Donaldismus
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Als Donaldismus bezeichnet man die hagiographische Beschäftigung mit der Familie Duck und der Welt von Entenhausen.
Während sich der gewöhnliche Disney-Fan einfach an den Geschichten rund um Donald Duck und die anderen Bewohner von Entenhausen erfreut und sie möglicherweise sogar systematisch sammelt, widmet sich der Donaldist mit größerer Ernsthaftigkeit seinem Gegenstand. Er kennt nicht nur alle Geschichten, sondern beurteilt diese nach der Qualität der Zeichner und Texter. Am beliebtesten sind die Geschichten, die von dem amerikanischen Zeichner Carl Barks persönlich stammen und von der Kunsthistorikerin Dr. Erika Fuchs sorgfältig und kongenial ins Deutsche übertragen wurden. Man würde die Donaldisten aber unterschätzen, wenn man glaubte, dass die doch recht freien Übersetzungen von Erika Fuchs nicht auch auf scharfe Kritiker von quellenpuristischer Seite stoßen würden (z.B. H. Löffler 2004).
Die wahren Enthusiasten lassen es jedoch nicht mit üblicher Verehrung bewenden: Sie nehmen die Comic-Geschichten zum Anlass für die Erörterung natur- und geisteswissenschaftlicher Grundsatzfragen: So gibt es Forschungsprojekte und wissenschaftliche Aufsätze zu so zentralen Fragestellungen wie der "Donaldistischen Utopie" oder dem "Klima in Entenhausen". Selbst die Sexualität und die Rechtsstrukturen in der Entenmetropole werden dabei ausgeleuchtet (zu letzterem: B. Bremer). Den Wissenschaftlern geht es dabei um nicht weniger als die „Erforschung der Familie Duck und des Entenhausener Universums in jeglicher nur denkbaren Hinsicht“. Puristen (auch als Barksisten bezeichnet) beziehen dabei natürlich nur die Geschichten von Barks in ihre Forschung ein.
In Deutschland ist es Donaldisten gelungen, das Feuilleton der ehrwürdigen Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu unterwandern. Seitdem erscheinen dort regelmäßig und etwas unvermittelt Donald-Duck-Zitate in schöngeistigem Zusammenhang – vornehmlich als Titelzeilen und Bildunterschriften. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel rühmt sich etwas ironisch damit, den FAZ-Feuilletonchef Patrick Bahners und den FAZ-Redakteur Andreas Platthaus als Donaldisten „enttarnt“ zu haben. Dies war aber eigentlich nie ein Geheimnis, da beide bekennende D.O.N.A.L.D.-Mitglieder sind und auch auf Donaldisten-Kongressen auftreten. Besagte Kongresse finden jährlich an wechselnden Veranstaltungsorten statt und sind der Höhepunkt des donaldistischen Gemeinwesens. Dort werden nicht nur wissenschaftliche Vorträge gehalten, sondern auch neben anderen Würdenträgern die PräsidEnte der D.O.N.A.L.D. gewählt (wird das Amt von einem Mann bekleidet, ist die Bezeichnung PräsidErpel statthaft) und ungezählte Orden und Auszeichnungen an verdiente Mitglieder verteilt. Beim Kongress 2005 in Aachen wurde erstmals der MacMoneysac-Preis verliehen. Preisträger ist Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank. Dieser Preis geht an Menschen, die "ihre wirtschaftlichen Interessen frei von den Fesseln moralischer Bedenken" durchsetzen und "den Entenhausener Wirtschaftslenkern in nichts nachstehen."
Weitere Fixpunkte im donaldistischen Leben sind die jährlich stattfindenden Zwischenzeremonien (für die sich der eigens dafür gewählte Zeremonienmeister verantwortlich zeichnet), das nach Möglichkeit jährlich ausgetragene Mairennen und viele Stammtische, die sich überall in Deutschland regelmäßig treffen.
Der Donaldismus unterteilt sich in den wissenschaftlichen und den gelebten Donaldismus. Ersterer beschäftigt sich mit Entenhausen, wie es von Barks und Fuchs beschrieben wurde und untersucht dabei die auftretenden Phänomene in Bereichen, in denen sich Entenhausen von unserer Welt unterscheidet. Allseits bekannte Fragen drehen sich dabei beispielsweise um die Zähne der Ducks oder warum nur die weiblichen Ducks Schuhe tragen. Der gelebte Donaldismus äußert sich darin, dass Donaldisten Situationen aus Entenhausen nachstellen, um das Leben in der Gumpenmetropole nachempfinden zu können. Auch dabei kommen oft unterschiedlichste und nicht selten erstaunliche Ergebnisse ans Licht. So wurde beispielsweise auf dem Karlsruher Kongress 2001 durch eine zweitägige Studie eine genetische Disposition zum Donaldismus nachgewiesen, sozusagen ein Donaldismus-Gen.
Die Donaldisten haben sich in landespezifisch ausgerichteten Vereinen organisiert. In Europa sind dies:
- Deutschland: Deutsche Organisation nichtkommerzieller Anhänger des lauteren Donaldismus (D.O.N.A.L.D.)
- Dänemark: Dansk Donaldist-Forening (RAP) (DDF(R))
- Schweden: Nationella Ankistförbundet i Sverige (kvack) (NAFS(k))
siehe auch: Der Donaldist
[Bearbeiten] Literatur
- Alle Ausgaben des Der Donaldist; Hamburg 1976 ff
- Klaus Bohn: Der Bücherdonald - Die große Lesekunde des Donaldismus, Band I: Sekundärliteratur. Hamburg: Bauer Brüder 1990 (2. Aufl. 1992); Band II: Register.-Hamburg: Bauer Brüder 1993; ISBN 3-929746-06-9
- Klaus Bohn: Das Erika Fuchs Buch. Disneys Übersetzerin von Donald Duck und Micky Maus: Ein modernes Mosaik; Lüneburg 1996 (Dreidreizehn) ISBN 3-929746-10-7 (mit einem ausgiebigen Quellenverzeichnis donaldistischer Schriften)
- Botho Bremer: Der Fall Entenhausen. Die Machenschaften von Dagobert, Donald und der übrigen Brut auf dem juristischen Prüfstand; Frankfurt/M. 1994 (Eichborn) ISBN 3-8218-3345-9
- Grobian Gans: Die Ducks - Psychogramm einer Sippe. Reinbek bei Hamburg 1972, ISBN 3-499-11481-X
- Johnny A. Grote: Carl Barks. Werkverzeichnis der Comics. Stuttgart 1995, ISBN 3-7704-1898-0
- Johnny A. Grote, Andreas Platthaus: Der Stammbaum der Ducks. Ehapa, ISBN 3-7704-0300-2
- Henner Löffler: Wie Enten hausen. Die Ducks von A bis Z.. Beck, München 2004, ISBN 3-406-51608-4