Kochi (Indien)
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Kochi (malayalam കൊച്ചി ; bis 1996 Cochin) ist eine Stadt im Bundesstaat Kerala im Süden Indiens, an einem Naturhafen der Malabarküste gelegen. Die Stadt hat 604.751 Einwohner, der Ballungsraum insgesamt 1.444.958 (Stand: 1. Januar 2005). Damit ist Kochi zwar nur die zweitgrößte Stadt Keralas, aber dessen größter Ballungsraum.
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[Bearbeiten] Geografie
[Bearbeiten] Geografische Lage
Kochi liegt im Südwesten Indiens an der Küste des Arabischen Meeres, etwa 186 km nördlich von Thiruvananthapuram, der Hauptstadt Keralas, und 361 km südwestlich von Bangalore. Sie gehört zum Distrikt Ernakulam des Bundesstaats Kerala.
[Bearbeiten] Stadtgliederung
Das Stadtgebiet erstreckt sich über mehrere der Küste vorgelagerte Inseln und Halbinseln. Die wichtigsten Stadtteile sind Fort Kochi, Mattancherry (beide liegen auf einer ebenfalls Fort Kochi genannten Halbinsel), die künstlich geschaffene Insel Willingdon sowie die Inseln Bolghatty, Vallarpadam und Vypeen, jedoch wird auch die auf dem Festland gelegene Schwesterstadt Ernakulam oft als Stadtteil betrachtet, obwohl sie von Kochi getrennt verwaltet wird.
[Bearbeiten] Klima
Das Klima in Kochi ist tropisch. Die Jahresdurchschnittstemperatur beträgt 27,5 Grad Celsius. Durch die Lage am Meer schwanken die Temperaturen nur geringfügig. Die Hauptregenzeit dauert von Mai bis August während des Südwestmonsuns, jedoch bringt auch der Nordostmonsun recht ergiebige Niederschläge von September bis Dezember. Die restliche Zeit des Jahres ist es trocken. Die Gesamtniederschlagsmenge eines Jahres beträgt 2949 mm.
[Bearbeiten] Geschichte
Die Herkunft des Namens „Kochi“ ist nicht eindeutig geklärt, die gängigste Theorie ist aber, dass sich der Name von „kochazhi“ herleitet, was auf Malayalam „kleine Lagune“ bedeutet. Andere Theorien besagen, dass die Stadt ihren Namen chinesischen Kaufleuten verdanke oder dass der Name von „kaci“ (Malayalam: „Hafen“) komme.
Der Aufstieg Kochis begann mit der Zerstörung des Hafens der etwa 38 km entfernten antiken Stadt Muziris (heute Kodungallur) durch eine Flutkatastrophe im Jahre 1341. Eben jene Flut schuf jedoch auch das Hafenbecken von Kochi. Fortan entwickelte sich die Stadt zum bedeutendsten Hafen an der indischen Westküste für den Gewürzhandel mit China und dem Nahen Osten.
1500, zwei Jahre nach der Ankunft des portugiesischen Seefahrers Vasco da Gama in Calicut (dem heutigen Kozhikode), landete dessen Landsmann Pedro Álvares Cabral in der Lagune von Kochi. 1502 gründeten die Portugiesen ihre erste Handelsniederlassung in der Stadt. Ein Jahr darauf errichteten sie eine Festung (Fort Manuel) – die erste europäische Festung auf dem indischen Subkontinent. Vasco da Gama starb 1524 in Kochi und wurde dort auch begraben, bis seine sterblichen Überreste 1539 nach Lissabon überführt wurden. Im Laufe der portugiesischen Kolonialherrschaft wurden die einheimischen Herrscher immer mehr entmachtet und letztendlich zu Vasallen der Europäer gemacht.
Ab 1653 machten die Niederländer den Portugiesen ernsthafte Konkurrenz und eroberten die Stadt schließlich im Jahre 1663. Unter den neuen Herrschern begann die Blütezeit Kochis. Das weitreichende Handelsnetzwerk der Niederländischen Ostindien-Kompanie trug maßgeblich zum wirtschaftlichen Aufschwung bei.
1776 wurde Kochi von Hyder Ali, später erneut von seinem Sohn Tipu Sultan verwüstet. Unter letzterem kam die Stadt vorübergehend zum Königreich Mysore.
1790 geriet Kochi unter britischen Einfluss. Durch den Englisch-Niederländischen Vertrag von 1814 wurde es der Madras Presidency angegliedert und damit endgültig ein Bestandteil des britischen Kolonialreiches. Die Briten schütteten in den 1920er Jahren Willingdon Island auf, um den Hafen für die Ozeanschifffahrt zu erweitern.
Von 1947 bis zur Eingliederung in den nach Sprachgrenzen neu geschaffenen Bundesstaat Kerala 1956 war Kochi Hauptstadt des Unionsstaates Cochin, wie auch die Stadt selbst damals noch offiziell hieß. 1996 erhielt sie einen Namen in Malayalam und heißt seitdem Kochi.
