Residenzpflicht (Asylverfahrensgesetz)
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Residenzpflicht nach dem deutschen Asylverfahrensgesetz ist eine Vorschrift, die es einem Menschen verbietet, den jeweils zugewiesenen Bezirk der Ausländerbehörde zu verlassen. Das Übertreten der Grenze des Bezirks der Ausländerbehörde (eine opferlose Straftat) bedroht der deutsche Staat mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. Rechtsgrundlagen für die Residenzpflicht sind § 56 und § 85 Abs. 2 des Asylverfahrensgesetzes, es ist in damit ein Sondergesetz, da es nur Asylbewerber betrifft, andere Personenkreise jedoch nicht betroffen sind.
Der Protest und Widerstand gegen die Residenzpflicht ist deshalb seit langem ein Tätigkeitsschwerpunkt von Flüchtlingsselbstorganisationen, wie "The Voice Refugee Forum", in Deutschland, von dem derzeit zwei von der Residenzpflicht betroffene Mitglieder vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen das Gesetz klagen, die damit die Abschaffung der sie selbst betreffenden Residenzpflicht erreichen wollen.
Bereits im Jahr 1938 während der Nazi-Zeit wurden ähnliche Regelungen (diesmal alle Ausländer betreffend) in der Ausländerpolizeiverordnung vom 22. August 1938 (Reichsgesetzblatt, Teil I, 25. August 1938, Nr. 132, Seite 1055) erlassen.
Die Residenzpflicht ist einmalig in der EU und existiert nur in Deutschland. Ähnliche Einschränkungen existierten auch sonst nur zu bestimmten Zeiten in bestimmten Ländern, so während der Apartheid in Südafrika. Allerdings ist die Bundesregierung bestrebt, die Residenzpflicht EU-weit einzuführen, da sie im Raum des Schengen-Abkommens verbesserte Kontrolle für alle Mitgliedsstaaten verspricht.
Da das Übertreten der Grenze des Bezirks der Ausländerbehörde als opferlose Straftat zur Kriminalitätsstatistik gezählt wird, ist schon deswegen diese Statistik zwischen deutschen Staatsbürgern und Asylbewerbern nicht mehr vergleichbar. Für die gleichen Handlungen von Bundesbürgern und Asylbewerbern wird letzteren eine erheblich höhere Kriminalitätsrate zugeschrieben als ersteren. Gegenüber Bundesbürgern erhöhte Kriminalitätsraten von Asylbewerbern werden im politischen Diskurs als Argument verwandt, spezifisch Asylbewerbern und anderen Ausländern weitere Restriktionen aufzuerlegen. Von Seiten autonomer oder linksextremistischer Gruppierungen wir die Residenzpflicht immer wieder zum Gegenstand populistischer Äußerungen genommen und dadurch dem sinnvollen politischen Diskurs entzogen. Diskussionen im Bereich dieses Themas sind meistens sehr emotionsgeladen und Fakten werden von rechts- wie auch linksextremistischen Kreisen gerne in ihrem Sinne uminterpretiert und zur generellen Ablehnung der bestehenden freiheitlich-demokratischen Grundordnung herangezogen.
[Bearbeiten] Siehe auch
Asylrecht, Asylpolitik, Erreichbarkeitsanordnung, Flüchtlingspolitik, Flüchtling, Grundgesetz, Sans papiers
[Bearbeiten] Weblinks
- Telepolis: Residenzpflicht und Abschiebungen von Tamilen
- Flüchtlingsselbstorganisation The Voice
- Ein Kampf ums Ganze. Residenzpflicht ist ein linkes, antirassistisches Thema (aus: ak - analyse+kritik)
- Themenseiten über Residenzpflicht bei aha-bueren.de
- Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen