Ludwig Justi
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Ludwig Justi (* 14. März 1876 in Marburg; † 19. Oktober 1957 in Potsdam) war ein deutscher Kunstwissenschaftler und von 1909 bis 1933 Direktor der Berliner Nationalgalerie. Besondere Bedeutung erwarb er sich durch den Aufbau des ersten Museums für zeitgenössische Kunst im Kronprinzenpalais.
Justi entstammte einer bedeutenden hessischen Gelehrtenfamilie, die seit zwei Jahrhunderten Kunstwissenschaftler hervorgebracht hatte. Sein Onkel Carl Justi gehörte zu den bedeutendsten Kunstgelehrten seiner Zeit. Ludwig Justi promovierte 1898, habilitierte sich bereits 1901 mit einer Arbeit über Albrecht Dürer und wurde Privatdozent bei Heinrich Wölfflin an der Berliner Universität. Ab 1903 lehrte er in Halle und war 1904 bis 1905 Direktor des Städelschen Kunstinstituts in Frankfurt am Main. Seit 1905 war er erster ständiger Sekretär der Akademie der Künste in Berlin. Am 2. November 1909 wurde Justi als Nachfolger Hugo von Tschudis zum Direktor der Nationalgalerie ernannt.
Nach dem Ersten Weltkrieg errichtete er eine Abteilung für moderne Kunst, die die erste und bedeutendste Museumssammlung ihrer Art war und den Schwerpunkt auf den Expressionismus legte. Von 1930 bis 1933 gab er die Zeitschrift Museum der Gegenwart heraus, die den Anspruch hatte, das Sprachrohr für alle zu sein, die an modernen Museumskonzeptionen, Ankäufen, Museumsarchitektur und moderner Kunst im Allgemeinen interessiert waren.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde er 1933 abgesetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg versuchte er, an die Tradition des Kronprinzenpalais anzuknüpfen und war die treibende Kraft bei der Gründung einer Sammlung des 20. Jahrhunderts. Der inzwischen 69jährige Justi wurde zum Generaldirektor der ehemaligen Staatlichen Museen ernannt. Er wollte zunächst die Lücken im Bereich des Expressionismus durch den Ankauf einiger Hauptwerke füllen, kollidierte damit aber mit Strömungen, die die aktuelle Nachkriegskunst dokumentieren wollten. Alle weiteren Bemühungen, sein Lebenswerk wieder neu aufzubauen, waren aber mit der Spaltung des Magistrats im November 1948 und der Gründung der beiden deutschen Staaten 1949 obsolet. Deshalb wurde die Galerie des 20. Jahrhunderts 1949 in West-Berlin ein zweites Mal als städtische Galerie gegründet und musste ihren Bestand erneut aufbauen. Sie ging 1968 in der Neuen Nationalgalerie auf.
[Bearbeiten] Werke
- Die Neuordnung der Gemälde-Galerie im Städelschen Kunstinstitut zu Frankfurt/Main. In: Museumskunde, I, 1905.
- Die Zukunft der National Galerie. Berlin 1910.
- Der Ausbau der National-Galerie. Berlin 1913.
- Der Umbau in der National-Galerie. Berlin 1914.
- Offener Brief an Karl Scheffler. In: ZfbK (Beilage), 54 (30), 1918/19.
- Habemus Papam! Bemerkungen zu Schefflers Bannbulle „Berliner Museumskrieg“. Berlin 1921.
- Hans Thoma. Hundert Gemälde aus deutschem Privatbesitz. Berlin 1922.
- Verzeichnis der Schack-Galerie (Vorwort). München 1923.
- Von Corinth bis Klee. Deutsche Malkunst im 19. und 20. Jh. Ein Gang durch die National-Galerie. Berlin 1931.
- Von Runge bis Thoma. Deutsche Malkunst im 19. und 20. Jh. Ein Gang durch die National-Galerie. Berlin 1932.
- Kat. Aus. Wiedersehen mit Museumsgut. Berlin 1946.
- Aufbau der Berliner Museen. In: ZfK, I/1947.
- Nachruf auf Heinrich Wölfflin. In: JbAdW, 1951.
- Meisterwerke der Dresdner Galerie, ausgestellt in der National-Galerie. Anregungen zum genauen Betrachten. Berlin 1955.
- Werden – Wirken – Wissen. Lebenserinnerungen aus fünf Jahrzehnten. Hg. v. Thomas W. Gaehtgens und Kurt Winkler. Berlin 2000. ISBN 3-87584-865-9
[Bearbeiten] Literatur
- Literatur von und über Ludwig Justi im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Alexis Joachimides: Die Museumsreformbewegung in Deutschland und die Entstehung des modernen Museums 1880–1940. Dresden 2001. ISBN 90-5705-171-0
- Kunst in Deutschland 1905-1937. Die verlorene Sammlung der Nationalgalerie im ehemaligen Kronprinzenpalais. Dokumentation, ausgewählt und zusammengestellt von Annegret Janda und Jörn Grabowski (Bilderhefte der Staatlichen Museen zu Berlin, Heft 70/72), Berlin 1992.
- Kurt Winkler: Ludwig Justi – Der konservative Revolutionär. In: Avantgarde und Publikum. Zur Rezeption avantgardistischer Kunst in Deutschland 1905–1933. Hg. v. Henrike Junge. Köln, Weimar, Wien 1992, S. 173–185. ISBN 3-412-02792-8
- Ders.: Die Zeitschrift Museum der Gegenwart (1930–1933) und die Musealisierung der Avantgarde. Museum und Gegenwartskunst am Ende der Weimarer Republik. Phil. Diss. Freie Universität Berlin, 1993. ISBN 3-8100-3504-1
- Ders.: Ludwig Justis Konzept des Gegenwartsmuseums zwischen Avantgarde und nationaler Repräsentation. In: Der deutschen Kunst... Nationalgalerie und Nationale Identität 1876–1998. Hg. von Claudia Rückert und Sven Kuhrau. Amsterdam 1998, S. 61–81. ISBN 90-5705-093-5
Personendaten | |
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NAME | Justi, Ludwig |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Kunsthistoriker |
GEBURTSDATUM | 14. März 1876 |
GEBURTSORT | Marburg |
STERBEDATUM | 19. Oktober 1957 |
STERBEORT | Potsdam |