Heiliger Stuhl
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Der Heilige Stuhl (lateinisch Sancta Sedes; auch Apostolischer Stuhl genannt) bezeichnet in seinem Selbstverständnis den Papst allein oder zusammen mit den Einrichtungen der römischen Kurie, mittels welcher die Leitung der römisch-katholischen Kirche ausgeübt wird.
Obwohl auch als Vatikan bezeichnet, ist der Heilige Stuhl vom Staat der Vatikanstadt zu unterscheiden, der ein Staat mit Staatsgebiet, Staatsvolk und Staatsgewalt ist. Allerdings ist der Papst Oberhaupt des Staates der Vatikanstadt und der Heilige Stuhl vertritt diesen international.
Der Heilige Stuhl bzw. Papst (Identität im Sinne des Kirchenrechts und des Völkerrechtes) wird nach verbreiteter Völkerrechtsdoktrin als souveränes, nichtstaatliches Völkerrechtssubjekt angesehen. Im Völkerrecht ist dies der derzeit einzige Fall, dass einer natürlichen Person (in ihrer amtlichen Eigenschaft) kraft ihres Amtes und auf Dauer dieses Amtes Völkerrechtssubjektivität zukommt. Damit unterscheidet sich der Papst von einem gewöhnlichen Regierungschef, der für ein Völkerrechtssubjekt handelt, jedoch selbst kein Völkerrechtssubjekt ist. Der Grund für diese Situation liegt darin, dass mit dem Ende des Kirchenstaates der Heilige Stuhl nicht ohne diesen Status bleiben sollte; nach der Anerkennung des Vatikans als „Rest-Kirchenstaat“ ist es bei dieser „doppelten“ Völkerrechtssouveränität geblieben.
Als solches ist der Heilige Stuhl (und nicht etwa der Vatikanstaat) Mitglied oder Beobachter in verschiedenen internationalen Organisationen; bei den Vereinten Nationen ist der Heilige Stuhl als permanenter Beobachter zugelassen. Dies ist nicht unumstritten, da anderen nichtstaatlichen Organisationen, insbesondere anderen Kirchen und Glaubensgemeinschaften, kein derartiger Status zuerkannt wird. Jedoch ist die Kritik mittlerweile nicht mehr so stark, da vor allem viele Staaten den Einsatz des Papstes für den Frieden anerkennen. Mit der Reform der UN von 2004 an hat die UN-Vollversammlung, also die 192 Staaten (Stand:2007), dem Heiligen Stuhl mehr Rechte zugestanden. So darf er bei der Jahresvollversammlung in die Debatte eingreifen, ohne die Erlaubnis anderer Staaten abwarten zu müssen, und hat auch das Recht, antworten zu dürfen, soweit es um den Heiligen Stuhl geht.
Auch ist der Heilige Stuhl nicht identisch mit der Katholischen Kirche, die ein eigenes Rechtssubjekt darstellt. Die Katholische Kirche ist selbst kein Völkerrechtssubjekt; der Papst bzw. der Heilige Stuhl vertritt jedoch als Oberhaupt die Katholische Kirche nach außen und kann somit auch ihre Interessen im diplomatischen Verkehr vertreten.
Am 16. Januar 1982 haben der Heilige Stuhl und das Vereinigte Königreich nach 447 Jahren wieder die vollen diplomatischen Beziehungen aufgenommen. König Heinrich VIII. hatte sich 1535 von der katholischen Kirche losgesagt und die anglikanische Kirche gegründet.
[Bearbeiten] Historie
Die Bezeichnung „Heiliger Stuhl“ wurde früher auch anderen bedeutenden Bischofssitzen zuerkannt. Im Zuge der Säkularisierung nach 1803 fiel diese Bezeichnung jedoch weg, der Vatikan wurde danach mit dem Begriff des Heiligen Stuhls gleichgesetzt.
Als Ausnahme hiervon gilt das Bistum Mainz, welches heute noch als einziges Bistum außer Rom den Titel „Heiliger Stuhl (von Mainz)“, lateinischer Titel Sancta sedes Moguntina, Roma specialis vera filia, führt.
[Bearbeiten] Literatur
- Joël Benoît d'Onorio (dir.), Le Saint-Siège dans les relations internationales, actes du colloque organisé les 29 et 30 janvier 1988 par le département des sciences juridiques et morales de l'Institut Portalis, Cujas & Cerf, Paris, 1989(2-204-03106-2)
- Joseph L. Kunz: The Status of the Holy See in International Law, in: American Journal of International Law 46 (1952) S. 308-314.
[Bearbeiten] Weblinks
Wiktionary: Heiliger Stuhl – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |