Bildstabilisierung
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Als Bildstabilisierung bezeichnet man in der Fotografie sowie in der Film- und Videotechnik Verfahren zur Vermeidung von Verwacklungsunschärfe.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Grundlagen
Die so genannte Freihandgrenze für das Fotografieren ohne Stativ liegt nach einer bewährten Faustregel beim Reziprokwert (Kehrwert) der Brennweite (entsprechend der Brennweite des Kleinbildformates) des jeweiligen Objektivs; bei ruhiger Hand sind bei einem 200-mm-Teleobjektiv also verwacklungsfreie Aufnahmen ab einer Verschlusszeit von 1/200 Sekunde oder kürzer möglich; für Superteleobjektive gilt diese Faustregel allerdings nur noch eingeschränkt.
Der praktische Gewinn einer Bildstabilisierung liegt – nach Herstellerangaben – bei bis zu drei Blendenstufen, sie ermöglicht also eine achtfach längere Belichtungszeit. Das bedeutet, dass der Fotograf durch eine Bildstabilisierung bei einer Available-Light-Aufnahme mit einer Belichtungszeit von 1/8 Sekunde und einem 50-mm-Normalobjektiv in etwa dieselbe Verwacklungsarmut erzielen kann wie bei einer Belichtung mit 1/60 Sekunde, also der Freihandgrenze für die Aufnahmesituation. Theoretisch erweitert ein Bildstabilisator also die Möglichkeiten der Freihandfotografie in Bezug einerseits auf die Verschlusszeit sowie andererseits auf die Brennweite des Objektivs.
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Bei der Verwendung langer Brennweiten (> 200 mm) und bei schlechten Lichtverhältnissen kann es bei Freihandaufnahmen leicht zur Verwacklung der Aufnahmen kommen, zum Einen durch unruhige Kamerahaltung, zum Anderen durch Bewegungen des ganzen Körpers. Um ein Verwackeln zu verhindern gibt es eine Reihe technischer Möglichkeiten:
- die Verwendung empfindlicheren Filmmaterials (hohe ISO-Zahl), welches aber grobkörnigere Bilder erzeugt,
- fotografieren bei weiter geöffneter Blende (also kleine Blendenzahlen), wodurch die Schärfentiefe geringer wird,
- fotografieren mit Blitzgerät oder die Verwendung von Scheinwerfern
- und/oder die Verwendung eines Stativs und eines Fernauslösers, um die Kamera mechanisch zu fixieren und Erschütterungen zu vermeiden.
Während die ersten beiden Methoden, die Verschlusszeit verkürzen, gleichzeitig aber eine Verringerung der Bildqualität zur Folge haben, bedeuten die beiden letzten Methoden für den Fotografen die Anschaffung und Mitführung von mehr Zubehör.
Mitte der 1990er Jahre wurden von den Kamera- und Objektivherstellern Bildstabilisierungs-Systeme entwickelt, um das Verwackeln über optisch-mechanische Systeme zu verhindern. Die meisten dieser Systeme beruhen auf einer Verschiebung von Linsen im Objektiv, wie beispielsweise die Systeme von Canon (Image Stabilizer) und Nikon (Vibration Reduction). Im Gegensatz zur objektivbasierten Bildstabilisierung werden beim Anti-Shake-System von Konica Minolta nicht Objektivlelemente zum Ausgleich der Wackelbewegung bewegt, sondern der CCD-Sensor selbst (CCD-Shift). Über zwei Gyroskopsensoren wird dabei die Bewegungsrichtung und Beschleunigung der Bewegung des Fotoapparates beim Auslösen gemessen. Ein Mikroprozessor errechnet die Korrekturbewegungen, mit denen über den Smooth Impact Drive Mechanism (SIDM) Piezoelemente den CCD-Chip verschieben. Auf diese Weisen werden Verwacklungen mit Frequenzen von 1 Hz bis 12 Hz effektiv unterdrückt. 2005 brachte die Firma Ricoh mit der Caplio R3 als zweiter Hersteller eine Kompaktkamera mit einem Bildstabilisierungs-System auf Basis der CCD-Shift-Technologie auf den Markt.
Unter Fotografen gilt für die Belichtungszeit die Faustregel
Damit ergibt sich z. B. für ein Teleobjektiv mit 200 mm Brennweite eine minimale Belichtungszeit von einer 1/200 s. Mit dem Anti-Shake-System verspricht der Hersteller eine Belichtungszeit von einer 1/60 s. Aber auch in Dämmerungsituationen kann man jetzt eine längere Belichtungszeit wählen oder auch schon mal auf das Blitzlicht verzichten, um die Abend- bzw. Nachtstimmung nicht zu stören.
