Dreiphasenwechselstrom
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Als Dreiphasenwechselstrom oder Drehstrom, umgangssprachlich auch Starkstrom oder Kraftstrom, wird ein System von drei miteinander verketteten Wechselströmen bezeichnet.
Werden in einem Generator drei Spulen gleichmäßig im Kreis versetzt angeordnet, entstehen drei zeitlich ebenso versetzte Wechselspannungen, die ihre Amplituden in unterschiedlichen Phasen erreichen.
Die Summe der Spannungen aller drei Spulen ist in jeder Phase Null. Wenn eine Spannung ihre Amplitude erreicht, sind die beiden anderen Spannungen umgekehrt gerichtet und halb so groß. Wenn eine Spannung den Wert Null hat, sind die beiden anderen Spannungen entgegengesetzt gerichtet und gleich groß.
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[Bearbeiten] Energieübertragung
Wenn die drei Spulen mit drei gleichen Widerständen zu drei voneinander isolierten Stromkreisen verbunden werden, ist nicht nur die Summe der Spannungen, sondern auch die Summe der in drei der sechs Verbindungsleiter fließenden Ströme in jeder Phase Null. Wenn diese drei Leiter an den Spulen und den Widerständen verbunden werden, fließt in ihnen daher kein Strom.
Eine solche Verbindung wird als Sternpunkt und dort angeschlossene Leiter als Neutralleiter bezeichnet. Wenn die Widerstände unterschiedlich sind, fließt im Neutralleiter nur der Strom, um den sich die Ströme in den anderen Leitern, den Außenleitern, unterscheiden. Wenn wie bei Drehstrommotoren die Widerstände gleich sind, so dass im Neutralleiter kein Strom fließt, ist dieser überflüssig und entfällt.
Durch diese so genannte Sternschaltung kann also die dreifache Leistung eines einzelnen Wechselstromsystems ab einem Mehraufwand an Material von nur 50% übertragen werden.
[Bearbeiten] Drehfeld
Der Dreiphasenwechselstrom bietet die Möglichkeit, ein gleichmäßiges Drehfeld zu erzeugen, weil bei drei zeitlich versetzten Wechselspannungen die Reihenfolge der Phasen und die Drehrichtung des Feldes immer eindeutig ist. Drehstrommotoren sind einfach aufgebaut, robust, betriebssicher, wartungsfrei und wirtschaftlich.
[Bearbeiten] Transformation
Während drei Einphasen-Transformatoren drei Eisenkerne mit mindestens sechs Schenkeln erfordern, genügt bei einem Drehstrom-Transformator ein Eisenkern mit drei Schenkeln. Durch die Verkettung der magnetischen Flüsse der drei Strangströme lassen sich drei Schenkel einsparen. Neben der Einsparung von aktivem Eisen hat ein Drehstromtransformator auch geringere Eisenverluste als drei Einphasen-Transformatoren mit gleicher Gesamtleistung, da die Verluste mit dem Eisenkern-Gewicht linear ansteigen.
[Bearbeiten] Spannungen
In einem Gleichstromnetz oder einem Wechselstromnetz mit nur zwei spannungsführenden Leitern steht lediglich eine einzige Spannung zur Verfügung. Dagegen bietet sich in einem Drehstromnetz mit Neutralleiter die Möglichkeit des Anschlusses an zwei verschieden hohe Spannungen.
Die Effektivwerte der Spannungen zwischen den Außenleitern sind um den Verkettungsfaktor √ 3 (≈ 1,732) größer als die der Spannungen zwischen den Außenleitern und dem Neutralleiter. Entsprechend größer ist bei gleichem Strom die Leistung. Die drei Außenleiter lassen sich jeweils einzeln zusammen mit dem Neutralleiter zur Versorgung elektrischer Verbrauchermittel nutzen. Dies ermöglicht die wirtschaftliche Versorgung von Verbrauchsmitteln mit stark abweichender Leistungsaufnahme am selben Netz.
Die Formel zur Berechnung einer einzelnen Wechselspannung in einem Dreiphasenwechselstromnetz lautet mit U als Leiterspannung zwischen den Außenleitern und U0 als Strangspannung zwischen einem Außenleiter und dem Neutralleiter:
Am Beispiel des Stromnetzes in Haushalten ergibt sich:
[Bearbeiten] Drehstromnetze
Da man den Drehstrom gut transformieren kann und Drehstrommotoren klein, kompakt, wartungsarm und billig hergestellt werden können, sind heute alle öffentlichen Stromnetze Drehstromnetze. Allein in den USA findet die Verteilung auf Niederspannungsebene noch teilweise in der auf Edison zurückgehenden Dreileitertechnik statt, da in den Haushalten sowohl Geräte für 120 als auch 240 Volt Wechselspannung vorhanden sind – vgl. Stromkrieg.
Innerhalb eines Haushaltes ist gewöhnlich nur der Herd an alle drei Phasen angeschlossen – die Steckdosen hingegen führen nur eine der drei Phasen und den Neutralleiter.
In Drehstromnetzen wird in der Regel der Neutralleiter geerdet. Hierbei werden im Niederspannungsbereich Vierleitersysteme, im Hochspannungsbereich Dreileitersysteme verwendet. Im Niederspannungsbereich und in Höchstspannungsnetzen ist der Sternpunkt starr geerdet, in Mittelspannungs- und Hochspannungsnetzen häufig induktiv über eine Drosselspule/Erdschlusslöschspule geerdet.
Mit Drehstrom angetriebene moderne Schienenfahrzeuge haben eine interne Drehstromversorgung, die mit Stromrichtern aus dem Einphasenwechselstrom der Oberleitung generiert wird. Bei früheren Bahn-Drehstromantrieben wie in Italien wurde einer der Außenleiter durch Verbindung mit der Schiene indirekt geerdet. Damit konnte die Oberleitung in einer praktischeren zweipoligen statt einer dreipoligen Version ausgeführt werden. Die letztere Version wurde lediglich bei Versuchsfahrten wie auf der Militär–Eisenbahn Marienfelde–Zossen–Jüterbog um 1903 verwendet.
Die genormten Bezeichnungen der drei Außenleiter sind L1, L2 und L3. 'L' steht dabei für 'Line'. Teilweise finden sich auch noch die veralteten Bezeichnungen R, S und T.
[Bearbeiten] Dreileitersystem
Das reine Dreileiter-System ohne Neutralleiter wird verwendet, wenn symmetrische Belastung gewährleistet ist oder für begrenzte Ausgleichs- und kapazitive Ladeströme die Leitfähigkeit der Erde als Leiter ausreicht, zum Beispiel in Freileitungsnetzen mit Hochspannungen von 6 bis 400 kV in regionalen Übertragungsnetzen der Netzbetreiber vom Kraftwerk zum Umspannwerk.
[Bearbeiten] Vierleitersystem
Bei Aufteilung des Dreiphasenwechselstrom-Systems in einzelne Wechselstromleitungen, zum Beispiel in Haushalten, ist eine symmetrische Belastung jedoch nicht mehr gewährleistet. Hier wird dem Dreileiternetz ein Neutralleiter zugefügt, über den die Ausgleichsströme zwischen den Außenleitern fließen. Dieser Neutralleiter ist wie die Außenleiter ein so genannter aktiver Leiter des Drehstromsystems, der im Gegensatz zu einem zusätzlichen Schutzleiter im normalen Betrieb unter Spannung stehen kann.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Dreieckschaltung
- Sternschaltung
- Stern-Dreieck-Schaltung
- Aronschaltung
- Lichtmaschine
- CEE-Drehstromsteckverbinder
- Fehlerarten in Drehstromsystemen