Tourenwagen
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Als Tourenwagen bezeichnet man Personenkraftwagen aus Großserienproduktion, die in modifizierter Form zu Motorsport-Rennen eingesetzt werden. Sie müssen aber „zum normalen Verkauf an die Kundschaft bestimmt“ sein (Originaltext des ISG).
Ein gerne verwendetes Synonym ist Produktionswagen. Diese werden von den bekannten Autoherstellern in erster Linie für den Massenmarkt und die reguläre Teilnahme am Straßenverkehr in großen Stückzahlen gebaut. Mit den notwendigen Sicherheitseinrichtungen (Überrollkäfig, Feuerlöscher, ggf. Hosenträgergurte, Hauptschalter) können diese Autos im Motorsport eingesetzt werden, in einigen wenig riskanten Wettbewerben wie Automobil-Slalom und Gleichmäßigkeitsprüfungen (GLP) auch in unveränderter Form.
Wichtigste Grundlage für eine Anerkennung in den weiter unten genannten Fahrzeugklassen ist die von der FIA dokumentierte Homologation im FIA-Regelwerk.
Die Internationalen Fahrzeugklassen sind (beginnend mit den seriennächsten):
- Gruppe N,
- Gruppe SP (Super Production),
- Gruppe A,
- Gruppe B,
alle wiederum unterteilt nach Hubraum.
Zusätzlich gibt es in jedem Land nationale Fahrzeugklassen. In Deutschland sind das
- Gruppe G (seriennäher als Gr. N, unterteilt nach Leistungsgewicht),
- Gruppe F bzw. F-2005 (ungefähr wie Gr. A), und
- Gruppe H (freier als Gr. F).
Die Gruppen F und H werden wieder nach Hubraum eingeteilt. Wenn bei einem Auto Änderungen (Tuningmaßnahmen) durchgeführt (und im DMSB-Wagenpass deklariert!) wurden, die die erlaubten übersteigen, kann es vielfach in der nächsthöheren Gruppe gewertet werden.
GT-Fahrzeuge haben im Serienzustand nur zwei Sitze und zählen teils zu Kategorie I (Serienproduktionswagen, dann Gruppe B), als GT2/GT1 aber zu Kategorie II (Rennwagen). Die Letzteren nehmen an den populären internationalen Wettbewerben wie 24 Stunden von Le Mans teil.
Zusätzlich gibt es noch Spezialklassen wie Markenpokale, DMSB Gruppe 2 l und 1,8 l sowie die eindeutig den Rennwagen zuzuordnende Klasse 1. Diese fahren im Allgemeinen ohne Unterteilung. Möglich sind aber getrennte Wertungen für Vorjahresautos, Nachwuchsfahrer, „Prominente“ usw.
[Bearbeiten] Geschichte
Die erste Tourenwagen-Rallye Deutschlands wurde im Jahr 1905 von Sir Hubert von Herkomer organisiert. Diese sogenannten Herkomer-Konkurrenzen wurden bis 1907 ausgetragen und galten als Zuverlässigkeitsprüfungen für Automobile, wodurch dieser neue Sport in Deutschland populär wurde. Der Sieger der Rallye bekam den Herkomer-Preis verliehen, der von dem Künstler selbst kreiert und aus purem Sterlingsilber geschaffen war. Noch bis in die Gegenwart gilt diese 40 kg schwere Trophäe mit dem Siegerbildnis als der wertvollste private Automobilpreis der Welt.
Bis 1981 waren die viersitzigen Wagen im FIA-Regelwerk in die Gruppe 1, Gruppe 2 und Gruppe 5 (aufsteigende Tuningstufe) eingeteilt.
In den Sechziger- und Siebzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts war die wirklich große Zeit der Tourenwagenrennen. Dies entstand wegen der Konkurrenzsituation Alfa-Romeo (GTA, GTAm) zu BMW (1800 TISA, 1602, 2002) und Ford (Lotus Cortina, Escort Twin Cam) bei den Wagen bis zwei Liter Hubraum und BMW (CSL) zu Ford (Capri RS) bei den hubraumstärkeren Fahrzeugen. Es gab eine heiß umkämpfte und sehr populäre „Tourenwagen-Europameisterschaft“, deren spektakulärstes Rennen die 6 Stunden für Tourenwagen auf der Nürburgring-Nordschleife waren. Hier gelang es Hubert Hahne 1965 als erstem Fahrer, auf seinem Werks-BMW 1800 TI die Nordschleife im Rennen mit einem Tourenwagen unter 10 Minuten zu umrunden.
