Deutscher Brunnen (Istanbul)
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Der Deutsche Brunnen (türkisch Alman Çeşmesi) ist ein pavillonähnlicher Brunnenbau am nördlichen Ende des Hippodroms in der türkischen Stadt Istanbul, gegenüber dem Mausoleum Sultan Ahmed I.
Der Brunnen wurde im Jahre 1900 im Andenken an den Besuch des deutschen Kaisers Wilhelm II. in Konstantinopel im Jahre 1898 errichtet. Er wurde in Deutschland hergestellt und in einzelnen Teilen nach Konstantinopel verschickt um dort an seinem heutigen Ort zusammengesetzt zu werden. Der neobyzantinische achteckige Kuppel wird von acht Marmorsäulen getragen. Das Innere der Kuppel ist mit goldenen Mosaiken versehen.
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[Bearbeiten] Geschichte
Während seiner Regierungszeit stattete Wilhelm II., Deutscher Kaiser und König von Preußen, mehreren Ländern Europas und des nahen Ostens einen Besuch ab. Seine Reise begann er am 18. Oktober 1898 in Konstantinopel, der Hauptstadt des Osmanischen Reichs unter Sultan Abdülhamid II.. Zur Erinnerung an den Besuch gab die deutsche Reichsregierung den Bau des Brunnens in Auftrag. Am Entwurf und Bau des Brunnens beteiligt waren die deutschen Architekten Spitta, Schoele und Carlitzik, sowie der Italiener Joseph Anthony.
Nach Angaben einer osmanischen Inschrift am Brunnen begann die Konstruktion des Brunnens im islamischen Jahr 1319 (1898–1899). Die Einweihung des Brunnens war für den 1. September 1900, dem 25. Jahrestag der Thronbesteigung Abdülhamid II. geplant. Verzögerungen beim Bau hatten zur Folge, dass die Einweihung auf den 27. Januar 1901, den Geburtstag Wilhelm II., verschoben wurde.
[Bearbeiten] Architektur
Der neobyzantinische achteckige pavillonartige Brunnenbau besteht aus einer Kuppel, die von acht Säulen aus Porphyr getragen wird, die auf einem marmornen, mit Schnitzereien versehenen Podest aufsetzen. An der südwestlichen Seite des Podests führen acht Stufen hinauf; die restlichen sieben Seiten sind jeweils mit einem Wasserspender aus Messing versehen. Die Kuppel ist mit Kupfer belegt.
Auf einer am Brunnen angebrachten Bronzetafel ist mit dem folgenden Text versehen: WILHELM II DEUTSCHER KAISER STIFTETE DIESEN BRUNNEN IN DANKBARER ERINNERUNG AN SEINEN BESUCH BEI SEINER MAIESTAET DEM KAISER DER OSMANEN ABDUL HAMID II IM HERBST DES IAHRES 1898. Eine osmanische Inschrift in acht Versen berichtet von der Errichtung des Brunnens im Andenken an den Besuch des deutschen Kaisers.
[Bearbeiten] Mosaiken
Die Innenseite ist mit einem goldenen Mosaik versehen. Acht Medaillons, die über den Säulenenden eingearbeitet worden sind, zeigen abwechselnd jeweils vier Mal die Tughra Abdülhamids II. sowie das Monogramm Wilhelms II.
Dieses goldene Mosaik der Innenkuppel im neo-byzantinischen Stil ist eines der bekanntesten Werke des Kirchenmalers, Mosaikgestalters und „Kaiser-Künstlers“ Prof. August Oetkens (1868–1951) aus Oldenburg/Oldb.
[Bearbeiten] Doppel-Symbolik
Das Geschenk gerade eines Brunnens mit kostenlosem sauberem Wasser für das Volk galt nach nah-östlicher Mentalität als besonders verdienstvolle Wohltat und sollte den Ruhm des hochherzigen Wohltäters - hier des Kaisers des Deutschen Reiches - mehren und sichern.
Höchste staatssymbolische Bedeutung hatte das Kuppelmosaik von Oetken im neo-byzantinischen Stil. Kaiser Wilhelm II. sah sich und „sein“ Reich nicht als Nachfolger des westeuropäischen Kaisers Karl des Großen, sondern in der Tradition und Nachfolge des oströmischen Kaisertums von Byzanz. Er stilisierte deshalb die alt-byzantinische Mosaikkunst neu zu seiner eigenen deutschen Kaiser-, Hof- und Herrschaftskunst. Die Errichtung des Brunnens in der neo-byzantinischen Herrschaftskunst aus dem „neuen Byzanz“ (Berlin) gerade an ihrem historischen Ursprung sollte seine Herrschaft symbolisch mit dem alten Kaiser-Byzanz verbinden, legitimieren und stärken.
[Bearbeiten] Literatur
- Thieme-Becker: Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, 34. Bd., Leipzig 1940, S.528 (August Oetken)
- Gerold Schmidt: Der Kirchenmaler und Mosaikkünstler des Historismus Prof. August Oetken (1868-1951), in: Das Melanchthonhaus in Bretten. Ein Beispiel des Reformationsgedenkens der Jahrhundertwende. Im Auftrag der Melanchthonstadt Bretten. Herausgegeben von Stefan Rhein und Gerhard Schwinge. Ubstadt-Weiher 1997, S.167-212 (mit Abb. S. 140-142)
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Deutscher Brunnen – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
Koordinaten: 41° 00' 25" N, 28° 58' 36" O