt B1 380/350
Lt B2 320/300
Lt C1 250/235
Lt C2 190/180
Lt D1 130/120
Lt D2 60/50
Lt D3 20/15
römische Eroberung  

[Bearbeiten] Entwicklung der Latènekultur

Die Entstehung der Frühlatènekunst um 475 ist durch starken etruskischen Einfluss zu erklären, den wir auch durch Importe fassen können. Im Gegensatz zu der weitgehend geometrischen Kunst der vorhergehenden Hallstattzeit weist die Frühlatenekunst ((Lt A und B) figürliche Darstellungen von Menschen, Tieren, Mischwesen und Pflanzen auf, die oft sehr plastisch ausgestaltet und ineinander verschlungen sind ("plastischer Stil" nach Jacobsthal). Die ältesten Beispiele dieser neuen Stilrichtung finden sich in der Champagne in Frankreich. Die Vorbilder der Pflanzen (Palmetten, Lotusblüten, Akanthusranken) und Fabeltiere stammen eindeutig aus dem etruskischen und griechischen Raum, werden aber sehr schnell dem einheimischen Geschmack angepasst. So sind bereits aus den späten hallstattzeitlichen Schichten (Ha D3) der Heuneburg Gußformen bekannt, mit denen etruskische Verzierungen vor Ort nachgegossen wurden. Menschendarstellungen zeichnen sich oft durch große, hervortretende Augen aus, oft kommen auch einzelne Köpfe oder Masken vor. Zwischen den verschlungenen Körpern und Pflanzen können sich tropfen- und fischblasenartige Formen finden, die vielleicht nur den freien Raum füllen sollen (horror vacui). Diese Muster finden sich auf Schmuckstücken (Hals- und Armreifen, Schwertgriffen, Fibeln) aus Bronze, seltener aus Gold. Einlagen von Koralle, Bernstein und rotem Email sorgen für Farbeffekte.

  • Beispiele des Frühlatènestils finden sich in den Gräbern von Somme-Bionne, Reinheim, Kleinaspergle (Baden-Württemberg), Bad-Dürkheim, Pfalz und vom Dünsberg in Österreich.

Daneben kommen komplizierte geometrische Muster vor, die teilweise mit einem Zirkel konstruiert wurden (z.B. Hofheim, Hessen).

Gürtelschnallen aus Eisen, Saint-Germain-en-Laye
Gürtelschnallen aus Eisen, Saint-Germain-en-Laye

Der Waldalgesheim-Stil (nach dem Fürstengrab von Waldalgesheim in Rheinhessen) oder Rankenstil zeichnet sich durch komplexe Muster aus Ranken, ineinander gehakten Spiralen, Schleifen und Scheiben aus. Hier sind besonders geometrisch geordnete Pflanzenmuster häufig. Die Ranken und Palmetten des mediterranen Vorbilds wurden in ihre Einzelbestandteile aufgelöst und einzeln nebeneinandergestellt, oder, im Falle der S-Spiralen, kunstvoll miteinander verschlungen.

Der plastische Stil entwickelte sich im 3. Jh. Hier sind die meist abstrakten Muster sehr stark vom Untergrund abgehoben. Typisch sind verschlungene S-Spiralen und Triskele. Der zeitgleiche Schwertstil war vor allem in Österreich, Böhmen und Ungarn verbreitet.

In der Spätlatènekunst verschwindet das komplexe Verschlingen von Einzelmotiven weitgehend, wir finden jetzt Darstellungen einzelner Tiere, wie Eber, Hirsche, oder Rinder, die in der Frühlatènekunst weitgehend fehlen, sowie von Pferden und menschlichen Köpfen.

[Bearbeiten] Britannien

In der späten Eisenzeit finden sich auch in Großbritannien Elemente des plastischen Stils (Battersea-Schild, Snettisham Torques etc.), die aber ein typisch insulares Gepräge zeigen. In der Aylesford-Kultur in Südengland sind besonders S-Spiralen und Gefäßaufsätze in Form von Masken typisch.

[Bearbeiten] Irland

Die irische Kunst der Kaiserzeit nahm zahlreiche Anregungen aus Britannien auf. Die Fibeln des 4.-7. Jh zeigen einfache geometrische Muster, aber auch verschlungene S-Spiralen und "trumpet scrolls". Die Hängebecken folgen römischen Vorbildern, aber mit Spiralmustern auf den Henkelattaschen. Sie wurden meist im Angelsächsischen Siedlungsgebiet gefunden, es ist also nicht sicher, dass sie tatsächlich in Irland hergestellt wurden.

[Bearbeiten] Irland im Frühmittelalter

Die frühmittelalterliche Kunst Irlands entstand aus einem Gemisch einheimisch eisenzeitlicher, römischer, germanischer, wikingischer und mittelmeerischer Einflüsse. Die verschlungenen Muster des germanischen Tierstils, wie er von den spätrömischen Militärgürteln und später angelsächsischen Artefakten bekannt war, wurden mit Anregungen aus der Buchmalerei des nahen Ostens verbunden, so entstanden die Ranken- und Knotenmuster, die sich auf den Ringfibeln des 7.-8 Jh finden.

[Bearbeiten] Buchillustration

Die Knotenmuster illustrierter Manuskripte des 8.-10 Jh werden oft als typisch keltisch bezeichnet. Der Stil war aber zu dieser Zeit weit verbreitet. Das berühmte Book of Kells (8. Jh.) zum Beispiel, wurde entweder in Northumbria, in Ost-Schottland (Pikten) oder auf Iona hergestellt und kam wahrscheinlich erst im 11. Jh. nach Irland.

[Bearbeiten] Literatur

  • John Collis, The Celts (Stroud, Tempus 2003).
  • Nancy Edwards, The archaeology of early medieval Ireland (London, Batsford 1990).
  • Hans-Otto Frey, Kunst- und Kunsthandwerk der Kelten. In: Hundert Meisterwerke keltischer Kunst (Katalog Trier 1992), 13-31.
  • Michael A. Morse, How the Celts came to Britain (Stroud, Tempus 2005).
  • Paul Jacobsthal, Early Celtic art (Oxford 1944).
  • Albrecht Jockenhövel, Die Eisenzeit. In: R. Herrmann (Hrsg.), Die Vorgeschichte Hessens (Stuttgart, Theiß 1990) 195-244.
  • Majorie Lenerz-de Wilde, Zirkelornamentik in der Kunst der Laténezeit (1977).
  • J. Megaw/M. Megaw, Celtic art, from its beginning to the book of Kells (1989).
  • Sabine Rieckhoff, Die Kelten in Deutschland (Stuttgart, Theiß 2001).

[Bearbeiten] Weblinks

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