Afrodeutsche
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Als Afrodeutsche werden Deutsche bezeichnet, die ganz oder teilweise schwarzafrikanischer Abstammung sind.
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[Bearbeiten] Begriffsherkunft und Bedeutung
Afrodeutsch ist eine von manchen Deutschen gewählte Selbstzuschreibung. Der Begriff ist jung und außer als Selbstbeschreibung noch wenig gebräuchlich. Er entstand in Anlehnung an die englischen Begriffe Afro-American bzw. African-American bzw. deren deutsche Übersetzung Afroamerikaner. Hintergrund war, dass der ältere Begriff "Neger" seit den 1980er Jahren zunehmend als nicht wertneutral gesehen wird und das noch ältere Mohr nicht mehr gebräuchlich ist. Vereinzelt lebten Menschen afrikanischer Herkunft schon vor der Ausbildung von Nationalstaaten in Deutschland. Der erste offiziell bekannte Afrodeutsche war Anton Wilhelm Amo.
Wie seine Vorbilder African American bzw. Afroamerikaner geht auch der Begriff afrodeutsch davon aus, dass die Betreffenden Teil einer afrikanischen Diaspora seien. Damit können sich allerdings vor allem Betroffene, deren Vorfahren nur zur Hälfte, zu einem Viertel oder noch weniger aus Afrika stammen, oft nicht identifizieren.
Die sich selbst als Afrodeutsche bezeichnende[1] Historikerin Katharina Oguntoye erklärt zu dem Begriff:
- Mit dem Begriff „afro-deutsch“ kann und soll es nicht um Abgrenzung nach Herkunft und Hautfarbe gehen, wissen wir doch allzu gut, was es heißt, unter Ausgrenzung zu leiden. Vielmehr wollen wir „afro-deutsch“ den herkömmlichen Behelfsbezeichnungen wie „Mischling“ oder „Farbige“ entgegensetzen, als einen Versuch, uns selbst zu bestimmen, statt bestimmt zu werden.[2]
Der Widerspruch besteht bei dieser Aussage jedoch darin, dass eine 'weiße' Person in der Regel nicht als „afrodeutsch“ akzeptiert wird. Hinzu kommt, dass auch der Begriff „schwarz“ zunächst von Nichtschwarzen verwendet wurde.
Afrodeutsche stammen teilweise vollständig von Einwanderern aus Afrika ab, teilweise sind sie oder ihre Vorfahren auch „Besatzungs-Kinder“ aus Beziehungen zwischen schwarzen US-amerikanischen oder französischen Soldaten und deutschen Frauen in den besetzten Teilen Deutschlands nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg.
Allerdings weckt der Begriff fälschlicherweise den Eindruck, dass Afrodeutsche afrikanischer Abstammung seien. Selbst die Vorfahren vieler Schwarzer sind jedoch schon vor Jahrzehnten oder Jahrhunderten aus Afrika in andere Länder ausgereist oder verschleppt worden. Außer für Personen, die sich ausdrücklich mit Afrika oder einer 'afrikanischen Diaspora' identifizieren, ist der Begriff „afrodeutsch“ daher abwegig.
[Bearbeiten] Berühmte Personen
Die berühmteste Person aus der Geschichte, die vor dem Hintergrund der o.g. Definition von Oguntoye und Ayim von Afrodeutschen als afrodeutsch bezeichnet, ist Anton Wilhelm Amo (um 1700–1754). Amo wurde an der Goldküste im heutigen Ghana geboren und wuchs im Hause des Herzogs von Wolfenbüttel auf. Er promovierte 1729 in der Medizin und wurde später Staatsrat der preußischen Krone.