[Bearbeiten] Kultur
[Bearbeiten] Religion
Die Bevölkerung ist überwiegend hinduistisch, es leben aber auch viele Christen (Katholiken, Thomaschristen und Protestanten) und Muslime, in geringerem Umfang auch Jains und Sikhs in der Stadt. Berühmt ist die jüdische Gemeinde der Stadt, die aber durch die starke Auswanderung nach Israel nur noch einige wenige Mitglieder hat (siehe Cochin-Juden).
[Bearbeiten] Sprachen
Die wichtigste Umgangssprache ist Malayalam. Englisch wird von vielen verstanden und gesprochen. Daneben gibt es Sprecher des Tamil und vieler weiterer, vor allem dravidischer, Sprachen.
[Bearbeiten] Sehenswürdigkeiten
Fort Kochi: Die Franziskanerkirche (St. Francis Church) ist die älteste von Europäern erbaute Kirche Indiens. Sie wurde 1503 aus Holz errichtet, Mitte des 16. Jahrhunderts aber als Steinbau erneuert. Hier wurde 1524 auch Vasco da Gama beigesetzt. Sein Grabstein ist noch heute dort zu sehen, obwohl seine Gebeine 1539 nach Lissabon überführt wurden. Neueren Datums ist die Santa-Cruz-Basilika, 1902 ebenfalls als katholische Kirche erbaut.
An der Nordspitze der Halbinsel Fort Kochi befinden sich die berühmten Chinesischen Fischernetze. Sie sollen schon im 13. Jahrhundert durch chinesische Kaufleute vom Hofe Kublai Khans eingeführt worden sein. Die schweren Holzkonstruktionen, an denen Netze hängen, werden vor allem bei Hochwasser genutzt. Zu ihrer Handhabung werden mindestens vier Männer benötigt.
Mattancherry: In diesem Stadtteil liegt der in der Mitte des 16. Jahrhunderts von den Portugiesen erbaute Mattancherry-Palast, der dem damaligen Raja von Cochin als Geschenk übergeben wurde. Im Gegenzug gewährte dieser den Portugiesen weitreichende Handelsprivilegien. Der Palast ist um einen Hindu-Tempel herum angelegt. Die Holländer renovierten und erweiterten den Bau im 17. Jahrhundert, weshalb er auch als Holländischer Palast (Dutch Palace) bekannt ist. In Mattancherrys jüdischem Viertel steht die 1568 errichtete Synagoge, die 1662 zwar teilweise von den Portugiesen zerstört wurde, zwei Jahre später aber von den toleranteren Niederländern wiederaufgebaut wurde. Das Innere ist teils mit chinesischen Fußbodenkacheln ausgeschmückt.
Bolghatty Island: Hauptsehenswürdigkeit der Insel ist der niederländische Bolghatty-Palast von 1744. Verwirrenderweise wird er genau wie der Mattancherry-Palast oft auch als Holländischer Palast (Dutch Palace) bezeichnet.
Vypeen Island: Hier erhebt sich die portugiesische Festung Palliport aus dem 16. Jahrhundert.
[Bearbeiten] Wirtschaft & Verkehr
[Bearbeiten] Wirtschaft
Die wichtigsten Wirtschaftszweige der Stadt sind Textilindustrie, Schiffbau, Holzwirtschaft, Fischfang und die Verarbeitung von Kokosnüssen. Der Tourismus spielt eine zunehmend wichtige Rolle. Von großer Bedeutung ist auch die Ausfuhrwirtschaft. Auf Willingdon Island befinden sich umfangreiche Hafenanlagen, die Kochi zur bedeutendsten Hafenstadt Keralas machen. In der Stadt gibt es außerdem einen Stützpunkt der indischen Marine.
[Bearbeiten] Infrastruktur
Das wichtigste Verkehrsmittel zwischen den Inseln und Halbinseln sind Fähren. Willingdon Island ist jedoch über die Venduruthy Bridge mit Ernakulam und über die Palluruth Bridge mit der Halbinsel Fort Kochi verbunden. Von Ernakulam besteht eine gute Eisenbahnanbindung an den Rest des Landes. Es gibt zwei Bahnhöfe in Ernakulam: Ernakulam Junction und Ernakulam Town. Für Güterzüge besteht auch ein Anschluss zum Bahnhof Cochin Harbour auf Willingdon Island. Etwa 20 km außerhalb der Stadt befindet sich ein internationaler Flughafen.
[Bearbeiten] Weblinks
- Seite des Hafens von Kochi (englisch)
- Diözese Cochin (englisch)
- Basilika Santa Cruz (englisch)
- Touristen-Information Fort Kochi (deutsch/englisch)
Koordinaten: 9° 58' N, 76° 17' O