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Schwerelosigkeit

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Unter Schwerelosigkeit formen sich Wassertropfen zu Kugeln
Unter Schwerelosigkeit formen sich Wassertropfen zu Kugeln

Von Schwerelosigkeit spricht man, wenn Lebewesen (oder Dinge) im Weltraum bzw. allgemein im freien Fall keine Schwerkraft spüren (oder erfahren). Sie ist ein Zustand, in dem auf einen Körper keine Kraft oder allein die Schwerkraft wirkt.

Die Schwerkraft ist eine Volumenkraft, die den Körper im Gravitationsfeld der Erde nach unten zieht. Sie wird für uns erst dadurch spürbar, dass wir z. B. auf dem Fußboden stehen, der eine Gegenkraft auf unsere Füße ausübt und durch diese Oberflächenkraft unseren Körper deformiert (zusammenstaucht). Fehlt diese Gegenkraft, so befindet sich der Körper im freien Fall, beispielsweise in einem frei fallenden Aufzug, der nicht durch Reibungskräfte oder Luftwiderstand gebremst wird (Fallturm) oder in einem Flugzeug auf einem sogenannten Parabelflug. Hier wird der Aufzug oder das Flugzeug genauso stark beschleunigt wie der darin befindliche Körper, so dass der Körper an keine Innenwand gedrückt wird. Damit erfährt er keine Oberflächenkräfte und spürt keine Schwerkraft.

Auch eine Weltraumkapsel in einer Erdumlaufbahn (Orbit) wird von der Schwerkraft der Erde genauso stark beschleunigt wie jeder Körper, der sich darin befindet. In diesem Sinn befindet sich auch dieses System im freien Fall.

Eine Simulation der Schwerelosigkeit lässt sich herstellen, indem man die Schwerkraft in Tauchbecken mit der Auftriebskraft des Wassers kompensiert. Die Auftriebskraft ist eine Oberflächenkraft, die so gleichmäßig am Körper angreift, dass sie zumindest außen am Körper sehr ähnlich wirkt wie eine Volumenkraft.

Schwerelosigkeit kommt in folgenden Situationen vor:
  • Bei einem Fallschirmsprung kurz nach dem Ausstieg aus dem Flugzeug. (Später erreicht der fallende Springer eine Endgeschwindigkeit, die im Wesentlichen durch den Luftwiderstand bedingt ist.)
  • Auch beim Turmspringen oder beim Bungee-Jumping befindet sich der Körper des Springers (wenn auch nur für einige Sekunden) im schwerelosen Zustand.
  • Wenn ein Flugzeug in einer speziellen parabelförmigen Flugbahn fliegt. Solche Parabelflüge können bis zu 90 Sekunden Schwerelosigkeit herbeiführen.
  • Bei allen Raumflugkörpern, die in einem Orbit um einen Himmelskörper kreisen. Beschreibt man die Situation im beschleunigten System des Raumflugkörpers, so ist hier die Zentrifugalkraft die Trägheitskraft, die die Schwerkraft kompensiert. Da diese Kompensation in der Realität nicht perfekt ist, spricht man von Mikrogravitation.
  • Es gibt Aufnahmen aus dem Space Shuttle von einer offensichtlich fest montierten Kamera, die die Verhältnisse veranschaulichen: Mehrere Astronauten schweben im Spacelab und arbeiten dort, und dann werden offensichtlich die Steuerdüsen des Shuttles kurz in Querrichtung betätigt. Die Folge ist, dass alles, was nicht angeschraubt ist – also die Astronauten und diverse lose Gerätschaften – sich per Trägheit parallel zueinander auf die eine Shuttle-Innenwand zu bewegen, bis sie dort anprallen und sich neu mit deren Bewegung synchronisieren.
  • Etwas der Schwerelosigkeit recht ähnliches erlebt man in einem Tauchbecken. Dies ermöglicht lange Zeiten, die im Astronautentraining zum Üben von Reparaturen der Raumkapsel bei Weltraumspaziergängen genutzt werden.
  • Der 146 Meter hohe Bremer Fallturm ist eine Einrichtung des Zentrums für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitationsforschung (ZARM) an der Universität Bremen. Er ermöglicht eine Fallhöhe von 110 m in einem evakuierten Rohr von 3,5 m Durchmesser. Dennoch ist bei dieser großen Fallhöhe die Fallzeit noch relativ kurz, sie beträgt genau 4,74 Sekunden. Die Experimente werden in einer speziell konstruierten Fallkapsel durchgeführt, die am Ende der Fallstrecke in einem 8 m hohen, mit feinkörnigem Polystyrol-Granulat gefüllten Behälter abgebremst wird. Dort haben die „Versuchskandidaten“ dann immerhin eine Endgeschwindigkeit von 167 km/h. In dem Turm kann künftig für Experimente fast zehn Sekunden Schwerelosigkeit erzeugt werden. Wie die Betriebsgesellschaft des wissenschaftlichen Großlabors mitteilte, lässt sich mit einem neuen, weltweit einzigartigen Katapult die Dauer der Schwerelosigkeit beim einfachen freien Fall im Turm in etwa verdoppeln. Diese Zeit wird nun dadurch verdoppelt, dass die Experimentkapseln aus einem 10 Meter tiefen Raum unterhalb des Turms in die Höhe geschossen werden, bevor sie dann wieder nach unten stürzen. Schon im Steigflug sind die Kapseln schwerelos (www.zarm.uni-bremen.de).
  • Schüler eines Bremer Gymnasiums zeigten, dass sich solche Experimente zur Schwerelosigkeit auch in die Schule holen lassen. Sie präsentierten bei „Jugend forscht 2002“ einen Minifallturm, der Fallversuche in jedem (Klassen-) Zimmer erlaubt. Sie nahmen sich den Fallturm ihrer Heimatstadt zum Vorbild und konstruierten einen 2 m hohen Turm. Die Fallzeit von 0,6 Sekunden reicht schon, um dem Computer mittels Videosignal und Kamera verwertbare Daten aus der Fallkapsel zu liefern. Damit ließ sich nicht nur die Verbrennung erforschen, die Schüler haben auch weitere Versuche zu Magnetismus, Drehbewegungen, Oberflächenspannung und Kapillarkräften entwickelt.
  • Im Fernsehen wurde als Studioexperiment schon ein Plexiglaswürfel von ca. 40 cm Kantenlänge quer durch das Studio geworfen, also über ein Strecke von einigen Metern. In den Würfel hatte man ein paar Gegenstände gelegt, einen Ball als etwas Weiches und auch irgendwas Hartes usw. Wenn man den Flug dieses Würfels mit der Kamera verfolgte und anschließend in Zeitlupe wiedergab, sah man, dass die Gegenstände während des Fluges scheinbar frei und schwerelos im Inneren des Würfels schwebten und nur untereinander leichte Stöße austauschten.
  • Die älteste Anwendung der Schwerelosigkeit ist die Herstellung von Schrotkugeln. Hierbei lässt man flüssiges Blei im Innern eines Turmes durch ein feines Sieb herabregnen. Einen Turm, in dem das gemacht wurde, findet man in Drochtersen.

