Stiftung Warentest
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Die Stiftung Warentest ist eine deutsche Verbraucherschutzorganisation, die mit dem Anspruch der Unabhängigkeit Waren und Dienstleistungen verschiedener Anbieter untersucht und vergleicht.
Sie wurde nach jahrelangen Diskussionen durch einen Beschluss der Bundesregierung vom 16. September 1964 (der Bundestag stimmte am 4. Dezember zu) als selbstständige, rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts gegründet.
Ihren Sitz hat sie seit ihrer Gründung in Berlin-Tiergarten. Sie beschäftigt rund 280 Mitarbeiter.
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[Bearbeiten] Aufgaben und Bedeutung
Zu ihren Aufgaben zählt einerseits der Vergleich von objektivierbaren Merkmalen des Nutzwertes, Gebrauchswertes und der Umweltverträglichkeit, andererseits die Aufklärung des Verbrauchers über wirtschaftliche Haushaltsführung sowie gesundheits- und umweltbewusstes Verhalten.
Durch den hohen Bekanntheitsgrad hat die Stiftung mit ihren Bewertungen einen signifikanten Einfluss auf das Kaufverhalten der Verbraucher. Gute Bewertungen der Stiftung Warentest nehmen oft einen prominenten Platz in der Produktwerbung oder auf Verpackungen ein. Andererseits führen schlechte Bewertungen immer wieder zu Schadensersatzklagen durch die Hersteller – nach Angaben der Stiftung durchschnittlich zehnmal jährlich, wobei sie die meisten davon gewonnen hat und noch nie rechtskräftig zu Schadenersatz verurteilt wurde.
Die Stiftung Warentest finanziert sich durch den Verkauf ihrer Zeitschriften „test“ (Auflage: 580.000 Exemplare) und „FINANZtest“ (274.000), den Verkauf von Büchern und Sonderpublikationen sowie durch Downloaderlöse für "komplett und interaktiv" aufbereitete Testergebnisse im Internet unter www.test.de und durch Bundesmittel. Im Jahr 2005 lagen die Verkaufserlöse bei rund 40,6 Millionen Euro. Dazu kamen 6,5 Millionen Euro vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Diese sollen als Ausgleich dafür dienen, dass keine Einnahmen durch Werbeanzeigen in ihren Publikationen erzielt werden dürfen, da diese Anzeigen die Stiftung in ein Abhängigkeitsverhältnis zu einem Anbieter bringen könnten.
Die monatliche Zeitschrift Öko-Test ist, trotz der Namensähnlichkeit, keine Publikation der Stiftung Warentest.
[Bearbeiten] Testarbeit
Die Stiftung Warentest führt jährlich über 200 vergleichende Warentests und Dienstleistungsuntersuchungen aus fast allen Bereichen des täglichen Lebens durch. Darüber hinaus werden für die Rubrik Neu auf dem Markt neuartige Produkte untersucht und veröffentlicht. Seit 2002 werden wöchentlich Aktionswareangebote vorwiegend von Lebensmitteldiscountern untersucht und zeitnah online veröffentlicht. Seit 2004 werden bei ausgewählten Tests auch Aspekte der sozialen Unternehmensverantwortung (Corporate Social Responsibility, CSR) bei den Untersuchungen berücksichtigt. Unter der Rubrik Medikamente im Test finden sich Informationen zu über 9000 Arzneimitteln und 175 Anwendungsgebieten.
Die Stiftung Warentest beschäftigt Marktforscher und wissenschaftliche Mitarbeiter, die für die Marktauswahl und die Durchführung der Tests verantwortlich sind. Jedes Untersuchungsvorhaben wird mit dem Kuratorium abgestimmt und in einem Fachbeirat mit externen Vertretern der Verbraucher, der anbietenden Wirtschaft und neutralen Sachverständigen diskutiert. Die Untersuchungen werden nicht durch Mitarbeiter der Stiftung Warentest durchgeführt, sondern weltweit an externe, neutrale Prüfinstitute vergeben. Die Prüfmuster werden anonym im Handel erworben und nicht als Vorserienmodelle oder Prototypen von den Anbietern zur Verfügung gestellt. Die objektiven Prüfergebnisse werden nach der Prüfung und Auswertung durch die Stiftung Warentest und vor der Veröffentlichung an die Anbieter zur Kontrolle und Stellungnahme übermittelt. Redakteure bringen die Testergebnisse in eine lesbare Form. Eine Reihe von Verifizierern ist damit betraut, die Übereinstimmung der Veröffentlichungen mit den Testergebnissen zu überwachen. Neben objektiven Messungen und Erhebungen werden auch häufig subjektive Urteile von geeigneten Testpersonen in die Bewertung von Produkten einbezogen (Konsumentenbefragung).
Die mehr als 2.000 Produkte, welche jedes Jahr für die Tests gekauft werden, kommen, wenn sie das Testverfahren ohne Mängel überstanden haben, viermal jährlich in Berlin zur Versteigerung.
Bisher untersuchte die Stiftung in etwa 4.100 Tests über 76.000 Produkte und dazu mehr als 1.300 Dienstleistungen(Stand: Juni 2006).
[Bearbeiten] Organisation
Die Stiftung Warentest ist satzungsgemäß mit drei Organen ausgestattet. Der Vorstand ist im Augenblick der Alleinvorstand Werner Brinkmann. Sein Vorgänger war bis 1994 Roland Hüttenrauch (1928 - 2006). Der Vorstand wird von einem siebenköpfigen Verwaltungsrat berufen und in seiner Tätigkeit überwacht. Vorstand und Verwaltungsrat werden vom 18-köpfigen Kuratorium in allen grundsätzlichen Fragen beraten. Die Stiftung Warentest gliedert sich in die drei Bereiche Untersuchungen, Publikationen und Marketing und Vertrieb und ferner in die Pressestelle und die Abteilungen Grundsatzfragen, Internationales und Leserservice, Controlling und Finanzen, EDV und Innerer Dienst, Recht und Personal und Weiterbildungstests.
