Abdülhamid II.
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Abdülhamid II. (* 21. September 1842 in Istanbul; † 10. Februar 1918 ebenda) war vom 31. August 1876 bis zum 27. April 1909 Sultan des Osmanischen Reiches. Er war der zweite Sohn des Sultans Abdülmecid und folgte seinem Bruder Murad V. nach dessen Absetzung auf dem Thron.
Abdülhamid begleitete 1867 seinen Onkel, den Sultan Abdülaziz, bei seiner Reise nach England und Frankreich. Man hielt ihn für einen Anhänger liberaler Prinzipien und die konservativeren unter seinen Untertanen betrachteten ihn noch Jahre nach seiner Thronbesteigung mit Argwohn.
Abdülhamid folgte 1876 seinem Bruder Murad V. nach, der nach nur dreimonatiger Herrschaft wegen Regierungsunfähigkeit abgesetzt worden war. Zahlungsverzug bei den öffentlichen Ausgaben und eine leere Schatzkammer, die Aufstände in Bosnien und Herzegowina, der Krieg mit Serbien und Montenegro und die bulgarischen Aufstände (Aprilaufstand, 1876), die blutig unterdrückt wurden, belasteten das Osmanische Reich.
Abdülhamid II. unterstützte zunächst die liberale Reformbewegung und verkündete am 23. Dezember 1876 eine insbesondere von Midhat Pascha ausgearbeitete Verfassung. Von diesem innenpolitischen Kurs wandte sich der neue Herrscher jedoch schnell wieder ab und setzte die Verfassung außer Kraft. Ähnlich wie seine Vorgänger herrschte er zunehmend autoritär an seinen Ministern vorbei, unterdrückte die jungtürkische Bewegung und baute zudem ein effektives Zensur- und Spionagesystem auf.
Anfang 1877 folgte der verheerende Krieg mit Russland. Die harten Bedingungen, die Abdülhamid durch den Frieden von San Stefano aufgezwungen wurden, wurden 1878 in gewissem Umfang im Berliner Kongress abgemildert, hauptsächlich auf Initiative der britischen Diplomatie. Ab dem Kongress lehnte sich Abdülhamid II. eng an das Deutsche Reich an. Deutsche Fachleute sollten die Staatsfinanzen und die Armee neu organisieren. Ein erneuter Staatsbankrott zwang ihn, einer fremden Kontrolle über die Staatsschulden zuzustimmen, und im Dezember 1881 per Erlass viele der Staatseinnahmen zugunsten der Gläubiger an die Dette Publique weiterzuleiten.
1882 wurde das vormals osmanische Ägypten von Großbritannien besetzt. Die Vereinigung von Bulgarien mit Ostrumelien 1885, deren Trennung auf dem Berliner Kongress vereinbart worden war, war ein weiterer Tiefschlag, ebenso wie 1888 die Besetzung Tunesiens durch Frankreich. Ab diesem Zeitpunkt allerdings konnte Abdülhamid II. vorerst weitere Gebietsverluste vermeiden, so dass er sich in den Folgejahren auf die Stabilisierung seiner autoritären Herrschaft im Inneren konzentrierte.
So gelang es Abdülhamid, seine Minister auf den Rang von Sekretären herabzusetzen und die ganze Landesverwaltung in seinen Händen im Yildiz-Palast zu konzentrieren. Aber dadurch nahm die innere Uneinigkeit nicht ab. Kreta war ständig im Aufruhr, die Griechen waren unzufrieden, und seit ungefähr 1890 begannen die Armenier verstärkt, die ihnen in Berlin zugestandenen Reformen einzufordern.
