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Sextant

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Sextant, ca. 1891
Sextant, ca. 1891
Marine-Sextant
Marine-Sextant

Ein Sextant (Spiegelsextant, auch Sixtant) ist ein optisches Messinstrument, mit dem man den Winkel zwischen den Blickrichtungen zu relativ weit entfernten Objekten bzw. zum Horizont bestimmen kann. Er wird hauptsächlich zur Höhenmessung von Gestirnen für die astronomische Navigation auf See verwendet, seltener auch in der Luftfahrt und bei Expeditionen. Früher fand er auch Anwendung in der Astronomie und der Landvermessung.

Der Name Sextant kommt von der Winkelskala, die 60° (ein Sechstel eines Kreises) umfasst, womit Winkelmessungen bis 120° möglich sind. Der ältere Oktant hatte eine Skala von nur 45° (ein Achtel eines Kreises), womit Winkel bis 90° bestimmt werden konnten. Hingegen ist der Quadrant ein Winkelmesser bezüglich der Lotrichtung.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Aufbau und Funktionsweise

Spiegelsextant um 1810
Spiegelsextant um 1810
Navigator mit Sextant
Navigator mit Sextant

Grundlegende Komponenten des Sextanten sind ein Spiegel (Indexspiegel), der fest und parallel auf dem Drehpunkt des Zeigers (Alhidade) montiert ist; die Alhidade, mit deren Hilfe man am Gradbogen die genaue Winkeleinstellung ablesen kann und ein feststehender Spiegel (Horizontspiegel), der in Nullstellung der Alhidade parallel zu dieser ist. Er ist entweder halbdurchlässig (Vollsichtspiegel) oder er besitzt eine verspiegelte Seite und eine lichtdurchlässige Seite (Halbspiegel). In beiden Fällen können in diesem Spiegel zwei Bilder, ein direktes und ein gespiegeltes, betrachtet werden. Außerdem noch ein kleines Fernrohr oder auch nur ein einfaches Rohr ohne Linsen zum Anvisieren des Horizonts, das auf den Horizontspiegel gerichtet ist.

Strahlengang im Sextanten
Strahlengang im Sextanten

Weitere Komponenten sind verschiedene Filter, die in den Strahlengang geklappt werden können und mit denen die helle Sonne anvisiert werden kann sowie das Bild des Horizonts nicht überstrahlt wird. Früher gab es diese Filter noch nicht, so dass viele Navigatoren und Kapitäne auf einem Auge blind wurden, weshalb sie häufig eine Augenklappe trugen. Bei modernen Sextanten wird die Alhidade durch eine Schraube über ein kleines Getriebe bewegt, das in einer Trommel untergebracht ist (Trommelsextant). Dadurch kann die Ablesegenauigkeit erhöht werden Um den Sextanten auch waagerecht halten zu können, wenn der Horizont nicht sichtbar ist, besitzen einige Modelle einen künstlichen Horizont, der nach dem Prinzip einer Wasserwaage funktioniert. Diese Wasserwaage ist dann über zusätzliche Spiegel durch die Einblicköffnung zu sehen.

[Bearbeiten] Funktionsweise

In der Nullstellung der Alhidade sind der Horizontspiegel und der Indexspiegel parallel. Schaut man durch die Einblicköffnung, so sieht man das direkte Bild des Horizontes und das durch den Horizont- und Indexspiegel gespiegelte Bild deckungsgleich. (Genaugenommen gilt dies nur bei unendlich großer Entfernung, denn es entsteht eine kleine Parallaxe durch die Höhendifferenz zwischen Einblicköffnung und Indexspiegel. Bei Gestirnen und entfernten Landmarken kann diese Parallaxe aber vernachlässigt werden.) Um wie in der Zeichnung einen Winkel von 30 Grad zu messen, wird mit der Alhidade der Indexspiegel gegenüber dem Horizontspiegel gedreht. Wegen des Spiegelgesetzes Einfallswinkel = Reflexionswinkel ist der Einfallswinkel doppelt so groß wie der Schwenkwinkel der Alhidade. Auf der Skala wird deshalb der jeweils doppelte Wert angebracht. Deshalb genügt auch ein 60° großer Gradbogen für einen Messbereich von +100 bis −20 Grad.