[Bearbeiten] Verfahren und Typen
Es werden grundsätzlich drei Verfahren zur Bildstabilisierung unterschieden, die jeweils unter proprietären Bezeichnungen von der Fotowirtschaft angeboten werden. Die Bildstabilisierung basiert auf dem Prinzip des Gyroskops; ein Sensor misst über einen Korrelationsalgorithmus die Bildbewegung.
[Bearbeiten] Optische Bildstabilisierung
Der Mechanismus der Bildstabilisierung kann entweder im Objektiv oder beim Bildsensor untergebracht sein. Bildstabilisierungobjektive werden von Canon, Leica, Nikon und Panasonic angeboten, eine sensorbasierte Bildstabilisierung bieten unter anderem Pentax und Sony (vormals Konica Minolta). Bei der optischen Bildstabilisierung wird entweder der Bildkreis über dem Bildsensor (bei der Realisierung im Objektiv) oder der Bildsensor unter dem Bildkreis (bei der Realisierung im Gehäuse) verschoben.
Ein Vorteil bei einer Bildstabilisierung am Bildsensor liegt darin, dass der Mechanismus grundsätzlich allen verfügbaren Objektiven zugute kommen kann und nicht in jedem Objektiv implementiert werden muss. Jedoch bieten bei Spiegelreflexkameras nur die in das Objektiv integrierten Stabilisatoren die Möglichkeit, bereits beim Blick durch den Sucher ein stabilisiertes Bild zu sehen. Bei Kompaktkameras lassen sich während der Motivsuche sowohl im elektronischen Sucher als auch auf dem Monitor stabilisierte Bilder darstellen. Stabilisierte Wechselobjektive lassen sich auch an analogen Spiegelreflexkameras verwenden.
[Bearbeiten] Implementierung im Objektiv
Hier befinden sich die stabilisierenden Elemente – Prismen, Linsen oder andere optische Elemente – im Objektiv der Kamera; ein oder mehrere optische Elemente sind dabei beweglich und können durch zwei oder drei Sensoren horizontal und vertikal gesteuert werden. Einer der Sensoren bestimmt die horizontale, der andere die vertikale Bewegung und der dritte die Position des Ausgleichselements.
Folgende Hersteller haben optische Bildstabilisatoren unter verschiedenen Marketing-Bezeichnungen implementiert:
- Image Stabilizer (IS) von Canon
Es wird in Foto- und Video-Objektiven sowie Ferngläsern eingebaut. Es gibt je nach Objektiv bis zu vier unterschiedliche Betriebsmodi: a) Korrektur in horizontaler und vertikaler Richtung, b) Korrektur in horizontaler Richtung, c) Korrektur in vertikaler Richtung, d) ausgeschaltet. Modus b ist besonders für Fotos schnell bewegter Objekte (Mitziehen) geeignet. - Vibration Reduction (VR) von Nikon
- Optical Stabilizer (OS) von Sigma
- Optical Image Stabilizer (O.I.S.) von Panasonic
Beim optischen Bildstabilisator (O.I.S.) von Panasonic wird eine kleine Linse im Objektiv durch zwei Linearmotoren horizontal verschoben; die Motoren werden durch zwei Gyro-Sensoren (horizontal und vertikal) gesteuert. Es werden Schwingungen von etwa 1 bis 10 Hz kompensiert.
Panasonic-Kameras kennen zwei Stabilisatormodi: Immer aktiv (Modus 1) und nur aktiv, wenn der Auslöser halb gedrückt ist (Modus 2). Im zweiten Fall wird nicht nur Strom gespart, sondern die beweglichen Linsen stoßen nicht so schnell an einen Anschlag, weil sie im inaktiven Zustand mittig gehalten werden. Dadurch kann das Zittern zuverlässiger kompensiert werden. Im Mode 1 kann es hingegen vorkommen, dass bei stärkeren Kamerabewegungen die Linse den Rand des horizontalen bzw. vertikalen Bewegungsbereiches erreicht.
[Bearbeiten] Implementierung in der Kamera
Die Bildstabilisierung in der Kamera funktioniert prinzipiell gleich wie die optische Bildstabilisierung im Objektiv, nur werden dabei keine Ausgleichselemente bewegt, sondern direkt der CCD-Sensor (CCD-Shift). An einer Spiegelreflexkamera mit eingebauter Bildstabilisierung sind prinzipiell alle vorhandenen Wechselobjektive zur Bildstabilisierung kompatibel, es muss also nicht die gesamte Objektivpalette ausgetauscht werden, zudem können auch kostengünstige Objektive von Fremdherstellern wie Tamron oder Sigma verwendet werden.