Durch die gemessen an heutigen Rennwagen relative Seriennähe konnten auch reine Privatteams noch konkurrenzfähig teilnehmen und zogen damit Zehntausende polarisierter Fans zu den Strecken. Dazu kam, dass zu dieser Zeit die Fahrerlager – und die Fahrer(!) – meist mehr oder weniger zugänglich waren. Man konnte durchaus am Nürburgring am Morgen des 6-Stunden-Rennens in der Gaststätte unter der Haupttribüne mit Rennstars am gleichen Tisch sitzen und sich unterhalten.
Darüber hinaus gab es noch die alte, sehr straßenähnliche Piste der Nordschleife ohne jegliche Auslaufzonen (bis 1973); und für einen Fahrer, der von der Strecke abkam, hieß es in der Regel „Hecke auf, Hecke zu“, und verschwunden war er. Aber es gab auch Bäume an der Strecke, die manchem zum Verhängnis wurden. Für die Zuschauer war die Nähe zur Piste naturgemäß ein starker Magnet und schon Tage vor dem Rennen sah man am Brünnchen Menschen in den Bäumen hocken, wo sie sich ihre „Logenplätze“ in den Ästen zimmerten.
Diverse „Ringschlachten“ sind legendär. Erinnert sei an Namen wie Hubert Hahne, Eugen Boehringer, Dieter Quester, Sir John Whitmore, Andrea de Adamich, Jacky Ickx, Jochen Mass und Hans-Joachim Stuck. Aber auch Peter Lindner (Jaguar Mk II) ist unvergessen, der 1964 mit seinem Jaguar E-Type in Montlhéry tödlich verunglückte. Er lieferte sich packende Duelle mit Eugen Boehringer auf Mercedes 300 SE.
In den 1980er Jahren wurde die DTM bzw. die Deutsche Tourenwagen Meisterschaft populär, in der seriennahe Fahrzeuge wie BMW M3, Mercedes 190, Ford Sierra, Opel Kadett, Audi V8 usw. eingesetzt wurden. Diese Autos hatten eine normale Blechkarosse, alle Änderungen mussten vorher genehmigt, (nach FIA Gruppe A homologiert) werden.
Ab 1993 wurden in der DTM jedoch sogenannte Klasse 1-Fahrzeuge eingesetzt, die nur äußerlich den Serienwagen glichen. Insbesondere bei der heutigen DTM handelt es sich um reinrassige Rennwagen, denen eine Plastikhülle aufgesetzt wurde. Für diese trifft die Definition des Artikels 251 im Anhang J des Internationalen Sportgesetzes (FIA) zu: „Ausschließlich zu Wettbewerbszwecken einzeln gebaute Fahrzeuge“.
Rennserien mit echten Tourenwagen, die auf Großserienautos mit selbsttragenden Blechkarosserien und seriennahen Motoren mit zwei Liter Hubraum basieren, sind z. B. seit 2001 die Tourenwagen Europameisterschaft und ab 2005 die Tourenwagen Weltmeisterschaft. Hier nehmen BMW, Alfa Romeo, Seat, Ford, Chevrolet und andere teil.
Im Breitensport werden auf der Nürburgring-Nordschleife in VLN, CHC und 24h Nürburgring eine Vielzahl von echten Tourenwagen aus der Großserienproduktion eingesetzt, da diese besonders als Gebrauchtfahrzeuge kostengünstig zu erwerben sind.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Prinz-Heinrich-Fahrt
- Deutsche Tourenwagen-Masters
- Super Tourenwagen Cup (STW)
- Eurosuperstars
- Markenpokal: Diese Autos fahren meist ohne Homologation. In den technischen Bestimmungen der Rennserie sind fast alle Daten detailliert festgelegt, so dass man von Chancengleichheit sprechen kann.