Steintor (Rostock)
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Das Steintor ist ein 1279 im gotischen Baustil errichtetes, an der Südseite Rostocks gelegenes Stadttor. Es gehörte neben dem Kröpeliner Tor, dem Petri- und Mühlentor zu den 4 Haupttoren der Stadt und war Teil der 22 zum einstigen Mauerring gehörenden Tore.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Geschichte des Tors
[Bearbeiten] Das erste Tor
Schon bald löste das 1279 gebaute Tor das etwas weiter östlich gelegene Kuhtor als Hauptportal der Stadt ab, was es das ganze Mittelalter über blieb. Wahrscheinlich ist, dass es in seiner Größe dem frühen Kröpeliner Tor glich, das zur gleichen Zeit entstand. Es wurde gebaut im Zuge der Errichtung einer Befestigung der Stadt Rostock mit einer Mauer, Türmen und Toren, nachdem sich die drei ursprünglichen Stadkerne 1265 vereinten. Das Steintor führt bis heute über die Steinstraße direkt auf den Neuen Markt, der seit der Vereinigung das Zentrum der Stadt ist und an dem sich sowohl das Rathaus als auch die Marienkirche befinden. Die Fürsten konnten auf dieser für sie gepflasterten (steinernen) Straße ohne Umwege in die Stadt einreiten.
In seiner ursprünglichen Form stand das Steintor aber nur knapp 300 Jahre. Bei Auseinandersetzungen Rostocks mit Schwerin 1565 ging es unter anderem um die Einführung einer Bieraktie zugunsten der Herzöge. Johann Albrecht I. zog mit 500 Reitern, nachdem Rostock ihm den formalen Huldigungseid verweigerte, durch das Steintor in die Stadt und ließ 1566 das Steintor, dessen Vortor, der Zwingerhof mit seinem Tor, den Teil der Stadtmauer vom Wiekhaus am Dominikanerkloster bis zum Kuhtor und den "Turm auf dem Rammelsberg", den Vorgänger des heutigen Lagebuschturms (bzw. Fangelturms) mit Wällen, Gräben und Brücken, und auch Teile der Ost- und Südseite des Klosters schleifen, um aus diesen Steinen eine Festung im heutigen Rosengarten zu bauen. Wahrscheinlich aber auch, um die Stadt während seiner Abwesenheit zu kontrollieren und sie trotzdem ständig betreten zu können. Erst der Erste Rostocker Erbvertrag vom 21. September 1573, in dem den Landesfürsten die Erbherrschaft über die Stadt für Jahrhunderte garantiert wurde, Rostock sich also auf lange Zeit band, und sie außerdem als höchste Richter anerkannt wurden, beendete den Konflikt.
[Bearbeiten] Das zweite Tor
Nachdem die Bürger sich vom Herzog das Recht dazu erkauften, schliffen sie im folgenden Frühjahr die Festung. Von 1574 bis 1577 erfolgte dann außerdem der teure Wiederaufbau der Mauer, sowie des Lagebuschturms und auch des Steintors im Stil der niederländischen Renaissance. Eine Seltenheit für diesen Zeitraum ist, dass sich die verantwortlichen Bauleute für den Neubau direkt nachvollziehen lassen. So entstand das Tor unter der Leitung von Antonius Wahrholt, weiterhin beteiligt waren der Bildhauer Hans Borgloh, der Meister der Zimmerleute war Hinrich Kate, der für die Erdarbeiten der Wallmeister Otto.