Kleinere Zwischenfälle gab es 1892/93 in Marsovan und Tokat. 1894 wurde eine durch hohe Steuerforderungen ausgelöste schwerwiegendere Revolte in der Bergregion von Samsun unbarmherzig niedergeschlagen. Die europäischen Staaten verlangten erneut Reformen. Anstelle einer Umsetzung der nach außen hin zugesagten Reformen begann im Herbst 1895 schließlich eine Reihe von Massakern vor allem an den Armeniern, die sich in ganz Kleinasien und in der Hauptstadt über viele Monate hinzogen. Teilweise lieferten armenische Aktivisten den Vorwand; der Hintergrund war jedoch, die 'Armenische Frage' durch die Dezimierung und Einschüchterung der Betroffenen zu lösen. Spätestens diese Massaker brachten dem Sultan in der europäischen Öffentlichkeit die denkbar schlechteste Reputation ein: Er wurde zum "roten (blutigen) Sultan", zur Symbolfigur von Hinterhältigkeit und Grausamkeit. Die Pogrome von 1894-1896, denen rund 200.000 bis 300.000 Armenier zum Opfer fielen, wurden auch unter dem Namen Hamidische Massaker bekannt. Ebenso geht die Bezeichnung Hamidiye auf den Sultan zurück; unter diesem Namen formierte er großteils aus ehemaligen Strafgefangenen und Kriminellen eine paramilitärische Truppe, die nur seinem Befehl unterstanden. Die Hamidiye wurden zu den Hauptakteuren der Massaker.
Die versprochenen Reformen für die nicht-türkischen Minderheiten standen nach wie vor nur auf dem Papier. Allein Kreta profitierte von erweiterten Privilegien. Dennoch brach dort ein Aufstand aus. Anfang 1897 schickte Griechenland ein Expeditionsheer, um die Aufständischen zu unterstützen. In dem folgenden Türkisch-Griechischen Krieg errang das Osmanische Reich zwar einen leichten Sieg, doch die Großmächte schützten Griechenland und gestanden Istanbul nur eine kleine Grenzkorrektur zu. Einige Monate später wurde Kreta sogar von vier Großmächten übernommen und damit faktisch der Herrschaft des Sultans entzogen; statt dessen herrschte dort bis 1909 eine autonome Regierung unter einem Prinzen von Griechenland.
Widersprüchlich war die weitere Politik des Sultans: Zwar empfing er im folgenden Jahr den deutschen Kaiser und die Kaiserin festlich in Istanbul - ein Symbol für die Stärkung der deutsch-osmanischen Entente. 1899 genehmigte der Sultan dem Deutschen Reich den Bau der strategisch wichtigen Bagdadbahn. Auch trafen 1901 im Rahmen des deutsch-türkischen Militärabkommens mehrere hohe Militärs als Berater des Sultans ein, so Imhoff für die Artillerie, Auler für die Pioniere, von Rüdgisch für die Kavallerie. Gleichzeitig aber förderte der Sultan die panislamische Propaganda, was die Lage der christlichen Bevölkerungsteile im Reich unsicherer machte und der seit Mitte des 19. Jahrhunderts eingeführten Gleichberechtigungspolitik zuwiderlief. Die Privilegien der Ausländer innerhalb des Osmanischen Reiches wurden beschnitten; die neue Eisenbahnstrecke zu den heiligen Stätten wurde zügig weitergeführt und Abgesandte wurden in ferne Länder (vor allem in Kolonien feindlicher europäischer Großmächte) geschickt, um den Islam und die Vormachtstellung des Sultan-Kalifen zu predigen.
Dieser Appell an das muslimische Gemeinschaftsgefühl war allerdings weitgehend nutzlos gegen die Unzufriedenheit wegen der anhaltenden Misswirtschaft. In Mesopotamien und Jemen brodelten ständig Unruhen; in der Armee und in der muslimische Bevölkerung wurde der Anschein von Loyalität vor allem durch ein System von Spionage und Denunziation und durch massive Verhaftungen aufrechterhalten. Währenddessen zog sich der Sultan, besessen von der Angst vor einem Mordanschlag, fast völlig in seinen Yildiz-Palast zurück, öffentliche Auftritte wurden auf ein Minimum beschränkt. 1905 überlebte er ein Attentat armenischer Terroristen.
Seit 1903 wurde die Provinz Makedonien, deren inneren Unruhen die Regierung des Sultans nicht mehr Herr wurde, faktisch unter internationale Aufsicht gestellt. Diese nationale Demütigung führte, verstärkt durch den aufgestauten Groll zahlreicher Offiziere gegen die Palastspione und Informanten sowie durch die Ausbreitung liberalen Gedankenguts vor allem in der Armee, schließlich in eine Krise der absolutistischen Herrschaft des Sultans (für eine detaillierte Diskussion siehe Jungtürken). Als Abdülhamid von der Revolte der von jungtürkischen Offizieren angeführten Saloniki-Truppen und von ihrem Marsch auf Istanbul hörte (23. Juli 1908), kapitulierte er unverzüglich.