[Bearbeiten] Testergebnisse auf www.test.de
Die Webseite der Stiftung Warentest enthält alle Testergebnisse der Stiftung zurückgehend bis Anfang 2000. Dazu aktuelle Meldungen (Rückrufaktionen z. B. von Akkus, neue Gerichtsurteile, Produkte, Tarife und Angebote, Tests von Aktionsware), umfangreiche online-Specials, interaktive Rechner und von 8-10 Tests pro Monat eine kostenlose Kurzfassung mit Ergebnistabellen. Darüber hinaus existieren alle Tests unter der Rubrik komplett+interaktiv in einer interaktiv aufbereiteten Form. So können User unter Mein Urteil die Gewichtung der einzelnen Prüfpunkte nach ihren Bedürfnissen ändern und sich so einen "individuellen Testsieger" ermitteln. Der Abruf dieser Detailergebnisse kostet zwischen 50 Cent und maximal 3 Euro.
Dass die Stiftung Warentest diese Tests im Internet verkauft, hat mehrere Gründe:
- 1. www.test.de ist - wie alle anderen Publikationen der Stiftung - werbefrei. Anzeigeerlöse fallen damit als Finanzierung aus.
- 2. Die Stiftung kauft die Testgüter anonym im Handel und lässt sie sich nicht kostenlos von den Anbietern zur Verfügung stellen.
- 3. Der staatliche Zuschuss, der ursprünglich mit der Begründung gewährt wurde, ein Ausgleich zur Werbefreiheit darzustellen, beträgt mit 6,5 Mio. Euro nur gut 10 Prozent des Gesamtetats der Stiftung. Zum Vergleich: Andere Verlage erzielen rund 2/3 ihres Umsatzes mit Anzeigeerlösen.
[Bearbeiten] Mitarbeit bei anderen Institutionen
Internationale Gemeinschaftstests werden in der Regel mit der Dachorganisation International Consumers Research and Testing (ICRT) in London und meist unter der Federführung der Stiftung Warentest durchgeführt. Zu den größten Partnerorganisationen gehören neben der Stiftung Warentest:
- Consumers Union in Yonkers, Vereinigte Staaten von Amerika
- Which? in London, Großbritannien
- Consumentenbond in Den Haag, Niederlande
- Union Fédérale des Consommateurs in Paris, Frankreich
- Verbruikersunie / EuroConsumer in Brüssel, Belgien
Die Stiftung Warentest kooperiert weiterhin mit den folgenden Organisationen:
- Bureau Européen des Unions de Consommateurs (BEUC), Brüssel
- Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Berlin
- Consumers International (CI)
- Stiftung Verbraucherzentralen für unabhängige Qualitätsprüfungen beim Russischen Verbraucherverband
- Deutsches Institut für Normung (DIN), Berlin
- Deutsche Kommission für Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (DKE), Frankfurt am Main
- Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission
- Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
- Versicherungsombudsmann
- Europäische Agentur für Netz-und Informationssicherheit (ENISA), Kreta
- RAL Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung, Sankt Augustin
- Umweltbundesamt (UBA), Dessau
- Verein für Konsumenteninformation (VKI), Wien
[Bearbeiten] Kritik
Die Aufbereitung der Testergebnisse zur Veröffentlichung ist oftmals wenig aussagekräftig. Sie bestehen vorwiegend aus einer großen einführenden Grafik, Produktfotos und einer großen Tabelle. Erklärungen, Testverfahren und Bewertungsgrundlage sind vielfach stark verkürzt oder nicht vorhanden. Die Auswahl und Gewichtung der einzelnen Testparameter wird willkürlich getroffen, daher ist man darauf angewiesen, den angegebenen tabellarischen Angaben zu vertrauen oder sie nach eigenem Ermessen abweichend zu wichten.
Für den Konsumenten sind die Produkttests oft nicht handlungsleitend einsetzbar aus verschiedenen Gründen:
- Meist wird nur ein sehr kleiner Marktausschnitt in einem Test behandelt. Für den Konsumenten stellt sich dabei das Problem, dass oft gängige bekannte attraktive Alternativprodukte fehlen in der Bewertung. Auch wenn der Test jährlich wiederholt wird, hilft der Blick in ältere vorherige Tests wenig, weil auch in der Vergangenheit der behandelte Marktausschnitt klein war.
- Der Text zum Test erstreckt sich meist nur auf ein bis zwei DIN A4-Seiten (wenn Fotos, Grafiken, Tabellen usw. herausgerechnet werden). In diesem relativ kurzem Text kann nicht die Produktvielfalt dargestellt werden die im Geschäft anzutreffen ist. Der Konsument kann im Regelfall daher die Tests nur zur Themeneinführung nutzen und ist gezwungen weitere eigene Recherchen durchzuführen oder auf die Vor-Ort-Beratung zu vertrauen.
[Bearbeiten] Literatur
- 40 Jahre Stiftung Warentest, Dezember 2004, Berlin
- Jahresbericht 2005, Stiftung Warentest, Berlin, ISSN 1617-9501
- Stiftung Warentest - Ein Rückblick 1964-2002, Dr. Hans-Dieter Lösenbeck, ISBN 3-931908-76-3]
[Bearbeiten] Weblinks
- www.test.de - Webseite der Stiftung Warentest
- „Die Qualität ist wichtiger als der Preis“, Tagesspiegel, 15. Dezember 2006, Interview mit Stiftungsvorstand Dr. Brinkmann