[Bearbeiten] Technische Probleme in der Schwerelosigkeit

Tropfen in Mikrogravitation.
Tropfen in Mikrogravitation.
Kerzenflamme in Schwerelosigkeit.
Kerzenflamme in Schwerelosigkeit.

Schwerelosigkeit kann bei empfindlichen technischen Geräten (besonders bei solchen mit zahlreichen beweglichen Teilen) Probleme verursachen. Physikalische Prozesse, die von der Gravitation abhängen (etwa die Konvektion) funktionieren im schwerelosen Zustand genauso wenig wie Geräte des Alltags wie Duschen, Waschbecken oder WCs. Daher sind in Raumfähren und Raumstationen speziell an die Schwerelosigkeit angepasste sanitäre Anlagen (etwa ein Klosett mit Fäkalien-Sauganlage) im Einsatz. Getrunken wird im Weltraum auch nicht aus Tassen, Gläsern oder Krügen, sondern aus verschließbaren Tuben oder Bechern mit Deckel und verschließbarem Strohhalm.

[Bearbeiten] Reaktion des menschlichen Körpers auf Schwerelosigkeit

Der menschliche Körper reagiert auf Schwerelosigkeit vielfach mit der Raumkrankheit, die genauso wie die Reisekrankheit durch eine Verwirrung des Gleichgewichtssinns hervorgerufen wird. Mit fortschreitender Gewöhnung an den schwerelosen Zustand verschwinden die für die Raumkrankheit charakteristischen Symptome (Schwindelgefühl, Übelkeit bis zum Erbrechen. Lang andauernde Schwerelosigkeit (2 Monate oder länger) führt zu einer Anpassung des menschlichen Körpers an die (vor allem im Wirbelsäulen- und Beinbereich spürbare) Entlastung: Knochen- und Muskelmasse sowie das Blutvolumen schwinden, was vielen Raumfahrern bei der Rückkehr auf die Erde gesundheitliche Probleme bereitet. Zur Vorbeugung müssen sich Raumfahrer auf Langzeiteinsätzen daher (auf einem Laufband oder Ergometer) körperlich betätigen.

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