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Organische Kupferverbindungen - Wikipedia

Organische Kupferverbindungen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Organische Kupferverbindungen sind metallorganische Verbindungen des chemischen Elementes Kupfer. Sie werden meist in der organischen Chemie für Synthesen verwendet. Diese werden meist nicht als fertiges Reagenz gekauft, sondern entweder direkt vor der gewünschten Reaktion hergestellt und sofort verwendet oder sie entstehen während der Reaktion.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Verbindungen

Kupfer bildet mit organischen Resten eine Reihe von Verbindungstypen, die nach der stöchiometrischen Zusammensetzung und der neben Kupfer noch beteiligten Metalle unterschieden werden. Von den einzelnen Verbindungstypen gibt es jeweils eine große Zahl von Verbindungen mit unterschiedlichen organischen Resten. Die komplexeren kupferorganischen Verbindungen werden auf Grund ihrer R2Cu--Anionen auch als organische Cuprate bezeichnet.

Die wichtigsten Verbindungskassen sind:

  • Gilman-Cuprate (nach Henry Gilman) mit der allgemeinen Formel R2CuLi.
  • Normant-Cuprate (nach J.F. Normant) mit der allgemeinen Formel R2CuMgX
  • Knochel-Cuprate (nach P. Knochel) mit der allgemeinen Formel RCu(CN)ZnX
  • Monoalkyl-Kupferverbindungen mit der allgemeinen Formel RCu
  • Cyano-Cuprate mit der allgemeinen Formel R2CuLi · CuCN

Neben den „normalen“ Cupraten, die auch als Cuprate niederer Ordnung bezeichnet werden, existieren auch Cuprate höherer Ordnung mit der allgemeinen Formel MnCumRn+m.

[Bearbeiten] Geschichte

Als erste Kupfer-Kohlenstoff-Verbindung wurde 1859 von Rudolf Christian Böttger das Kupferacetylid Cu2C2, eine explosive Verbindung von Kupfer und Ethin gefunden. Die eigentliche Erforschung begann 1936 mit Henry Gilman, der zunächst die Reaktion von Monoalkylkupferverbindungen mit Halogenalkanen erforschte. 1941 erkannte Kharash, dass Grignard-Verbindungen mit 2-Cyclohexen-1-on in Anwesenheit von Kupfersalzen nicht zum 1,2-Produkt (wie es bei Reaktionen von Grignard-Verbindungen mit Ketonen normal gewesen wäre), sondern zum 1,4-Produkt reagieren. In Jahr 1952 konnte Gilman dann mit (CH3)2CuLi das erste organische Cuprat synthetisieren.

[Bearbeiten] Herstellung

Organische Kupferverbindungen werden durch Transmetallierung aus anderen metallorganischen Verbindungen und Kupferhalogeniden, meist Kupfer(I)-iodid oder Kupfer(I)-bromid hergestellt. Auch Pseudohalogenide wie Kupfer(I)-cyanid sind als Kupferspender für die Synthese diese Verbindungen möglich.

\mathrm{ CuI + 2\ RLi \longrightarrow  R_2CuLi + 2\ LiI}
Reaktion von Kupfersalz und organischer Lithium-Verbindung
\mathrm{ CuBr + 2\ RMgBr \longrightarrow  R_2CuMgBr + 2\ LiBr}
Reaktion von Kupfersalz und Grignard-Verbindung

Für die einzelnen Reagenzklassen werden unterschiedliche Vorläuferreagenzien benötigt. Bei den Gilman-Cupraten sind dies Organische Lithiumverbindungen, wie beispielsweise Butyllithium oder Methyllithium. Bei den Normant-Cupraten dienen Grignard-Verbindungen, also organische Verbindungen des Magnesiums als Ausgangssubstanzen, bei den Knochel-Cupraten organische Zinkverbindungen. Dabei ist auf das richtige stöchiometrische Verhältnis zu achten, bei einem Verhältnis von 1:1 entstehen Monoalkyl-Kupferverbindungen, bei 2:1 von organischer Verbindung zu Kupfersalz Cuprate und bei noch größeren Überschüssen an organischen Reagenzien Cuprate höherer Ordnung.

Es können auch zwei metallorganische Verbindungen, die sich in ihren organischen Resten unterscheiden verwendet werden. Einer der beiden organischen Reste ist dabei meist eine unreaktive Verbindung, häufig Thiophen. Da bei einer Reaktion eines Cuprates immer nur ein organischer Rest reagiert, hat dies den Vortels, dass man Reagenzien, die sonst bei der Reaktion verloren gehen würden, spart. Dies ist vor allem bei komplizierteren und damit schwerer herzustellenden Molekülen wichtig.

