Soldatenkaiser
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Als Soldatenkaiser werden in der althistorischen Forschung oft die Kaiser bezeichnet, die im Zeitraum von 235 bis 285 die Macht im Römischen Reich ausübten. Vereinzelt werden auch die Kaiser der Jahre 180–235 (Commodus und die Severer) bzw. 285–305 (Diokletian) zu den Soldatenkaisern gezählt. Der Begriff wurde bereits im 19. Jahrhundert geprägt, aber insbesondere durch Franz Altheim (um 1940) populär gemacht.
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[Bearbeiten] Die Zeit der Soldatenkaiser
Der Beginn der Epoche, die gemeinhin als der letzte Abschnitt des Prinzipats gilt, wird meist auf 235 datiert, als nach dem Tod des Severus Alexander mit Maximinus Thrax ein Kaiser aus den Reihen der römischen Truppen in Gallien erhoben wurde. Ein gewisser Endpunkt dieser Entwicklung ist mit Diokletian 284 erreicht, der den chaotischen Zuständen ein Ende bereitete und eine grundlegende Neuordnung des römischen Staates vornahm, weshalb man mit dem Jahr 284 zumeist die Spätantike beginnen lässt. Diokletian konnte die in der Zeit der Soldatenkaiser aufkommende Inflation nicht beseitigen, obwohl er mit einem für das ganze Reich gültigen Höchstpreisedikt dagegen ankämpfte. Dieses half jedoch nicht, und 305 trat er, ganz dem von ihm begründeten Herrschaftssytem der Tetrarchie geschuldet, freiwillig zurück. Anschließend kam es zwar auch zur Erhebung von Kaisern aus den Reihen des Heeres, doch war die Zeit der Soldatenkaiser von einem raschen Wechsel der Kaiser geprägt. Dabei hatten die Herrscher durchaus unterschiedliche Hintergründe; nicht wenige von ihnen stammten (wie etwa Decius oder Gallienus) nach wie vor aus der senatorischen Oberschicht.
Es gelang den meisten Kaisern um 250 nicht, ihre Macht dauerhaft zu festigen. Vielmehr gab oft es mehrere Kaiser nebeneinander, die sich gegenseitig bekämpften und denen oft nur eine kurze Regierungszeit und (fast?) immer ein gewaltsamer Tod vergönnt war. Hinzu kam, dass das Reich von außen allenthalben bedrängt wurde: die Germanen im Norden und Nordosten, die Sassaniden im Osten griffen das Reich an und plünderten die Provinzen. Derweil sorgten zentrifugale Effekte um 260 dafür, dass ein Teil des Reiches sich von der Zentralmacht löste (Gallisches Sonderreich), während im Osten mehrere Provinzen von Palmyra erobert wurden. Zwar konnten diese Verluste unter Aurelian wieder rückgängig gemacht werden, sie verdeutlichen aber die strukturellen Schwächen des Imperiums in dieser Zeit, welches durch das Zusammenwirken all dieser Faktoren offenbar beinahe an den Rand des Zusammenbruchs getrieben wurde.
Als Charakteristikum dieser Epoche gilt der Verfall der Staatsmacht; allgemein wird oft von einer Krisenzeit gesprochen (Reichskrise des 3. Jahrhunderts), die erst Diokletian beenden konnte. Allerdings wurden in diesem Zeitraum auch wichtige Reformen durchgeführt, wie etwa in der Verwaltung (Teilung des Herrschaftsraumes). Diese waren das Fundament, auf welches sich in der Spätantike der römische Staat stützen sollte. Zudem darf man bei der Betrachtung der Zustände im dritten Jahrhundert die erheblichen regionalen Unterschiede nicht übersehen. Dass sich allerdings der Charakter des Kaisertums in dieser Zeit entscheidend wandelte, kann kaum bestritten werden – viele Elemente, die für die spätantiken Herrscher typisch werden sollten (so etwa die zunehmende religiöse Legitimation der Herrschaft oder das Mehrkaisertum), lassen sich auf die Soldatenkaiserzeit zurückführen.