Weitere bekannte Personen, die gelegentlich als Afrodeutsche bezeichnet werden, sind:
- Nadja Abd el Farrag, Fernsehmoderatorin
- Alberto Adriano, Mordopfer
- May Ayim, Dichterin
- Mola Adebisi, Fernsehmoderator
- Afrob, Rapper
- Bushido, Rapper
- Gerald Asamoah, Fußballspieler
- Karin Boyd, Schauspielerin
- Anthony Baffoe, Fußballspieler und Fernsehmoderator
- Liz Baffoe, Schauspielerin
- Carol Campbell, Schauspielerin
- Samy Deluxe, Rapper
- Pierre Geisensetter, Fernsehmoderator
- William "Jimmy" Hartwig, ehemaliger Fußballspieler, Sportreporter
- Charles M. Huber, Schauspieler (Der Alte)
- Fasia Jansen, Liedermacherin und Friedensaktivistin
- Günther Kaufmann, Schauspieler
- Arabella Kiesbauer, Fernsehmoderatorin
- Erwin Kostedde, ehemaliger Fußballspieler
- Hans-Jürgen Massaquoi, US-amerikanischer Journalist aus Hamburg
- Xavier Naidoo, Musiker
- David Odonkor, Fußballspieler
- Patrick Owomoyela, Fußballspieler
- Patrice, Musiker
- Pierre Sanoussi-Bliss, Schauspieler (Der Alte)
- Detlef Soost, auch D!, Tänzer und Tanztrainer
- Roberto Blanco, Sänger
- Nosliw, Reggaemusiker
- D-Flame, Rapper
- Denyo, Rapper
- B-Tight, Rapper
[Bearbeiten] Siehe auch
- Brothers Keepers
- Yes I am (Film)
- Afro-Lateinamerikaner
- Afroamerikaner
- Afrokanadier
- Afrokolumbianer
- Deutschamerikaner
- Zambo
- Mulatte
- Neger
[Bearbeiten] Quelle
- ↑ Katharina Oguntoye: Afrikanische Zuwanderung nach Deutschland zwischen 1884 und 1945. Internetseiten der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) (abgerufen 14. Dezember 2006)
- ↑ Oguntoye, K.; Opitz (Ayim), M.; Schultz, D. (Hrsg.): Farbe Bekennen. Afro-deutsche Frauen auf den Spuren ihrer Geschichte. Berlin 1986, S. 10.
[Bearbeiten] Literatur
- May Ayim: Grenzenlos und unverschämt., Orlanda Frauenverlag 1997, ISBN 3-9298-2345-4
- Burchard Brentjes: Der erste afrikanische Student in Halle.
- Joel Augustus Rogers [1]: Sex and Race. Negro-caucasian mixing in all ages and all lands.
- Susan Arndt (Hrsg.): AfrikaBilder. Studien zu Rassismus in Deutschland. Unrast-Verlag, Münster 2004, ISBN 3-89771-407-8
- ADB & cyberNomads (Hrsg.): TheBlackBook. Deutschlands Häutungen. IKO Verlag, Frankfurt am Main & London 2004, ISBN 3-8893-9745-X
- Peggy Piesche, Michael Küppers, Ani Ekpenyong (Hrsg.): May Ayim Award – Erster internationaler schwarzer deutscher Literaturpreis 2004. Orlanda Frauenverlag, 2005, ISBN 3-936937-21-4
- Hans-Jürgen Massaquoi: Hänschen Klein, ging allein … Scherz Verlag, Bern 2004, ISBN 3-502-10460-3
- Thomas Usleber: Die Farben unter meiner Haut Brandes & Apsel Verlag, 2002, ISBN 3-86099-488-3
[Bearbeiten] Weblinks
- Initiative Schwarze Deutsche und Schwarze in Deutschland
- cyberNomads – Die schwarze Deutsche Datenbank & Black German Yello Pages & May Ayim Award
- Der Treffpunkt für schwarze Menschen
- SFD – Schwarze Filmschaffende in Deutschland
- Die Gruppe mit und über Afrikaner in Europa
- Katharina Oguntoye. Afrikanische Zuwanderung nach Deutschland zwischen 1884 und 1945. Vom 23.4.2005
- Ausstellung über die Verfolgung Afrodeutscher im Nationalsozialismus