[Bearbeiten] Eigenschaften

In kupferorganischen Verbindungen kommt Kupfer immer in der Oxidationsstufe +1, in Zwischenstufen während der Reaktion auch +3 vor. Kupferorganische Verbindungen sind wie andere metallorganische Verbindungen nucleophil, d. h. sie übertragen Alkyl- oder kompliziertere Gruppen an elektrophile Stellen in anderen Molekülen. Dadurch kommt es zur Knüpfung einer Kohlenstoff-Kohlenstoff-Einfachbindung. Die einzelnen Verbindungsklassen unterscheiden sich in ihren Eigenschaften teilweise erheblich. Vor allem die Monoalkyl-Kupferverbindungen haben deutlich andere Eigenschaften als Cuprate. Der größte Unterschied besteht darin, dass sie explosiv und somit schwer zu kontrollieren sind. Sie werden daher auch selten oder nur katalytisch eingesetzt. Die anderen Reagenzklassen sind mit Ausnahme der Knochel-Cuprate, die deutlich weniger reaktiv als die anderen Cuprate sind, in ihren Reaktionen ähnlich.

Da kupferorganische Verbindungen sehr reaktiv gegenüber Wasser und Sauerstoff sind, werden Reaktionen in organischen Lösungsmitteln wie Diethylether oder 1,4-Dioxan durchgeführt.

[Bearbeiten] Reaktionen

Cuprate spielen in einigen Reaktionen der organischen Chemie eine Rolle. Sie werden sowohl als Katalysator als auch stöchiometrisch eingesetzt. Cuprate werden meist nicht direkt eingesetzt, sondern werden erst während der Reaktion aus metallorganischen Verbindungen und Kupferhalogeniden gebildet. Die wichtigsten Reaktionen sind die 1,4-Adddition an α-β-ungesättigte Ketone, Carbonsäuren oder Ester, Nucleophile Substitutionen und Kupplungsreaktionen.

[Bearbeiten] 1,4-Addition

Die 1,4-Addition (auch Michael-Addition genannt) an α-β-ungesättigte Ketone, Carbonsäuren oder Ester ist die wichtigste Reaktion von kupferorganischen Verbindungen. α-β-ungesättigte Ketone sind dabei Verbindungen, die an dem Kohlenstoffatom, das der Carbonylgruppe benachbart ist, ein Doppelbindung besitzen. Die Zahlen 1 und 4 beziehen sich auf eine Zählung, bei der das Sauerstoffatom der Carbonylgruppe die Zahl 1 erhält und die folgenden Kohlenstoffatome nacheinander nummeriert werden. Bei der 1,4-Addition wird somit eine C-C-Bindung an der Doppelbindung gebildet, diese wird zu einer Einfachbindung.


1,4 Addition von 2-Cyclohexen-1-on und einem Gilman-Cuprat

[Bearbeiten] nucleophile Substitution

Neben der 1,4-Addition ist die nucleophile Substitution eine weitere wichtige Reaktion von Cupraten. Dabei überträgt das Cuprat einen organischen Rest an ein Kohlenstoffatom, das eine geeignete Abgangsgruppe trägt, und bildet eine C-C-Bindung. Dabei wird die Abgangsgruppe, beispielsweise ein Iodid- oder Bromid-Ion abgespalten. Der Mechanismus verläuft dabei nach dem sogenannten SN2-Mechanismus, d.h. der Angriff des nucleophilen Kohlenstoffes und die Abspaltung der Abgangsgruppe finden gleichzeitig statt.

\mathrm{ R_2CuLi + Me{-}I \longrightarrow  R{-}Me + LiI + R'Cu}
Nucleophile Substitution von Methyliodid und Knüpfung einer C-C-Bindung

[Bearbeiten] Kupplungen

Kupfer katalysiert einige Kupplungsreaktionen von organischen Molekülen. Dabei bilden sich in Zwischenstufen Kupferorganische Verbindungen. Dabei wird zwischen einigen Kupplungen mit unterschiedlichen Reagenzien und Reaktionsbedingungen unterschieden. Die erste wichtige Kupplung ist die Sonogashira-Kupplung, bei der zunächst ein terminales Alkin (d.h. ein Alkin, das an einer Seite ein Wasserstoff-Atom besitzt) mit dem Kupfersalz zu einer Kupfer-Alkin-Verbindung reagiert. Diese wird dann unter Palladium-Katalyse mit einem Halogenalkan gekuppelt.

Neben dieser Kupplung, die neben Kupfer auch noch einen Palladium-Katalysator erfordert, gibt es noch einige Palladium-freie Kupplungsreaktionen. Dies sind vor allem die Ullmann- und die Glaser-Kupplung. Bei der Ullmann-Kupplung werden symmetrische Biaryle bei erhöhter Temperatur mit Hilfe von Kupfer(I)-iodid synthetisiert. Bei der Glaser-Kupplung werden terminale Alkine mit Hilfe von Kupferhalogeniden und Sauerstoff miteinander verbunden.

Ullmann-Kupplung
Ullmann-Kupplung

[Bearbeiten] Literatur

  • H.Heaney, S.Chistie: Product class 4:organometallic complexes of copper, Science of Synthesis, 2004 (S.305-662) (engl.)
  • R. Brückner: Reaktionsmechanismen, 3. Auflage, Spektrum Akad. Verlag, München, 2004. ISBN 3-8274-1579-9
  • Chr. Elschenbroich: Organometallchemie, 5. Auflage, Teubner Verlag, Wiesbaden, 2005. ISBN 3-519-53501-7 (S. 234-245)

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