[Bearbeiten] Liste der Soldatenkaiser
Kaiser | Vollständiger Name | Regierungszeit | Besonderheiten |
---|---|---|---|
Frühe Soldatenkaiser | |||
Maximinus Thrax | Gaius Iulius Verus Maximinus Thrax | 235–238 | erster Soldatenkaiser, von eigenen Truppen ermordet |
Magnus | (? Gaius Petronius) Magnus | 235 | Gegenkaiser, hingerichtet |
Quartinus | unbekannt | 235 | Gegenkaiser, ermordet |
Gordian I. | Marcus Antonius Gordianus Sempronianus Romanus Africanus | 238 | regierte nur 20 Tage lang, beging Selbstmord |
Gordian II. | Marcus Antonius Gordianus Sempronianus Romanus | 238 | regierte nur 20 Tage lang, gefallen |
Pupienus | Marcus Clodius Pupienus Maximus | 238 | regierte mit Balbinus, von den Prätorianern ermordet |
Balbinus | Decimus Caelius Calvinus Balbinus | 238 | regierte mit Pupienus, von den Prätorianern ermordet |
Gordian III. | Marcus Antonius Gordianus | 238–244 | starb auf ungeklärte Weise auf einem Persienfeldzug |
Sabinianus | (? Marcus Asinius) Sabinianus | 240 | Gegenkaiser in Africa, vermutlich hingerichtet |
Philippus Arabs | Marcus Iulius Philippus | 244–249 | beging die Tausendjahrfeier Roms, gefallen |
Philippus Caesar | Marcus Iulius Severus Philippus | 247–249 | Sohn und Mitkaiser des Philippus Arabs, ermordet |
Iotapianus | Marcus F(ulvius?) Ru(fus?) Iotapianus | 248 | Gegenkaiser im Osten, von eigenen Truppen getötet |
Pacatianus | Tiberius Claudius Marinus Pacatianus | 249 | Gegenkaiser an der Donau, von eigenen Truppen ermordet |
Silbannacus | Mar. Silbannacus | unklar | Gegenkaiser in Germanien, von Decius besiegt |
Sponsianus | unbekannt | unklar | Gegenkaiser, nur von Münzfunden bekannt |
Decius | Gaius Messius Quintus Traianus Decius | 249–251 | fiel im Kampf gegen die Goten |
Priscus | Gaius Iulius Priscus | 249–252 | Gegenkaiser im Osten, Bruder des Philippus Arabs |
Licinianus | Iulius Valens Licinianus | 250 | vom Senat unterstützter Gegenkaiser |
Herennius Etruscus | Quintus Herennius Etruscus Messius Decius | 251 | Sohn und Mitkaiser des Decius, gefallen |
Hostilian | Gaius Valens Hostilianus Messius Quintus | 251 | Sohn und Mitkaiser des Decius, starb an der Pest |
Trebonianus Gallus | Gaius Vibius Trebonianus Gallus | 251–253 | von eigenen Truppen ermordet |
Volusianus | Gaius Vibius Afinius Gallus Veldumnianus Volusianus | 251–253 | Mitkaiser seines Vaters Trebonianus Gallus, gefallen |
Aemilianus | Marcus Aemilius Aemilianus | 253 | von eigenen Truppen ermordet |
Valerian | Publius Licinius Valerianus | 253–260 | wurde von den Sassaniden gefangen genommen |
Uranius Antoninus | Lucius Iulius Aurelius Sulpicius Uranius Antoninus | 253/254 | Gegenkaiser in Syrien |
Mareades | unbekannt | unklar | Gegenkaiser im Osten, hingerichtet |
Gallienus | Publius Licinius Egnatius Gallienus | 253–268 | von Offizieren ermordet |
Ingenuus | unbekannt | 260 | Gegenkaiser in Pannonien, Todesursache unklar |
Regalianus | Publius C(assius?) Regalianus | 260 | Gegenkaiser an der Donau, von eigenen Truppen getötet |
Macrianus Minor | Titus Fulvius Iunius Macrianus | 260/261 | Gegenkaiser im Osten, gefallen |
Quietus | Titus Fulvius Iunius Quietus | 260/261 | Gegenkaiser im Osten, von der Bevölkerung getötet |
Ballista | Callistus | 261 | Unterstützer der Macriani, von Odaenathus ermordet |
Piso | Calpurnius Piso Frugi | 261 | Gegenkaiser, von den Truppen des Valens Thessalonicus getötet |
Valens Thessalonicus | Valens Thessalonicus | 261 | Gegenkaiser in Griechenland, von eigenen Truppen getötet |
Memor | unbekannt | 261/262 | Unterstützer der Macriani, hingerichtet |
Mussius Aemilianus | Lucius Mussius Aemilianus | 261/262 | Unterstützer der Macriani, hingerichtet |
Aureolus | unbekannt | 268 | Gegenkaiser in Mailand, von den Prätorianern getötet |
Celsus | unbekannt | unklar | Gegenkaiser in Africa, möglicherweise fiktiv |