In der Darstellung des Tors auf der Vicke-Schorler-Rolle ist seine damalige Form zu sehen. Die Ädikula über dem Tordurchgang geht dort über die ganze Breite des Gebäudes. In Schorlers Darstellung befinden sich im Gegensatz zu heute auch Kartuschen neben den wappentragenden Löwen. In der linken steht der Text: Wer Gott vertrawt hat wohl gebawt. (nach dem Anfang eines Chorals von Joachim Magdeburg, 1572), in der linken Durch stilsein und hoffen werdet ihr sterck. (nach Jesaja 30,15). Auch die Inschrift unter den Wappen unterscheidet sich etwas zu der heutigen - wenngleich die Bedeutungen sich nicht wesentlich unterscheiden. Beide beziehen sich direkt auf den Konflikt mit dem Herzog, der zum Abbruch des alten Tores geführt hatte. Bei Schorler heißt sie: Dominus confortet seras portarum et benedicat / filiis tuis. Intra te concordia, publica felicitas perpetua. (Der Herr stärke die Riegel deiner Tore und segne deine Kinder in dir. Es herrsche in dir Eintracht und öffentliches Wohlergehen.) Der erste Teil ist die Umformung einer Aussage in eine Bitte von Psalm 147,13 der Bibel, wo es heißt: Quoniam confortavit seras portarum tuarum; benedixit filiis tuis in te. (nach Luther: Denn er (Jahwe) macht fest die Riegel deiner (Jerusalems) Tore, und segnet deine Kinder in deiner Mitte.) In der Zeile darunter steht in Schorlers Darstellung: Gemeiner Fried ein schoner stand, dadurch erhelt man stadt und land. Man kann annehmen, dass dieser Teil von Schorler zusätzlich eingefügt worden war. In der heutigen Fassung lautet die Inschrift des Tors einfach: Sit intra te concordia et publica felicitas (In deinen Mauern herrsche Eintracht und allgemeines Wohlergehen.)
Auf der Darstellung Schorlers besteht das Dach auch noch aus Schindeln anstatt aus Schiefer.
Die Feldseite trägt ganz bewusst nur in einem kleinen Rechteck das Stadt- und Landeswappen. Außerdem sind die Steine für das Fallgitter und die Schießscharten zu sehen. Diese Schlichtheit auf der der Stadt abgewandten Seite bedeutete Wehrhaftigkeit und demonstrierte Stärke. Reichtum dagegen wurde auf der Stadtseite dargestellt. Zwei Löwen tragen dort drei historische Wappen: das Wappen mit dem Greifen (Wappen der Fürsten), eines mit dem Stierkopf (das große Stadtsiegel) und den dreifarbigen Schild mit Greif (das hanseatische Stadtwappen). Darunter der Wahlspruch der Stadt.
Zur Feldseite des Tores stand außerdem der Zwinger, ein breiter Rundturm, der 1849 abgetragen wurde. Darüber hinaus hatte das Tor lange eine direkte Verbindung zur Stadtmauer, die wegen des Straßenverlaufs nicht erhalten wurde. Eine umfangreiche Restaurierung des Gebäudes war erst nach den Zerstörungen durch das Bombardement der Alliierten 1942 notwendig. Sie erfolgte von 1950-1954 durch den Baumeister Grützmacher. 2005 wurde die fehlende Verbindung zur Stadtmauer symbolisch durch zwölf nachts grün-leuchtende Stelen an der Ostseite wiederhergestellt.
[Bearbeiten] Siehe auch
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[Bearbeiten] Literatur
- Lorenz, A.F.: Zur Geschichte der Rostocker Stadtbefestigung (Ein Rekonstruktionsversuch)
- Horst Witt (Hrsg.): Die wahrhaftige „Abcontrafactur“ der See- und Hansestadt Rostock des Krämers Vicke Schorler. Rostock 1989. (ISBN 3356001752)
Die 22 Tore (Haupttore kursiv): Badstübertor | Bramower Tor (Grünes Tor) | Burgwalltor | Faules Tor (Altes Tor) | Fischertor | Gerbertor | Grapengießertor | Grubentor (Heringstor, Lazarethor) | Koßfelder Tor | Kröpeliner Tor | Kuhtor | Kütertor | Lagertor | Mönchentor | Petritor | Mühlentor | Schwaansches Tor | Schnickmannstor | Steintor | Wendentor | Wokrentertor
Die Türme: Bußebahrturm (Bußebartturm) | Gefangenenturm auf dem Rammelsberg | Geschützgießerturm (Blauer Turm) | Kaiserturm | Kuhturm (Schweinehirtenturm) | Lagebuschturm | Pulverturm | Zwinger
Weitere: Gärberpforte | Kuhpforte | Küterpforte | Wasserkunst
Koordinaten: 54° 5′ 11" n. Br., 12° 8′ 27" ö. L.