Am 24. setzte er - wie von den rebellierenden Jungtürken gefordert - die Verfassung von 1876 wieder in Kraft; am nächsten Tag wurden Spionage und Zensur abgeschafft und die Freilassung von politischen Gefangenen angeordnet. Am 10. Dezember eröffnete Abdülhamid das neugewählte Parlament mit einer Rede vom Thron aus, in der er sagte, dass das erste Parlament (von ihm) nur vorübergehend aufgelöst worden sei, bis die Bildung des Volks durch Ausweitung des Unterrichts auf ein ausreichend hohes Niveau gebracht worden wäre.
Doch schon am 13. April 1909 unterstützte Abdülhamit II. einen Aufstand konservativer Soldaten und der religiös aufgestachelten Bevölkerung der Hauptstadt, der die jungtürkische Regierung zu stürzen versuchte ("Konstitutionelle Armee"). Der Umsturzversuch wurde nach drei Tagen durch die Saloniki-Truppen niedergeschlagen. Danach beschloss das "Komitee für Einheit und Fortschritt" unter Enver, Cemal, Talaat und Gökalp die Absetzung Abdülhamids, und am 27. April wurde sein jüngerer Bruder und Thronfolger Reshid Effendi als neuer Sultan Mehmed V. ausgerufen.
Der Ex-Sultan wurde in Gefangenschaft nach Saloniki gebracht, von wo er im Herbst 1912 - infolge des Vordringens feindlicher griechischer Truppen im Ersten Balkankrieg - in einen Palast in Istanbul verlegt werden musste. Dort starb er einige Monate vor der Kriegsniederlage des Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg Anfang 1918. Den endgültigen Zusammenbruch seines Reiches und den Sturz seiner Dynastie 1922/24 erlebte er folglich nicht mehr.
[Bearbeiten] Literatur
- Josef Matuz: Das Osmanische Reich. Grundlinien seiner Geschichte. Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) 1985, 232 ff. ISBN 3-534-05845-3
- F.A.K. Yasamee: Ottoman Diplomacy. Abdülhamid II. and the Great Powers 1878-1888. Istanbul (ISIS)1996. ISBN 975-428-088-6
- Parry Vernon John. 1976. A history of the Ottoman Empire to 1730 : chapters from the ’Cambridge history of Islam’ and ’New Cambridge modern history’. Bde 1-5. Cambridge : Cambridge University Press .
- Werner, Ernst. 1985. Die Geburt einer Grossmacht - Die Osmanen. Ein Beitrag zur Genesis des türkischen Feudalismus. Wien: Hermann Böhlaus Nachfolger 1985.
- Werner, Ernst; Markov Walter 1979. Geschichte der Türken von den Anfängen bis zur Gegenwart. Berlin: Akademie Verlag.
- Majoros, Ferenc; Rill, Bernd. 2004. Das Osmanische Reich 1300-1922. Die Geschichte einer Großmacht. Wiesbaden: Marix Verlag.
Sultan: Osman I. | Orhan I. | Murad I. | Bayezid I. | Mehmed I. | Murad II. | Mehmed II. | Bayezid II.
Sultan und Kalif: Selim I. | Süleyman I. | Selim II. | Murad III. | Mehmed III. | Ahmed I. | Mustafa I. | Osman II. | Mustafa I. | Murad IV. | İbrahim | Mehmed IV. | Süleyman II. | Ahmed II. | Mustafa II. | Ahmed III. | Mahmud I. | Osman III. | Mustafa III. | Abdülhamid I. | Selim III. | Mustafa IV. | Mahmud II. | Abdülmecid I. | Abdülaziz | Murad V. | Abdülhamid II. | Mehmed V. | Mehmed VI. | Abdülmecit II.
Personendaten | |
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NAME | Abdülhamid II. |
KURZBESCHREIBUNG | Sultan des Osmanischen Reiches |
GEBURTSDATUM | 21. September 1842 |
GEBURTSORT | Istanbul |
STERBEDATUM | 10. Februar 1918 |
STERBEORT | Istanbul |