Trebellianus | unbekannt | unklar | Gegenkaiser in Kleinasien, möglicherweise fiktiv |
Kaiser des Imperium Galliarum | |||
Postumus | Marcus Cassianus Latinius Postumus | 260–269 | von eigenen Truppen ermordet |
Laelianus | Ulpius Cornelius Laelianus | 269 | Gegenkaiser, von eigenen Truppen getötet |
Marius | Marcus Aurelius Marius | 269 | von einem Soldaten ermordet |
Victorinus | Marcus Piav(v)onius Victorinus | 269–271 | verlor Spanien, von einem Offizier ermordet |
Domitianus | unbekannt | 271 | für wenige Tage Gegenkaiser |
Tetricus I. | Gaius Pius Esuvius Tetricus | 271–274 | von Aurelian besiegt und abgesetzt |
Tetricus II. | Gaius Pius Esuvius Tetricus | 273–274 | Mitkaiser seines Vaters Tetricus I. |
Späte Soldatenkaiser | |||
Claudius Gothicus | Marcus Aurelius Claudius Gothicus | 268–270 | schlug die Goten, starb an der Pest |
Censorinus | unbekannt | 269/270 | Gegenkaiser, möglicherweise fiktiv |
Quintillus | Marcus Aurelius Claudius Quintillus | 270 | beging nach 77 Tagen im Amt Selbstmord |
Aurelian | Lucius Domitius Aurelianus | 270–275 | stellte die Reichseinheit wieder her, ermordet |
Vaballathus | Lucius Iulius Aurelius Septimius Vaballathus Athenodorus | 270–272 | Gegenkaiser im Osten, Sohn der Zenobia |
Felicissimus | unbekannt | 271 | Gegenkaiser in Rom, im Kampf gefallen |
Septimius | unbekannt | 271 | Gegenkaiser in Dalmatien, von eigenen Truppen getötet |
Urbanus | unbekannt | 271/272 | Gegenkaiser, von Truppen Aurelians getötet |
Firmus | unbekannt | 272 | Unterstützer der Zenobia, hingerichtet |
Tacitus | Marcus Claudius Tacitus | 275/276 | schlug die Goten, Todesursache ist unklar |
Florianus | Marcus Annius Florianus | 276 | Bruder des Tacitus, von eigenen Truppen ermordet |
Probus | Marcus Aurelius Probus | 276–282 | von unzufriedenen Soldaten ermordet |
Saturninus | Iulius Saturninus | 280 | Gegenkaiser in Ägypten, von eigenen Truppen ermordet |
Bonosus | unbekannt | 281 | Gegenkaiser am Rhein, beging Selbstmord |
Proculus | unbekannt | 281 | Gegenkaiser in Gallien, hingerichtet |
Carus | Marcus Aurelius Carus | 282/283 | auf Persienfeldzug vom Blitz getroffen |
Carinus | Marcus Aurelius Carinus | 283–285 | von einem Offizier ermordet |
Numerian | Marcus Aurelius Numerius Numerianus | 283/284 | Mitkaiser, vom Prätorianerpräfekten ermordet |
Sabinus Julianus | Marcus Aurelius Sabinus Iulianus | 284/285 | Gegenkaiser in Italien, wohl gefallen |
Kaiser | Vollständiger Name | Regierungszeit | Besonderheiten |
[Bearbeiten] Literatur
- Andreas Alföldi: Studien zur Geschichte der Weltkrise des 3. Jahrhunderts nach Christus. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1967.
- Felix Hartmann: Herrscherwechsel und Reichskrise. Untersuchungen zu den Ursachen und Konsequenzen der Herrscherwechsel im Imperium Romanum der Soldatenkaiserzeit (3. Jh. n. Chr.). Lang, Frankfurt/Main 1982, ISBN 3-8204-6195-7.
- Udo Hartmann u.a. (Hgg.): Deleto paene imperio Romano. Transformationsprozesse des Römischen Reiches im 3. Jahrhundert und ihre Rezeption in der Neuzeit. Steiner, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-515-08941-8.
Sammlung aktueller Aufsätze von internationalen Fachleuten. - Michael Sommer: Die Soldatenkaiser. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2004 (Geschichte kompakt), ISBN 3-534-17477-1.
Knappe und informative Einführung. Gerade, aber nicht nur, für Laien zu empfehlen. - Karl Strobel: Das Imperium Romanum im „3. Jahrhundert“. Modell einer historischen Krise?. Steiner, Stuttgart 1993, ISBN 3-515-05662-9.
- Gerold Walser, Thomas Pekáry: Die Krise des römischen Reiches. de Gruyter, Berlin 1962.
Eine nur für Experten zu empfehlende Sammlung von Detailstudien. - Christian Witschel: Krise-Rezession-Stagnation? Der Westen des römischen Reiches im dritten Jahrhundert n. Chr. Clauss, Frankfurt/Main 1999, ISBN 3-934040-01-2.