Nyckelharpa
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Die Nyckelharpa ( Plural Nyckelharpor, deutsch "Schlüsselgeige", "Schlüsselfiedel"; seltener "Tastenfiedel") ist ein Streichinstrument, die schwedische Form und Bezeichnung der Schlüsselfiedel.
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[Bearbeiten] Aufbau und Arten
Die Nyckelharpa ist ein Streichinstrument. Mit Hilfe eines Bogens werden ihre Saiten in Schwingung versetzt. Die Tonhöhe der Melodiesaite(n) wird dabei durch das Betätigen einer Taste bestimmt - ähnlich wie bei der Drehleier.
Es gibt eine Vielzahl an Formen der Nyckelharpa. Eine erste Einteilung erfolgt nach dem Vorhandensein von Resonanzsaiten (engl. sympathetic strings). Diese Resonanzsaiten werden nicht mit dem Bogen berührt, sondern werden durch gespielte Töne und deren Obertöne zum Mitschwingen angeregt.
Nyckelharpor ohne Resonanzsaiten sind die Mora-Harpa, die Esse-Harpa (West-Finnland) oder die Nyckelharpa von Vefsen (Norwegen).
Nyckelharpor mit Resonanzsaiten sind die Enkelharpa, Silver- und Kontrabasharpa und die chromatische (schwedisch kromatisk) Nyckelharpa, die modernste und am weitesten verbreitete Form. Die Anzahl der Resonanzsaiten und deren Stimmung variiert, die chromatische Nyckelharpa hat zwölf davon.
Weitere Unterteilungen erfolgen nach Art, Anzahl und Position von Bordun- und Melodie-Saiten. Eine Unterteilung nach Anzahl von Tastaturreihen, wie sie oft vorkommt, ist ungenau. Vor allem im oberen Register werden die Tangenten für das Abgreifen der Töne aus Platzgründen oft über zwei Tastaturreihen verteilt. Der Tonumfang ist bei den älteren Formen meist diatonisch, die modernen sind chromatisch spielbar.
[Bearbeiten] Geschichte
Das Musikinstrument Nyckelharpa gibt es seit dem Mittelalter. Belege über ihre Existenz finden sich hauptsächlich in Schweden, aber auch in Dänemark, Deutschland, Österreich und Italien.
Die wahrscheinlich älteste Abbildung einer Nyckelharpa findet sich auf einem Steinrelief am Portal der Källunge kyrka in Gotland, Schweden, datiert auf ca. 1350.
Das dargestellte Instrument ähnelt stark einer Frühform der Nyckelharpa, die heute als "Mora-Harpa" bekannt ist. Diese erhaltene Nyckelharpa wurde nicht nach ihrem Fundort Älvdalen in Dalarna (Mittelschweden) benannt, sondern nach ihrer neuen Heimat in Mora, wo sie im Zornmuseum ausgestellt ist. Auf der Halsrückseite der Mora-Harpa steht die Jahreszahl 1526. Es kann sich dabei aber nicht um das Baujahr handeln, weil dieses nachweislich das Jahr 1680 ist.
Im Deutschland des 16. und 17. Jahrhunderts war die "Schlüsselfiedel" offenbar bekannt, denn sowohl bei Sebastian Virdung "Musica getutscht und ausgezogen" als auch bei Michael Praetorius "Syntagmatis musici tomus secundus" mit "Theatrum instrumentorum" wird sie erwähnt und detailliert dargestellt. 1989 fand der schwedische Instrumentenforscher Per-Ulf Allmo an der Fassade des Hauses der Schlachterinnung in Hildesheim eine Verzierung mit fünf Putten, von denen eine ganz offensichtlich auf einer Nyckelharpa spielt. In seinem 2004 erscheinenden Buch "Den gäckande nyckelharpan" sollen neue Erkenntnisse über die Herkunft der Nyckelharpa veröffentlicht werden. Per-Ulf Allmo fand anhand älterer Darstellungen Belege, dass die Idee der Nyckelharpa ursprünglich von Zentral-Europa nach Schweden gewandert ist.
[Bearbeiten] Heutige Brauchpflege
Jedes Jahr findet in Österbybruk im schwedischen Uppland ein Treffen der besten Spielleute statt, die so genannte nyckelharpstämman. Dabei werden einerseits Wettbewerbe durchgeführt (immer abwechselnd in jedem zweiten Jahr die WM und die Junioren-WM), außerdem können auch die Instrumente selbst zur Begutachtung eingereicht werden. Andererseits steht das gemeinschaftliche Spielen und Instrumentebauen - auch mit spontanen Treffen unterschiedlicher Spielgruppen - eine zentrale Rolle.
Während bekannte Spielleute die Nyckelharpa vor allem solo oder mit anderen Nyckelharpor spielen, wird das Instrument volkstümlich vor allem in Gruppen zusammen mit Akkordeon, Kontrabass und natürlich Violine gespielt.
[Bearbeiten] Spielleute und Instumentenbauer
[Bearbeiten] Bedeutende Spielleute
Die chromatische Nyckelharpa wurde 1929 von August Bohlin (1886-1949) entwickelt und später zu einem modernen, vielseitig einsetzbaren Instrument weiterentwickelt. Mitte des vorigen Jahrhunderts war die Nyckelharpa nicht verbreitet und wurde nur noch von wenigen Spielmännern in Uppland gespielt. Vor allem Eric Sahlström (1912-1986) hat durch seine Kompositionen zu einer Erweiterung des Repertoires beigetragen.
Einer seiner Nachfolger ist Johan Hedin, der nicht nur musikalisch, sondern auch durch seine Neukonstruktionen, die von Peder Källman gebaut werden, bekannt ist. Die neuesten Mitglieder der Instrumentenfamilie sind die Alto- und Tenor-Nyckelharpa.
Stilprägende, bekannte Nyckelharpaspieler sind: Anders Norudde, Tellu Virkkala (beide Mora-Harpa), Olov Johansson (Chrom. NH und Kontrabasharpa), Åsa Jinder, Johan Hedin und Björn Björn (Silverbasharpa). Die Nyckelharpa wird aber auch zunehmend außerhalb Schwedens gespielt (Triskilian, Poeta Magica, Adaro, Marco Ambrosini, Didier François ) und gebaut (Jean-Claude Condi, Annette Osann, Ralf Gehler).
[Bearbeiten] Wichtige Instrumentenbauer
Bekannte Nyckelharpabauer in Schweden sind Olle Plahn, Leif Eriksson, Björn Björn und Sören Åhker.
[Bearbeiten] Unterricht
In Schweden gibt es Ausbildungsmöglichkeiten auf der Nyckelharpa am Eric-Sahlströhm-Institutet in Tobo. Dort werden einjährige Vollzeitkurse, aber auch externe Kurse angeboten, die dann länger dauern. Eine auf zwei Jahre angelegte berufsbegleitende Europäische Nyckelharpa Fortbildung für Musiker wurde in einer Kooperation der Scuola di Musica Popolare di Forlimpopoli in Italien, dem Eric-Sahlströhm-Institutet in Schweden und Burg Fürsteneck in Deutschland entwickelt.