Polyurethan
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Polyurethane (PU, DIN-Kurzzeichen: PUR) sind Kunststoffe oder Kunstharze, welche aus der Polyadditionsreaktion eines Polyalkohols mit einem Polyisocyanat entstehen. Charakteristisch für Polyurethane ist die Urethan-Gruppe.
− NH − CO − O −
Polyurethane können, je nach Herstellung hart und spröde, aber auch weich und elastisch sein. In aufgeschäumter Form ist PUR als Schaumgummi oder als Bauschaum bekannt.
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[Bearbeiten] Geschichte
1937 synthetisierte Otto Bayer zusammen mit seinem Team in den Laboratorien der Bayer AG in Leverkusen zum ersten Mal Polyurethane. 1940 begann die industrielle Produktion durch die Bayer-Werke in Leverkusen. Aufgrund des Zweiten Weltkriegs und der damit verbundenen Knappheit an Rohstoffen entwickelte sich der Markt für Polyurethane jedoch zunächst nur sehr langsam. So waren 1952 weniger als 100 t pro Jahr des wichtigen Polyisocyanats Toluylendiisocyanat (TDI) verfügbar. Von 1952 bis 1954 wurden Polyester-Schaumstoffe entwickelt, wodurch das kommerzielle Interesse an Polyurethanen weiter gesteigert wurde. Mit dem Einsatz von Polyetherpolyolen wuchs die Bedeutung der Polyurethane rasch an. Die größeren Variationsmöglichkeiten bei der Herstellung von Polyetherpolyolen führten zu einer erheblichen Ausdehnung der Anwendungen. So wurden 1960 bereits über 45000 t an Schaumstoffen produziert.
Weitere technische Verbesserungen haben immer wieder neue Anwendungsfelder erschlossen. So ermöglichte die Einführung von Treibmitteln und der Einsatz von Diphenylmethan-4,4'-diisocyanat (MDI) die Herstellung von PUR-Hartschäumen. In den letzten Jahren wurde mit dem Verbot von FCKW-haltigen Treibmitteln eine Wende in der Herstellung dieser Hartschäume eingeleitet. In letzter Zeit werden daher verstärkt Pentane, Methylenchlorid oder reines Kohlendioxid als Treibmittel verwendet. Ihre hervorragende isolierende Wirkung wurde bis heute nicht übertroffen.
Bis zum Jahr 2002 war der weltweite Verbrauch auf rund 9 Millionen Tonnen an Polyurethanen angestiegen.
[Bearbeiten] Eigenschaften
Polyurethane können je nach Wahl des Isocyanats und des Alkohols unterschiedliche Eigenschaften aufweisen. Die Dichte von ungeschäumten PUR variiert zwischen rund 1000 und und 1250 kg/m3.
Im Wesentlichen werden die späteren Eigenschaften durch die Polyolkomponente bestimmt. Abhängig von Kettenlänge und Anzahl der Verzweigungen können mechanische Eigenschaften beeinflusst werden. Das eigentliche Aufschäumen des Polyurethans kommt durch die Zugabe von Wasser zustande. Bei der Reaktion von Wasser mit Isocyanat wird Kohlendioxid abgespalten, welches den Schaum auftreibt. Durch die Menge des zugegebenen Wassers kann das Raumgewicht des entstehenden Schaumes variiert werden. Typische Dichten sind rund 5 bis 40 kg/m3 für weichen Blockschaum oder 30 bis 90 kg/m3 für harten Blockschaum.
[Bearbeiten] Toxizität
Isocyanate können Allergien auslösen und stehen im Verdacht, Krebs zu verursachen. Das für einige Polyurethane verwendete Toluylendiisocyanat verdampft bei Raumtemperatur und kann beim Einatmen Schäden in der Lunge verursachen. Im Allgemeinen sind ausreagierte Gemische für den Menschen aber nicht gesundheitsschädlich.
[Bearbeiten] Synthese
Polyurethan ist ein Polymer, das durch Polyaddition eines Diisocyanats mit einem Dialkohol entsteht. Das Kohlenstoffatom in der Isocyanatgruppe (-N=C=O) ist wegen der elektronegativeren Sauerstoff- und Stickstoffatome positiviert. Die freien Elektronenpaare des Sauerstoffs (der OH-Gruppe des Dialkohols) können mit diesem C-Atom in Wechselwirkung treten. Dabei wird ein Wasserstoffatom einer OH-Gruppe auf ein Stickstoffatom des Diisocyanatmoleküls übertragen.
Die Reaktion kann in beide Richtungen (O bzw. OH-Gruppe) weiterlaufen.
