SAP R/3
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SAP R/3 ist ein Unternehmens-Informationssystem (sog. ERP, Enterprise Resource Planning) des deutschen Softwarehauses SAP, das es seit 1993 vertreibt.
SAP R/3 ist für einen Betrieb auf Client-/Server-Basis konzipiert. Das R steht dabei für realtime (Echtzeit) und die 3 steht für die drei Ebenen (Schichten), aus denen ein R/3-System besteht (Datenbankschicht, Applikationsschicht, Präsentationsschicht). Der Vorgänger R/2 war für den Betrieb auf Großrechner-Anlagen konzipiert. 1973 wurde das Programm RF, später auch als R/1 bezeichnet, zur rechnergestützten Abwicklung der Finanzbuchhaltung fertiggestellt.
Der Nachfolger von R/3 ist mySAP ERP.
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[Bearbeiten] Betriebswirtschaftliche Funktionen
SAP R/3 erlaubt die EDV-gestützte Abwicklung folgender Aufgaben, die in einem typischen Großunternehmen anfallen:
- Rechnungswesen
- Buchhaltung (Modul FI)
- Anlagenbuchhaltung (Komponente FI-AA)
- Controlling (Modul CO)
- Logistik
- Materialwirtschaft (Modul MM, material management)
- Produktion (Modul PP)
- Bedarfsplanung MRP II
- Instandhaltung (Modul PM, plant maintenance), mit dem Zusatzmodul Freischaltabwicklung (Modul PM-WCM, Work Clearance Management)
- Logistics Execution System (LES)
- Vertrieb (Modul SD, sales and distribution)
- Verarbeitung von Kundenaufträgen
- Versand und Transport
- Fakturierung
- Kreditmanagement
- Außenhandel/Zoll
- Qualitätsmanagement (Modul QM)
- Personalwirtschaft (Modul HR)
- Organisationsmanagement
- Personaladministration
- Personalzeitwirtschaft
- Personalabrechnung
(Anmerkung: Die obige Auflistung ist weder vollständig noch ganz korrekt gegliedert.)
Das R/3 System ermöglicht durch einen modularen Aufbau eine ganzheitliche Sicht auf betriebswirtschaftliche Unternehmensprozesse. Ein Modul stellt eine umfangreiche EDV-Lösung für einen abgegrenzten Unternehmensbereich dar. Die Module sind zu einem hohen Grad integriert, d. h. die Informationen aus den verschiedenen Modulen sind eng mit einander verzahnt (Funktionsintegration).
Nach R/3-Systematik sind dabei den drei von R/3 unterstützten betriebswirtschaftlichen Anwendungsbereichen Rechnungswesen, Logistik sowie Personalwirtschaft jeweils Module zugeordnet, die mit einem eindeutigen Kürzel bezeichnet werden. Die Module wiederum lassen sich in Komponenten unterteilen (diese werden ebenfalls mit einem Kürzel bezeichnet und sind Bestandteil des jeweiligen Moduls):
-
- FI: Finanzbuchhaltung (engl. Financial Accounting)
- CO: Controlling (Kostenrechnung)
- TR: Finanzmanagement (engl. Treasury)
- IM: Investitionsmanagement (engl. Investment Management)
- EC: Enterprise Controlling (das CO-Modul dient entgegen seinem Namen hauptsächlich der Kostenrechnung, das EC-Modul unterstützt weitere Controlling-Anwendungen/-Instrumente)
- PS: Projektabwicklung (engl. Project System)
- RE: Immobilienmanagement (engl. Real Estate Management)
-
- HR: Personalmanagement (engl. Human Resources)
* Logistik:
-
- MM: Materialwirtschaft (engl. Materials Management)
- PP: Produktionsplanung (engl. Production Planning and Control)
- PM: Instandhaltung (engl. Plant Maintenance)
- SD: Vertrieb (engl. Sales and Distribution)
- LE: Lagerverwaltung, Versand und Transport (engl. Logistics Execution)
- CS: Kundendienst (engl. Customer Service)
- QM: Qualitätsmanagement (engl. Quality Management )
* Anwendungsübergreifende Komponenten:
-
- IS: Branchenlösungen (s.u.)
- WF: Workflow
Diese Module können durch Branchenlösungen ergänzt werden, die mit dem Präfix IS (Industry Solution) gekennzeichnet werden (z. B. IS-H (Healthcare), IS-U (Utilities), oder IS-OIL).
Einige Systemkomponenten sind nicht in die betriebswirtschaftliche Verarbeitung eingebunden, sondern stellen Basisfunktionen für die anderen Module zur Verfügung. Diese Komponenten sind zum größten Teil im Modul BC (Basic Components) zusammengefasst.
Das R/3-System ist grundsätzlich mandantenfähig.
