Romowe
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Romowe (litauisch Romuva, mittelalterl. Romehnen, Kreis Fischhausen) war ein Kultmittelpunkt der baltischen Prußen. Er befand sich in Nadrauen in dem heutigen Oblast Kaliningrad im historischen Samland. Der Ort hieß im Deutschen Groß Wahldeck, heute im Russischen Osokino. Die Silbe rom/ ram bedeutet in den baltischen Sprachen ruhig, still, heilig. (Z.B. Rominter Heide, Berg Rombinus bei Tilsit-Ragnit sowie andere Ortsnamen).
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[Bearbeiten] Historische Nachweise
Der Ort erscheint in der erhaltenen Literatur erstmalig im 14. Jahrhundert in Urkunden als Romehnen, Romayn. Daneben gibt es auch die Bezeichnung Rickoyot, Rikaioth (belegt ab 15. Jh.) für den gleichen Ort. Allgemein deuten baltische Ortsnamen, die die Silbe ram bzw. rom enthalten (verwandt mit lit. ramus für still), auf den kultischen Charakter der Orte, etwa Rombinus. Rickoyot wird mit altpreußisch rikis 'Herr' in Verbindung gebracht.
[Bearbeiten] Beschreibung
Die ältesten Quellen nennen nur die Nachbarschaft des Dorfes zu heiligen Wäldern oder Feldern. Eine erste Beschreibung liefert erst Peter von Dusburg 1326. Er vermerkt, dass es sich um eine zentrales Heiligtum der Balten handele. Der Ort sei nach Rom benannt und der oberste Priester, genannt Krive, wird wie der Papst verehrt, denn ihm gehorchen nicht nur die Prußen, sondern auch die Litauer und Völker aus Livland. Dessen Botschafter wurden mit der Krivule, einem markant gewachsenen Holzstab, bevollmächtigt. Bezüglich der in Romowe verehrten Gottheiten teilt erst Simon Grunau um 1529 mit, dass hier Patollo, Patrimpo, Perkuno verehrt wurden. Statuen dieser drei Götter standen in einer 6 Ellen dicken Eiche.
[Bearbeiten] Gründungslegende
Die Gründung des Heiligtums geht nach Simon Grunau auf die Kimbern zurück. Gestiftet wurde das Heiligtum von Brutenis und Widewutis 523.
[Bearbeiten] Quellenkritik
Während Peter von Dusburg als seriöse Quelle gilt, werden die Erläuterungen von Grunau oft skeptisch betrachtet. So wird auf die Ähnlichkeit der Beschreibung des Heiligtums mit dem in Uppsala, wie es von Adam von Bremen in der Hamburger Kirchengeschichte beschrieben wird, verwiesen und angenommen, dass die Beschreibung einfach übernommen wurde.
[Bearbeiten] Deutung
Ein Hain mit alten Eichen kann mit heiligen Hainen und Bäumen anderer heidnischer Völker (z.B. Donareiche der Germanen) verglichen werden.
Die in der Gründungslegende erscheinenden Brüder entsprechen etwa Romulus und Remus und dem indogermanischen Zwillingsmotiv. Desgleichen gibt es Parallelen der Dreigottheit (drei Götter in einer Eiche) zu den bei slawischen Stämmen bekannten Dreigottheiten (Triglaw, Swantewit u.a.).
Über die Vernichtung der Romowe-Eiche oder -Haine gibt es keine Quellen. Gemäß dem Vorbild des Bonifatius, der im 8. Jh. die hessische Donareiche fällte, könnten auch die frühen Missionare im Prußenland das Ziel gehabt haben, die Kultstätte durch Fällen des Baumes zu vernichten. Entsprechende Belege gibt es für andere Kultstätten.
[Bearbeiten] Sonstiges
Nach dem Namen der Kultstätte nennt sich eine neoheidnische Glaubensgemeinschaft in Litauen Romuva.
[Bearbeiten] Literatur
- Vilius Pėteraitis: Mažosios Lietuvos ir Tvankstos vietovardžiai. Vilnius 1997, ISBN 5-420-01376-2.
- Norbertas Vėlius (Hrsg.): Baltų religijos ir mitologijos šaltiniai. Bd. I. Vilnius 1996, ISBN 5-420-01353-3.
- Vytautas Mažiulis: Prūsų kalbos etimologijos žodynas. Vilnius 1997, ISBN 5-420-01406-8.