Die oben stehenden Reaktionsgleichungen erklären noch nicht das starke „Aufschäumen“ des Urethanschaumes. In einer Nebenreaktion reagiert Wasser mit einigen Cyanatmolekülen, dabei wird Kohlenstoffdioxid frei, das den noch weichen Kunststoff aufquellen lässt.
[Bearbeiten] Verwendung
Aus PUR werden Matratzen, Schuhsohlen, Dichtungen,Schläuche, Fußböden, Lacke, Klebstoffe, Dichtstoffe, Skier, Autositze, Laufbahnen in Stadien, Armaturenbretter, Vergussmassen, Kondome und vieles mehr hergestellt.
- Polyurethan wird im Bauwesen als 1- oder 2-Komponenten-Schaum (Montageschaum) zum Abdichten von Fugen im Beton vor dem Vergießen, zum Stabilisieren von Fundamenten, zum Anheben von Gebäudeteilen, Fußböden etc. verwendet und beim Einbau von Fenstern und Türen benutzt.
- Polyurethan-Hartschaum wird als Isolier- und Dämmschicht in Sandwich-Elementen eingesetzt. Die Elemente bestehen aus einem inneren und äußeren Blech (Alu oder beschichtetes Stahlblech), wobei der Zwischenraum durch den aufquellenden PU-Schaum ausgefüllt wird. Überwiegend werden diese Sandwichelemente im Industriebau bei Systemhallen eingesetzt, da sie vorgefertigt werden und auch schnell montiert werden können. So entstehen in kurzer Zeit Wand- und Dachkonstruktionen, die gedämmt und innen wie außen sofort fertig sind. Auch bei gedämmten Roll- und Schiebetoren (Garagentore) werden Sandwichelemete verbaut.
- PU-Elastomer wird häufig für Textilfasern eingesetzt. Diese Fasern bestehen nicht unbedingt zu 100% aus PUR. Ebenfalls eingesetzt wird Polyurethan als Mikroschaum für atmungsaktive Membranen für Regenbekleidung.
- Aufgrund der hervorragenden mechanischen Eigenschaften eignen sich bestimmte Polyurethane für Anwendungen, die eine hohe Verschleißfestigkeit verlangen. So z.B. beim Transport von Schüttgütern durch Polyurethanschläuche, oder als Schutzschicht in Rohren und Rohrbögen. Auch als Isolationsmaterial für elektrische Leitungen (z.B. Verlängerungsleitungen) wird es eingesetzt, beispielsweise in der verbreiteten Leitung H07BQ-F.
- Ein weiteres spezielleres industrielles Verarbeitungsspektrum findet sich im Prototypen- und Musterbau sowie in der Gießereiindustrie. Hier werden Produkte aus Polyurethan eingesetzt, um Modelle und Werkzeuge vielerlei Art, aber auch Serienteile herzustellen.
- Bei der Herstellung von multifilen Tennissaiten wird Polyurethan als Füllstoff verwendet.
- Moderne Fußbälle (z.B. Roteiro) werden komplett aus Polyurethan gefertigt.
- Der äußere Mantel einer Bowlingkugel besteht aus PU
- Kondome/Präservative ohne Latex werden aus Polyurethan hergestellt. Diese sind dünner und sollen gefühlsechter sein und sind für Leute mit Latex-Allergie gut verträglich. Im Vergleich zu den üblichen Kondomen aus Latex sind diese jedoch viel teurer (Stand Anfang 2007).
[Bearbeiten] PU-Lacke
Eine der wichtigsten Anwendungen von Polyurethanen ist der Einsatz in Lacken. Hier wird PUR wegen seiner guten Haftungseigenschaften, insbesondere als Grundierung, und wegen seiner hohen Beständigkeiten gegen Lösemittel, Chemikalien und Witterungseinflüsse, insbesondere als Deck- und Klarlack, in vielen Anwendungsbereichen verwendet.
Außerdem gibt es eine Variante als Coil Coating Lacke und in der Medizin als Liner in der Prothetik der unteren Extremitäten.
[Bearbeiten] Vergussmassen
- PU-Vakuumgießharze: Verschiedene Produkte mit kurzer Topfzeit meist für Prototypen oder Vorserien, die z.B. Serienmaterialien (Thermoplast-Spritzguss: ABS, PP, POM, PS, PC, PMMA etc.) ähnelnden mechanischen und thermischen Spezifikationen oder optischen Aspekten entsprechen. Sie werden in einer Vakuumgießanlage verarbeitet. Formen in der Regel aus polyadditionsvernetzendem Silikon. Stichwort: Duplizierung von mit Rapid-prototyping-Techniken gefertigten Teilen.