Anders als bei den meisten kleineren ERP-Systemen sind im R/3 sehr viele Variationsmöglichkeiten rein durch Einstellungen gegeben. Die Anpassungen dieser Einstellungen wird als Customizing bezeichnet und fällt natürlich klassischerweise bei der Einführung des Systems oder eines Moduls an. Reichen die Einstellungsmöglichkeiten durch die vorhandenen Customizing-Funktionen nicht mehr aus, stellen die Standardprogramme an vielen Stellen Erweiterungspunkte zur Verfügung, an denen über eine definierte Schnittstelle kundenspezifische Programmteile in die Standardverarbeitung eingebettet werden können (User Exits, Business Add-Ins [BAdIs]). Wenn auch diese Möglichkeiten nicht ausreichen, können kundenspezifisch (fast) alle Standardprogramme verändert werden (Modifikationen). Wegen des erhöhten Folgeaufwands (Abgleich mit neuen Versionen der Standardprogramme bei jeder Aktualisierung) werden Modifikationen i. A. vermieden.
SAP R/3 ist sehr komplex und relativ teuer, insbesondere durch das aufwendige Customizing. Daher kommt R/3 in der Regel nur für größere Betriebe in Frage. Für Klein- und Mittelbetriebe stellt SAP eine Variante des R/3-Systems namens SAP SMB (Small and Midsize Businesses) zur Verfügung.
Für Klein- und Mittelbetriebe bietet SAP die Möglichkeit, den Server bzw. die Wartung des Servers aus der eigenen Firma auszulagern. Die Betriebe benutzen also Server, die von SAP betrieben und gewartet werden. Das bringt eine wesentliche Kostenersparnis, die es vielen kleineren Betrieben überhaupt erst ermöglicht, ein SAP-System zu verwenden.
[Bearbeiten] Technische Sicht
Technisch gesehen besteht das R/3-System aus den drei Komponenten:
- Datenbank
- Applikationsserver
- Präsentationsserver
Die Datenhaltung erfolgt in einer handelsüblichen relationalen Datenbank. Die gesamte betriebswirtschaftliche Verarbeitung erfolgt im Applikationsserver durch spezielle Programme, die in der proprietären Programmiersprache ABAP/4 geschrieben sind. Diese Programme werden innerhalb einer speziellen Laufzeitumgebung ausgeführt, dem sogenannten Kernel. Der Kernel ist in C programmiert und kann vom Kunden weder eingesehen noch geändert werden (im Gegensatz zu den meisten ABAP-Programmen). Der Kernel abstrahiert sowohl von den Gegebenheiten der eingesetzten Betriebssysteme als auch von der speziellen SQL-Syntax des eingesetzten DBMS, so dass ABAP-Programme (sofern sie auf bestimmte maschinen- oder datenbankspezifische Konstrukte verzichten) auf allen Plattformen, für die ein R/3-Kernel zur Verfügung steht, lauffähig sind.
Dieser Kernel enthält folgende wesentliche Bestandteile:
- Sperrserver
- Verbuchungsprozesse
- Spoolprozesse
- Dialogverarbeitung
- Hintergrundverarbeitung
Diese Prozesse können je nach Bedarf auf unterschiedliche Maschinen verteilt sein. Der einfachste Fall (alle Prozesse laufen auf einem Applikationsserver) wird als sogenannte Zentralinstanz bezeichnet. Für kleinere Szenarien ist diese Anordnung durchaus ausreichend, oft kann auch die Datenbank auf der gleichen Maschine gehalten werden. Durch diese technische Modularisierung ist es bei steigenden Anforderungen möglich, die Aufgaben auf verschiedene Maschinen zu verteilen und dadurch die Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems zu erhöhen. Einige Komponenten (insbesondere Sperr- und Verbuchungsprozesse) dürfen je System nur genau einmal existieren; die "Arbeitstiere" hingegen (also die Dialog- und Hintergrundprozesse), die die eigentliche Programmausführung übernehmen, können über (fast) beliebig viele Maschinen verteilt werden. Die Kombination aus Datenbank und Applikationsserver-Prozessen wird als R/3-System bezeichnet - die Bezeichnung ist daher sauber vom umgangssprachlichen "System = Maschine" zu trennen!
Die Aufbereitung und Anzeige für den Benutzer erfolgt durch den Präsentationsserver. Im einfachsten Fall ist es das SAP GUI, eine native Windows-Anwendung. (Mittlerweile existiert auch ein plattformunabhängiges Java-basiertes GUI.) Mit Hilfe des Internet Transaction Servers (ITS) ist es möglich, die Funktion des SAP GUI über einen herkömmlichen Browser zur Verfügung zu stellen. Alle diese Anzeigevarianten basieren allerdings auf der Dynpro-Technologie.
Seit dem Release 6.20 enthält der Applikations-Server weiterhin einen Web Application Server (WAS), mit dessen Hilfe Business Server Pages verarbeitet werden können.
[Bearbeiten] Literatur
- Bernd Herth, Navratil, Otterbein, Rhein: SAP R/3 Basissystem. Release 4.6. Addison-Wesley, München 2001 (SAP Anwenderedition), ISBN 3-8273-1727-4
- Knut Hildebrand, Michael Rebstock (Hrsg.): Betriebswirtschaftliche Einführung in SAP R/3. R. Oldenbourg Verlag, München/Wien 2000, ISBN 3-486-25548-7
- Michael Hölzer, Michael Schramm: Qualitätsmanagement mit SAP R/3. Galileo-Press, Bonn 2005 (SAP PRESS), ISBN 3-89842-655-6
- Gunther Friedl, Christian Hilz, Burkhard Pedell: Controlling mit SAP, 4. Aufl., Vieweg, Wiesbaden 2005, ISBN 3834801011