[Bearbeiten] Handhabung

Messung des Sonnenunterrandes
Messung des Sonnenunterrandes

Bei der Höhenmessung von Gestirnen wird mit dem Fernrohr durch den Horizontspiegel hindurch der Horizont angepeilt. Bei der Ausführung als Halbspiegel ist in der linken Hälfte des Blickfeldes der Horizont zu sehen, auf der rechten Seite der Horizontspiegel mit dem Bild des Indexspiegels. Moderne Sextanten mit Vollsichtspiegel ermöglichen es, den Horizont über die gesamte Breite des Blickfeldes zu sehen. Die Alhidade wird solange verstellt, bis das gespiegelte Bild des Himmelskörpers im Horizontspiegel sichtbar ist und sich auf gleicher Höhe mit dem Zielpunkt befindet. Für die astronomische Navigation wird bei Sternen der Winkel zwischen Stern und Horizont gemessen, also Horizont und Stern im Spiegel zur Deckung gebracht. Im Fall des Mondes oder der Sonne wird hierfür die Ober- oder Unterkante herangezogen. Die Alhidade muss so eingestellt werden, dass das Objekt (im Beispiel der Sonnenunterrand) am untersten Punkt den Horizont gerade berührt. Voraussetzung für eine verwertbare Messung ist eine exakt lotrechte Haltung des Sextanten. Man schwenkt dazu den Sextanten gering um die geschätzte Lotrechte und justiert die Alhidade solange, bis man den kleinsten Winkel zwischen Horizont und Objekt erhält. Bevor der gemessene Winkel zur Navigation verwendet werden kann, sind noch mehrere rechnerische Korrekturen erforderlich, u. a. für die Verfälschung der Gestirnshöhe durch atmosphärische Lichtbrechung, die Differenz zwischen Horizont und Waagerechte (abhängig von der Beobachtungshöhe), die Differenz zwischen Gestirnsober- oder unterkante zur Mitte und für (vorher zu bestimmende) Gerätefehler. Bei der Verwendung in terrestrischer Navigation wird der Sextant analog verwendet, dann jedoch manchmal auch waagerecht gehalten, wenn die Horizontalwinkel zwischen drei der Position nach bekannten Landmarken gemessen werden. Zur Abstandsberechnung durch Messung von Höhenwinkeln an bekannten Bauwerken, z. B. Leuchttürmen, deren genaue Höhe man einem Leuchtfeuerverzeichnis entnehmen kann, wird der Sextant senkrecht gehalten.

[Bearbeiten] Genauigkeit

Schon zu Zeiten der Segelschifffahrt hatten Sextanten eine Messgenauigkeit von etwa einer Bogenminute (1/60 Grad), was einer Positionsgenauigkeit von einer Seemeile entspricht. Moderne Sextanten können eine mechanische Genauigkeit von 10–20 Bogensekunden erreichen.

In der nautischen Praxis ist die Handhabung des Sextanten v. a. durch Wellengang erschwert, so dass die tatsächliche Messgenauigkeit selten besser als eine Bogenminute ist; unter schwierigen Bedingungen kann eine Messung mit einem Fehler von fünf Bogenminuten noch als gut gelten. In der Luftfahrt führt die hohe Geschwindigkeit des Flugzeugs zu Ungenauigkeiten, da sich das Flugzeug bereits während des Messvorgangs um einen Betrag bewegt, der über der Genauigkeit des Instruments liegt. Durch „Bracketing“ lässt sich dieser Fehler weitenteils eliminieren. Hier wird der gleiche Stern am Anfang und Ende der Beobachtungsreihe gemessen, um so einen Mittelwert zu gewinnen.

