Vorritt
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Der Vorritt war ein Privileg des Oberlausitzer Lehnsadels, das diesem 1544 im Zusammenhang mit der Decisio Ferdinandea vom böhmischen König Ferdinand I. erteilt worden ist. Der König gestattete damit unter bestimmten Vorbedingungen den Verkauf von auf dem Fall stehenden Lehnsgütern.
Lehnsgüter durften ursprünglich nicht frei verkauft werden, sondern der Inhaber des Lehens brauchte dazu den Konsens des Lehnsherren. Insbesondere wenn ein Lehen auf dem Fall stand - das heißt, wenn der Inhaber keinen Erben hatte und das Gut bei seinem Tod an den Landesherren zurückfallen würde - war der Verkauf nicht gestattet.
Ferdinand I. gestand dem Oberlausitzer Adel eine Ausnahmeregelung zu: Wenn der Inhaber des Lehens seine körperliche Tüchtigkeit unter Beweis stellen konnte, durfte er das Lehen verkaufen, auch wenn er keine Erben hatte. Dazu musste er in voller militärischer Ausrüstung ohne Hilfe auf ein Pferd steigen und im Hof der Bautzener Ortenburg vor dem Landvogt umherreiten.
Der Vorritt wurde bis zum Ende des 18. Jahrhunderts kaum zehnmal durchgeführt. Das außergewöhnliche Schauspiel fand, wie die zeitgenössischen Berichte aussagen, jedes Mal unter großer Anteilnahme der Bautzener Bevölkerung und des in der Nähe wohnenden Adels statt.
[Bearbeiten] Literatur
- Knothe, Hermann: Urkundliche Grundlagen zu einer Rechtsgeschichte der Oberlausitz von älterer Zeit bis Mitte des 16. Jahrhunderts. In: Neues Lausitzisches Magazin 53(1877). S. 161-421.