Kohlekrise
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Die Kohlekrise (umgangssprachlich auch „Zechensterben“) beschreibt den Einbruch des Kohle-Bergbaus im Ruhrgebiet im Jahre 1957/58 und den damit verbundenen anschließenden Niedergang der nordrhein-westfälischen Montanindustrie.
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[Bearbeiten] Ursachen
Mögliche Ursachen für die Kohlekrise gibt es viele. Einige seien hier genannt:
- Als eine mögliche Ursache gelten die Subventionen, mit denen der Staat bis zum Jahr 1957 den Steinkohlebergbau aktiv subventioniert und zur Expansion bewegt hat, um dem drohenden Kohle-Engpass durch die wachsende Nachfrage der Nachkriegsindustrie des deutschen Wirtschaftswunders entgegen zu wirken. Dabei wurde eine marktwirtschaftliche Selbstregulierung des Marktes verhindert und führte so möglicherweise zu einer Übersättigung des Steinkohlemarktes.
- Aus Angst vor hohen Energiepreisen, die das deutsche Wirtschaftswunder hemmen könnten, wurden seitens der Regierung der Bundesrepublik Deutschland hohe Schutzzölle auf Erdöl aufgebaut. Aufgrund der in Folge sinkenden Ölpreise, etabliert sich Erdöl sowohl in Haushalten, als auch in der Schifffahrt und zahlreichen weiteren Industriezweigen als primärer Energielieferant. In direkter Folge sinkt die Nachfrage nach Steinkohle drastisch.
- Deutsche Steinkohle wird im Vergleich zu ausländischer Steinkohle zunehmend finanziell uninteressant. Das hat wiederum verschiedene Gründe:
- Die geologischen Bedingungen zur Förderung der Steinkohle sind nicht optimal. So erhöhten sich die Fördertiefen auf bis zu 1.000 Meter, wohingegen in anderen Ländern bisweilen in Oberflächennähe abgebaut werden kann.
- Die Lohnkosten der Bergbauarbeiter sind in Deutschland u.a. wegen der sozialen Absicherungen im internationalen Vergleich sehr hoch.
- Durch sinkende Transportpreise aufgrund größerer Schiffe und besserer Infrastruktur fallen Förderkosten immer höher ins Gewicht.
- Durch weitere Konkurrenz durch Braunkohle und Kernkraftwerke halbiert sich der Bedarf an deutscher Steinkohle in Deutschland von 120 Millionen Tonnen anfangs der 1960er auf circa 70 Millionen Tonnen Ende der 1990er Jahre.
[Bearbeiten] Verlauf
Als Beginn der Kohlekrise gelten im Allgemeinen die Jahre 1957 und 1958. In diesem Jahr der deutschen Nachkriegszeit begann eine Dauerkrise des Steinkohlebergbaus, die in den kommenden Jahrzehnten zu Schließungen von Zechen, Hochöfen und Stahlwerken führte.
Ihren ersten Höhepunkt erreichte die Kohlekrise im Jahr 1963, in dem dreizehn Zechen geschlossen wurden und ca. 10.000 Bergleute ihren Arbeitsplatz verloren. Um mit der Krise effektiver umgehen zu können, schlossen sich 1968 die Zechen die Ruhrgebiets zur Ruhrkohle-AG (RAG – heutige RAG Aktiengesellschaft) zusammen. Die finanziellen Verluste der RAG werden von der öffentlichen Hand ausgeglichen, die Gewinne und die Grundstücke verbleiben bei den Zechen.
In den folgenden Jahren kommt es zu zahlreichen Streiks und Mahnwachen von Bergleuten, die gegen den Verlust von Arbeitsplätzen protestieren. So kommt es 1987 beispielsweise zu einem Streik von ca. 100.000 Bergleuten, die anlässlich der geplanten Schließung zweier Hochöfen des Krupp-Stahlwerks in Duisburg-Rheinhausen ihre Arbeit niederlegen (Besetzung einer Rheinbrücke: "Brücke der Solidarität", zeitweilige Blockade von Autobahnen). Die Streiks, Menschenketten und Fackelzüge der nächsten Jahre verhindern jedoch nicht die Schließung weiterer Standorte der Montanindustrie, so dass sich die Zahl der Zechen im Ruhrgebiet bis 1998 auf elf reduziert. Im Jahre 2005 gibt es nur noch acht von einstmals schätzungsweise über 3.000 fördernden Bergwerken im Ruhrgebiet.
[Bearbeiten] Folgen
- Im Herbst 1965 kommt es in der BRD trotz vormals florierender Wirtschaft zu einem Einbruch der Konjunktur und damit zur ersten Rezession in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Als Grund dafür gilt u. A. die Kohlekrise, die zu dieser Zeit einen signifikanten Teil der bundesdeutschen Industrie betrifft.
- Als positive, langfristige Folge darf die Umstrukturierung der Industrie des Ruhrgebiets angesehen werden. So wird seit den 80-er Jahren verstärkt Informations- und Kommunikationsindustrie sowie die Umwelttechnik gefördert (Ausbau des tertiären Wirtschaftssektors).
[Bearbeiten] Literatur
- Meinhard Miegel: Kurswechsel in der Kohlepolitik? Schlußfolgerung aus einer Diskussion, 1986, ISBN 3-8795-9268-3
- Thesen zur Steinkohlenwirtschaft. Entwicklung und Tendenzen, ISBN 3-9234-9441-6
- Steinkohle. Kohlenwirtschaft im Ruhrgebiet und im Aachener Steinkohlenrevier. Eigentumsverhältnisse, Zechenbelegschaft und Strukturwandel, Lfg 21, ISBN 3-8883-8839-2
[Bearbeiten] Weblinks
- www.route-industriekultur.de - Umfassende Informationen zur Geschichte der Kohleindustrie und der Kohlekrise
- Webpräsenz der Deutschen Steinkohle AG