Antimodernisteneid
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Der so genannte Antimodernisteneid wurde am 1. September 1910 von Papst Pius X. eingeführt. Er musste von Klerikern der Katholischen Kirche abgelegt werden, insbesondere von Bischöfen. Der Antimodernisteneid wendet sich gegen jene Lehren, die als Modernismus bezeichnet werden und bereits 1864 im Syllabus Errorum Papst Pius IX. verurteilt wurden. Dabei wird auf die damals bekannten Dokumente 'Pascendi' und 'Lamentabili', beide 1907, verwiesen. Der Antimodernisteneid wurde durch Papst Paul VI. 1967 abgeschafft und durch ein Glaubensbekenntnis ersetzt. Ohne Wiederholung der Lehrverurteilungen bekräftigte derselbe Papst aber 1968 die wesentlichen Glaubensinhalte des Katholizismus im Credo des Gottesvolkes. Der Originaltext des Eids kann bei H. Neubert mit Erläuterungen nachgelesen werden.
Den Eid hatten zu beschwören:
- jeder angehende Subdiakon
- alle Priester, bevor sie die Vollmacht zum Beichthören und Predigen erhalten
- alle Pfarrer, Kanoniker u.a., wenn sie ihr Amt antreten
- alle Beamten der bischöflichen und päpstlichen Kurie
- alle Ordensoberen und -lehrer vor Übernahme ihres Amtes
Wer nicht bereit war, den Eid zu schwören, wurde mit Exkommunikation bestraft.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Erster Abschnitt
- Erstens: Ich bekenne, dass Gott, der Ursprung und das Ende aller Dinge, mit dem natürlichen Licht der Vernunft durch das, was geschaffen ist, d. h. durch die sichtbaren Werke der Schöpfung, als Ursache mittels der Wirkung, mit Sicherheit erkannt und auch bewiesen werden kann. (Siehe hierzu auch den Artikel Natürliche Theologie.)
- Zweitens: Ich anerkenne die äußeren Beweismittel der Offenbarung, d. h. die Werke Gottes, in erster Linie die Wunder und Prophezeiungen, als ganz sichere Zeichen des göttlichen Ursprungs der christlichen Religion. Ich halte fest, dass sie dem Geist aller Zeiten und Menschen, auch der Gegenwart, auf das beste angepasst sind.
- Drittens: Fest glaube ich, dass die Kirche, die Hüterin und Lehrerin des geoffenbarten Wortes, durch den wahren und geschichtlichen Christus selbst, während seines Lebens unter uns, unmittelbar oder direkt eingesetzt, und dass sie auf Petrus, den Fürsten der apostolischen Hierarchie, und auf seine steten Nachfolger gebaut wurde.
- Viertens: dass die Glaubenslehre, soweit sie von den Aposteln durch die orthodoxen Väter übermittelt wurde, stets ein und dieselbe war.
- Fünftens: dass der Glaube kein blindes Gefühl für Religion ist, das aus den verborgenen Gründen des Unbewussten unter dem Druck des Herzens und der Erregung des sittlich ungebildeten Willens hervorbricht, sondern dass er die wahrhafte Zustimmung unseres Verstandes zu einer Wahrheit ist, die von außen her durch Hören angenommen wird, durch die wir das, was von dem persönlichen Gott, dem Schöpfer und unseren Herrn gesagt, bezeugt und im höchsten Grade wahrhaftigen Gottes willen.
[Bearbeiten] Zweiter Abschnitt
In diesem Abschnitt ist die Zustimmung zu folgenden Verurteilungen zu beschwören:
- Zu verurteilen ist der Irrtum aller derer, die behaupteten, der kirchliche Glaube könne der Geschichte widersprechen und die heutigen katholischen Dogmen ließen sich mit den zuverlässigen Quellen der christlichen Religion nicht in Einklang bringen.
- Verurteilt wird die Meinung, nach der der christliche Gelehrte zwei Personen in sich vereinigen könne, eine, die glaubt, und eine, die forscht, so dass es dem Historiker erlaubt sei, etwas für wahr zu halten, was dieselbe Person vom Standpunkte des Glaubens als falsch erkennen muss.
- Verworfen wird der Irrtum derer, die behaupten, dass der Lehrer, der Fragen der historischen Theologie behandelt oder wer auch immer sich mit diesem Gegenstande schriftstellerisch befasst, zuerst sich von allen Voraussetzungen frei machen müsse, sei es hinsichtlich des übernatürlichen Ursprungs der katholischen Überlieferung, sei es hinsichtlich des von Gott versprochenen Beistandes eines jeden Teils der geoffenbarten Wahrheit.
- Ferner werden u.a. verurteilt alle jene, die in der christlichen Überlieferung überhaupt nichts Göttliches anerkennen oder diese Überlieferung im Sinne des Pantheismus auslegen, so dass die nackte und einfache, jeder anderen geschichtlichen Überlieferung gleichzustellende Tatsache übrigbleibt.
[Bearbeiten] Literatur
- H. Neubert, Antimodernisteneid, freie Forschung und theologische Fakultäten, 1911
- Simon Weber, Theologie als freie Wissenschaft und die wahren Feinde wissenschaftlicher Freiheit. Ein Wort zum Streit um den Antimodernisteneid., Freiburg 1912
- Ten Hompel, jur., Grenzfragen zwanglos erscheinende Beiträge zu den Weltanschauungskämpfen und Kulturproblemen der Gegenwart., Erstes Heft: Uditore Heiner und der Antimodernisteneid. Münster, 1910
- Franz Heiner,Auditor der Röm. Rota: Rechtsanwalt ten Hompel oder Der Antimodernisteneid und die Münstersche Kulturgesellschaft,Münster in Westfalen, 1911