- PU-Schnellgießharze: relativ einfach zu verarbeitende Produkte für Gussteile, Modelle und Werkzeuge, welche eine kurze Topfzeit besitzen und nicht unter Vakuum verarbeitet werden müssen.
- Elastomer aushärtende PU-Gießharze: Produkte mit verschiedenen im Shore-A- und Shore-D-Bereich angesiedelten Härtegraden. Für elastische bis hartelastische Teile, Formen und Werkzeuge.
[Bearbeiten] RIM
Bei der RIM-Technik werden die Reaktionkomponenten mit hohen Drücken von 100 bis 200 bar in kleine Mischkammern dosiert und dort unter Nutzung ihrer kinetische Energie miteinander vermischt (Gegenstrominjektion). In der Regel wird das Reaktiongemisch über einen selbstreinigenden Anbaumischkopf und Anguss in eine geschlossenen Form gefüllt, in der es zum Formteil aushärtet.
[Bearbeiten] Schaumstoffe
Aus PUR lassen sich sehr einfach Schäume herstellen. Diese sind unter anderem als Schaumgummi bekannt und werden als Reinigungsschwamm, Matratze oder Sitzkissen, aber auch zur Wärmedämmung in Gebäuden, Kühlgeräten, Wärme- und Kältespeichern sowie einigen Rohrsystemen (Kunststoffmantelverbundrohr, flexible Verbundrohre) eingesetzt. Seit einiger Zeit werden weitere Anwendungsgebiete, z.B. im Fahrzeugbau für PUR-Schäume erschlossen.
PUR-Schäume, die als Wärmedämmung konzipiert sind, sind geschlossenzellig aufgebaut, damit die Zellgase mit ihren niedrigen Wärmeleitfähigkeiten in den Schaumzellen verbleiben. Früher kam häufig R 11 (Trichlorfluormethan) als Zellgas zum Einsatz. Wegen der ozonschädigenden Eigenschaft dieses halogenierten Kohlenwasserstoffs wurde dieser weitgehend zunächst durch Kohlendioxid und aktuell durch Cyclopentan ersetzt, wobei dann in den Schaumzellen ein Gemisch aus Cyclopentan (ca. 10-15%) und Kohlendioxid enthalten ist. Wenn der PUR-Schaum nicht diffusionsdicht gegenüber der Umgebung eingekapselt ist, werden die ursprünglich vorhandenen Zellgase unter irdischen Bedingungen jedoch durch Diffusionsvorgänge nach und nach durch Luft und Wasserdampf ersetzt, wodurch die Wärmeleitfähigkeit des PUR-Schaums zunimmt. Nach der Herstellung erreichen PUR-Schäume mit Kohlendioxid als Zellgas Wärmeleitfähigkeiten von ca. 0,029-0,033 W·m−1·K−1, PUR-Schäume mit Cyclopentan als Zellgas Wärmeleitfähigkeiten von ca. 0,024-0,028 W·m−1·K−1. Die PUR-Schäume können sowohl hart als auch flexibel mit unterschiedlichen Dichten eingestellt werden.
PU-Hartschaumplatten sind in verschiedenen Dichten verfügbar. Die Produkte sind teils mit Füllstoffen versehen (Glasmikroballons, Aluminiumpulver). Einsatzzweck sind Dämmstoffe sowie der Modell- und Vorrichtungsbau. Der Schaum wird dazu meist spanend bearbeitet.
Früher wurden PUR-Schaumstoffe mit Pentabromdiphenylether flammgeschützt. Aufgrund der Toxizität dieses Stoffs kommen heute andere Flammschutzmittel wie beispielsweise TCPP zum Einsatz.[1][2]
[Bearbeiten] Handelsnamen
- Lacke: Desmodur/Desmophen (=DD-Lacke)
- Elastomer: Baytec, Cellasto, Elastollan, Vulkollan, Diprane, Elasturan, Vulkocell, Diepothan, Diepocell
- Fasern: Elastan (Spandex), Lycra und Dorlastan
- Vergussmassen: Bectron (Elektronik), Rhenatech (Elektrik), Elastocoat, RAKU-PUR
- Weichschäume: Bayflex, Elastoflex, Elastofoam
- Hartschäume: Baytherm, Elastocool
- Dichtungsmasse: Sikaflex, RAKU-PUR
- Blockmaterial: NECURON
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Flame Retardants Center: Organic Phosphorus Compounds Center
- ↑ Dämmstoff: Polyurethan-Hartschaum (PUR) und PUR-Ortschaum, Montageschaum auf www.waermedaemmstoffe.com