Nepotismus am Heiligen Stuhl
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Nepotismus am Heiligen Stuhl war die insbesondere in der frühen Neuzeit übliche Praxis des Heiligen Stuhls, an Personen aus verwandtschaftlichen Beziehungen Ämter zu verleihen.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Historie
Nepotismus wurde besonders durch Bischöfe und Päpste in Mittelalter und Neuzeit vom 15. bis 17. Jahrhundert bekannt. Paul III. etablierte während seines Pontifikates von 1534 bis 1549 die Praxis des Kardinalnepoten. So war es seit dem Auftreten von Papst Kalixt III. unter den Päpsten üblich, durch diese Praxis die geistliche und weltliche Macht zu sichern. Auch lassen sich die Päpste der einzelnen Familien immer in bestimmte Zeiträume eingrenzen. Innozenz XII. schaffte das Nepotenamt 1692 wieder ab.
Im 20. Jahrhundert verschaffte Papst Pius XII. außerhalb des Kirchenrechts seinen bürgerlichen Neffen Giulio, Carlo und Marcantonio Fürstentitel (Principi Pacelli) und hohe Posten in der italienischen Politik- und Finanzwelt.
[Bearbeiten] Große Papstfamilien
[Bearbeiten] Borgia

Die Borgia waren ein aus Spanien kommendes Adelsgeschlecht. Nachdem Alfonso Borgia am 8. April 1455 vom Kardinalskollegium zum Papst gewählt wurde, begann die Herrschaft der Borgia-Päpste. Schon vor seiner Wahl zu Papst förderte Kalixt III. als Kardinal die Karriere seiner Neffen Pedro Luis de Borja und Rodrigo de Borja. Letzeren ernannte er im Februar 1456 zum Kardinal und später zum Vizekanzler der Kirche. Später wurde Rodrigo am 10. August 1492 zu Papst Alexander VI. gewählt, wobei es sich hierbei um Simonie (Ämterkauf) handelte, was zu der damaligen Zeit durchaus üblich war. Durch ein Verhältnis mit der Schwester Alexanders VI., Giulia, wurde Alessandro Farnese von dem damals amtierenden Papst 1493 zum Kardinaldiakon gewählt. Er wurde später zu Papst Paul III. gewählt. Cesare Borgia, Bruder von Lucretia Borgia und Sohn Alexanders VI. wurde unter dem Einfluss seines Vaters bereits mit 16 Jahren zum Bischof, mit 17 Jahren Erzbischof und mit 18 Jahren Kardinal. Dieser wurde jedoch nach dem Tod seines Vaters und Schirmherren 1503 von den Gegnern Alexanders unter Julius II. nach Spanien verbannt und in ein Gefängnis gesteckt. Nach ihm konnte kein Mitglied der Einflussreichsten Papstfamilie mehr auf kirchlichem Gebiet Fuß fassen.
[Bearbeiten] Medici
Die bekannte Florentiner Kaufmannsfamilie Medici wurde im 15. und 16. Jahrhundert eine der einflussreichsten Familien Italiens der damaligen Zeit. Giovanni de’ Medici (Leo X.), war als zweitgeborener zu einer kirchlichen Laufbahn vorherbestimmt. Der damalige Papst Innozenz VIII. äußerte den Wunsch, dass sein Sohn Francesco Cibo die älteste Schwester Giovannis, Maddalena de' Medici, heiraten solle. Als Gegenzug verlangte der Vater Giovannis, Lorenzo de Medici, die Erhebung seines zweitgeborenen zum Kardinal. Innozenz willigte ein. Kurioserweise war Giovanni selbst als Kardinal kein Geistlicher. So musste er sich nach seiner Wahl zum Papst Leo X. am 11. März 1513 zwei Tage später zum Priester und nochmal zwei Tage später zum Bischof weihen lassen. Er starb am 1. Dezember 1521 ohne die Sterbesakramente erhalten zu haben.
Der Vetter von Leo X., Giulio de' Medici, war Bischof von Narbonne und wurde im Jahr 1513 zum Erzbischof von Florenz und später zum Kardinal ernannt. Am 18. November 1523 wurde er vom Konklave zum neuen Papst gewählt. Elf Jahre später, am 25. September 1534 starb er als Clemens VII. an einer Pilzvergiftung. Die Schwester des Papstes Leo X., Lucrezia de Medici, hatte einen Enkel namens Alessandro Ottaviano de Medici. Dieser war florentinischer Botschafter am Hofe Gregors XIII., wo er 1583 zum Kardinal erhoben wurde. Am 1. April 1605 wurde er vom Konklave zum Papst gewählt und benannte sich nach seinem Großonkel, Leo XI. Nach einem nur 27 tägigen Pontifikat verstarb er.
[Bearbeiten] Barberini
Die Barberini waren ein italienisches Adelsgeschlecht. Aus diesem ging ein Papst und mehrere Kardinäle hervor. Maffeo Barberinis klerikale Karriere begann damit, von Clemens VIII. zum Titularerzbischof von Nazaret und zum päpstlichen Nuntius in Frankreich ernannt worden zu sein. 1606 wurde er von Paul V. zum Kardinal ernannt. 17 Jahre später wurde er zum Papst gewählt und nannte sich Urban VIII. in Anlehnung an seine Heimatregion Urbino. Für sein Wappentier, die bekannten Barberini-Bienen, ist dieser Papst auch heute noch unter Kennern der Architektur Roms berühmt. Urban VIII. gilt als Paradebeispiel für einen nepotistischen Papst. Nach seiner Wahl ernannte er seinen Neffen Francesco Barberini zum Kardinalnepoten und stellte ihm den mit ihm selber verschwägerten Lorenzo Magalotti zur Seite. Der Bruder Francesco Barberinis und somit ebenfalls Neffe des Papstes Urbans VIII., Antonio Kardinal Barberini, wurde zum Kardinalkämmerer und später zum Erzbischofs von Reims ernannt.
[Bearbeiten] Borghese
Borghese ist der Name eines römischen Adelsgeschlechts. Aus der Familie Borghese gingen ein Papst und mehrere Kardinäle hervor. Nachdem der Sohn des Grafen Marcantonio Borghese aus Siena, Camillo Borghese, sein Jura- und Philosphiestudium absolvierte, wurde er 1596 von Papst Clemens VIII. zum Kardinal erhoben. Nach den Posten als Kardinalvikar von Rom und Inquisitor wurde er am 16. Mai 1605 vom Konklave zum Papst gewählt. Er nannte sich selbst Paul V. und war der einzige Papst, den die Familie Borghese stellte. Der Vater des vatikanischen Geheimarchivs starb Ende des Jahres 1620. Schon vor der Wahl Pauls V. wurde Scipione Borghese zum Kardinal gewählt und hielt dieses Amt bis zu seinem Tode im Jahre 1633 inne. Sein Namensvetter Scipione Borghese wurde 1770 zum Kardinal und 1778 zum Camerlengo (Kardinalkämmerer) des Kardinalskollegiums ernannt.