Proprietäre Bildstabilisierungssysteme
- Super Steady Shot von Sony, wurde ursprünglich als Anti-Shake-System (AS) von Konica Minolta entwickelt.
- Shake Reduction System (SR) von Pentax
Im Moment der Auslösung wird der Sensor elektromagnetisch so bewegt, dass das Bild auf dem Sensor still steht. Da das System im Kameragehäuse integriert ist, ist es mit allen verfügbaren Objektiven einsetzbar. Als erstes Bildstabilisierungssystem kann es nicht nur horizontale und vertikale Bewegungen ausgleichen, sondern auch Rotation um die Bildachse. Der maximal mögliche Hub des Sensors entlang der Bildebene beträgt zwei bis drei Millimeter.
Das System wurde im Jahr 2006 zunächst in der Kompaktkamera Pentax Optio A10 und anschließend in den digitalen Spiegelreflexkameras K100D und K10D eingesetzt.
Für die K10D gibt Pentax eine Wirksamkeit der Shake Reduction von bis zu vier Lichtwerten an. Das heißt, dass im günstigsten Fall, wenn der Bewegungsspielraum des Sensors voll ausgenutzt wird, eine 16-fach längere Belichtungszeit verwacklungsfrei gehalten werden kann als ohne Stabilisierung. - Vibration Correction von Ricoh
- Image Stabiliser (IS) von Olympus
[Bearbeiten] Mechanische Bildstabilisierung
Die mechanische Bildstabilisierung kann durch Aufstützen der Kamera, ein Stativ oder auch über einen Gyro-Stabilizer (Kreisel) durchgeführt werden.
[Bearbeiten] Elektronische Bildstabilisierung
Die elektronische Bildstabilisierung wird hauptsächlich in Videokameras eingesetzt. Aber auch in der Fototechnik finden sich Umsetzungen, die meist auf dem Nachschärfen der Bilder oder auf einer automatischen Empfindlichkeitserhöhung des Sensors basieren.
- electronic Vibration Reduction (e-VR) von Nikon, Coolpix S4
- Anti-Shake-DSP in einigen Exilim-Modellen von Casio
Einige Hersteller bezeichnen die automatische Erhöhung der Sensorempfindlichkeit bei schlechten Lichtverhältnissen als digitale Bildstabilisierung (z. B. Anti-Shake DSP). Dadurch sind kürzere Belichtungszeiten möglich, weshalb die Bilder weniger verwackelt werden. Die erhöhte Sensorempfindlichkeit führt jedoch durch erhöhtes Bildrauschen bzw. durch das notwendige Entrauschen zu einer schlechteren Bildqualität. Die Erhöhung der Sensorempfindlichkeit ist oft auch bei Kameras möglich, die nicht mit dieser Art der digitalen Bildstabilisierung werben. Diese Methode ist also keine echte Bildstabilisierung und dient meistens nur dem Marketing.
[Bearbeiten] Geschichte und Entwicklung
Die erste Kamera mit einer Bildstabilisierungsfunktion stellte Nikon 1994 mit der Zoom 700VR vor.
1995 stellte Canon mit einem 75-300mm-Telezoom das erste Wechselobjektiv für Kleinbildkameras mit einem optischen Bildstabilisator vor.
Den ersten gehäuseintegrierten Bildstabilisator in einer digitalen Spiegelreflexkamera stellte Konica Minolta 2004 in Form des Anti-Shake Systems der Konica Minolta Dynax 7D vor. Diese Lösung stellte eine Weiterentwicklung der technisch vergleichbaren Systeme dar, die vormals in Minolta-Bridgekameras verwendet wurden.
[Bearbeiten] Weitere Anwendungen
Seit einigen Jahren gibt es auch Ferngläser und Feldstecher mit mechanischer Bildstabilisierung (z.B. Zeiss 20x60S, Canon 15x50 IS, Fujinon Techno-Stabi 14x40 u.a.)
[Bearbeiten] Synthetische Bildstabilisierung
Mit Hilfe der so genannten Post Production Stabilizer ist eine synthetische Bildstabilisierung auch noch nach der Aufnahme eines Films möglich.
Derartige Motion Tracking Software bietet beispielsweise Dynapel mit dem Produkt SteadyHand (früher SteadyMove) sowie Adobe mit Adobe After Effects an.
[Bearbeiten] Weblinks
- Image Stabilization Lenses von Canon
- Vibration Reduction System from Nikon
- OIS Optischer Bildstabilisator von Panasonic
- Anti-Shake Technology von Konica Minolta
- Illustrierte Beschreibung des Anti-Shake-Systems von Minolta, enthält einem Beispielfilm von Vincent Bockaert (englischsprachig)
- Bildstabilisierung am VTT (Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik)
- Der Kenyon Gyro Stabilizer