Stumpfer Turm
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Der Stumpfe Turm ist ein freistehender Glockenturm, der heute zur evangelisch-reformierten Pfarrkirche St. Johann in Lemgo gehört.
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[Bearbeiten] Geschichte
Zur Zeit der Stadtgründung Lemgos durch Bernhard zur Lippe im 11. Jahrhundert wurde auch mit dem Bau der ersten Kirche begonnen; sie war als Taufkirche St. Johannis extra muros („vor den Stadtmauern“) geweiht. Es war eine Kirche, in der ursprünglich der Bischof die Taufe vollzog. Durch die Zerstörung der Kirche im Jahre 1638 blieb nur noch der Turm erhalten. Er steht inmitten eines stimmungsvollen Friedhofes, dort, wo unzählige Bauerngeschlechter der Umgebung gebettet liegen, die einst zur Johannispfarrei gehörten. Von ihnen berichten die zahlreichen wuchtigen Grabsteine aus dem 17. und 18. Jahrhundert.
Der Turm mit seinen spärlichen Schlitzen und Schalllöchern erinnert an einen Wehrturm. Anstelle des ehemaligen Helms trägt er ein schlichtes Ziegeldach; daher auch die Bezeichnung Stumpfer Turm.
[Bearbeiten] Geläut
[Bearbeiten] Bedeutung
Im zweifäldrigen Holzglockenstuhl hängt die älteste datierte Glocke in Lippe, die nun schon seit über 600 Jahren mit ihrem weichen Klang die Glieder der Gemeinde zum Gottesdienst ruft und auf ihrem letzten Gang begleitet. Die alte Glocke zählt aber auch zu den ältesten datierten Glocken in Westfalen. Klanglich gesehen gilt sie als frühes Beispiel für Glocken in Oktavrippe. Zwei weitere Glocken dieser Art sind die Nicolaiglocke (es‘, 13. Jh.) in St. Nicolai zu Lippstadt und die Betglocke (es‘, 13. Jh.) in der Lemgoer Nicolaikirche. Eine „nahe Verwandte“ hängt in der ref. Nicolauskirche zu Lemgo-Brake, da diese sehr ähnliche Verzierungen und als Gießerzeichen ebenfalls eine „g“-Minuskel aufweist; sie soll um 1400 entstanden sein.
Als Ersatz für die große Glocke, die im 1. Weltkrieg abgeliefert wurde, wurde 1962 die Gussstahlglocke angeschafft.
[Bearbeiten] Daten
[Bearbeiten] Große Glocke (Nr. 1)
- Gussjahr: 1962
- Material: Gussstahl
- Gewicht: 1 800 kg
- Schlagton: d′
- Inschrift: CHRISTUS IST UNSER FRIEDE. 1962
[Bearbeiten] Kleine Glocke (Nr. 2)
- Gussdatum: 25. Mai 1398
- Material: Glockenbronze (78 % Kupfer, 22 % Zinn)
- Höhe: 1,25 m
- Durchmesser: 1,29 m
- Gewicht: 1 500 kg
- Schlagton: f ′
- Rippe: Oktavglocke
Äußere Gestaltung
- Mantel außen:
- 2 Gabelkruzifixe je 14,5 cm hoch
- 5 Münzabdrücke
- gotische Minuskel „g“, 4 × 6,5 cm hoch
- Hals: Zwischen zwei Strickbändern verlaufendes Schriftband
- Mantel innen: fadenförmiges Kreuz
- Inschrift:
- + AN° . Dm . M° . CCC° . XCVIII: DIE . VRBANI . M° . IHESUS . MARIA . IOHANNES
- („Im Jahre des HERRN 1398 am Tage des Märtyrers Urban; Jesus, Maria, Johannes.“)
[Bearbeiten] Läuteordnung
Jeden Samstag um 18.00 Uhr erklingen für 10 Minuten die Glocken des Stumpfen Turmes zusammen mit den drei übrigen evangelischen Stadtkirchen St. Nicolai, St. Marien und St. Pauli in Lemgo, um den kommenden Sonn- oder Feiertag einzuläuten.
Traditionell findet am Tag des Gottesdienstes das „Weckläuten“ von 9.00 bis 9.05 Uhr statt. Seit einigen Jahren führt dies an St. Johann fälschlicherweise die große Stahlglocke aus; seit jeher läutete die alte Glocke zu diesem Anlass.
Von 9.50 bis 10.00 Uhr laden schließlich die Glocken zum Gottesdienst. Zu Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen erklingen unterschiedslos beide Glocken.
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