[Bearbeiten] Entwicklung

Sextant auf der 10-DM-Banknote
Sextant auf der 10-DM-Banknote

Das erste Konzept für ein Gerät zur Winkelmessung mit Hilfe von Spiegeln stammt von Isaac Newton, der seinen Entwurf 1700 an die Royal Society einreichte. Seine Skizzen blieben jedoch unbeachtet und wurden erst 1742, nach seinem Tod, veröffentlicht.

Um 1730 entwickelten unabhängig voneinander John Hadley (1682–1744), englischer Astronom und Mathematiker, und Thomas Godfrey (1704–1749), Optiker und Erfinder in den britischen Kolonien in Amerika, den Sextanten und reichten ihre Entwürfe an die Royal Society ein. Hadleys Konstruktion, damals ein Oktant, erwies sich als die zweckmäßigere und wurde der Vorläufer aller weiteren Sextanten. Beide Versionen galten aber als gleichwertig und so teilten sich beide Erfinder einen Preis, der für die genaue Positionsbestimmung auf See ausgesetzt worden war.

Die ersten Sextanten waren noch aus Holz gebaut. Auf See verzog sich das Holz durch die Luftfeuchtigkeit, so dass die Instrumente bald aus Metall gefertigt wurden. Der Sextant ist ein recht empfindliches Instrument. Eine kleine Verformung des Zeigers oder eine kleine Verstellung des Spiegels durch ein Fallenlassen kann zu einer falschen Positionsbestimmung führen, die um viele Kilometer neben der tatsächlichen Position liegt. Um sicher sein zu können, dass das Gerät nicht beschädigt ist, wurde ein Sextant in der Regel neu gekauft und nur selten aus der Hand gegeben. Neuere Instrumente lassen sich an den Halterungen der Spiegel justieren. Wichtig ist hier die exakte Parallelstellung der Spiegel zueinander sowie die rechtwinklige Anordnung zur Geräteebene sowie die Nullstellung.

Der Sextant ersetzte schnell den Jakobstab und das Astrolabium. Im Bereich der Landvermessung wurde er später vom Theodoliten abgelöst. Bei der Navigation auf See verlor der Sextant erst mit der Satellitennavigation (GPS) an Bedeutung. In der Luftfahrt war der Sextant nur kurze Zeit in Gebrauch und wurde bald durch Funknavigation, Trägheitsnavigation und Kreiselkompasse ersetzt, während heute oft Satellitennavigation zum Einsatz kommt.

Der auf der 10 DM-Banknote abgebildete Sextant – auf Basis eines Quintanten (144° Messbereich) der englischen Firma Troughton – ist von Carl Friedrich Gauß 1821 mit einem dritten Spiegel versehen worden, um ihn in der Landesvermessung als Sonnenspiegel (Licht-Scheinwerfer = Vize-Heliotrop) zur Sichtbarmachung von Vermessungspunkten zu verwenden.

[Bearbeiten] Siehe auch

Animation: Funktionsweise eines Sextanten
Animation: Funktionsweise eines Sextanten

[Bearbeiten] Literatur

  • Dag Pike: Der Sextant – Technik und Handhabung; Delius Klasing; 2004; ISBN 3768815595
  • Klaus Hünig: Der Sextant. Kartonbausatz für einen voll funktionstüchtigen Sextanten zur Einführung in die Astronavigation; Sunwatch Verlag; 2000; ISBN 3935364016
  • Dreyer, Franz Adrian: Winkelmessinstrumente. Vom 16. bis zum frühen 19. Jahrhundert. Berlin 1979
  • Cotter, Charles: A History of the Navigator`s Sextant. Glasgow 1983
  • Ifland, Peter: Taking the Stars: Celestial Navigation from Argonauts to Astronauts.. Newport News 1998
  • Estácio dos Reis, Antonio: Medir estrelas. Measuring Stars.. Lisboa 1997

[Bearbeiten] Weblinks

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