Flagellantismus
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Der Flagellantismus (vom lateinischen flagellum: Peitsche, Dreschflegel) bezeichnet eine sexuelle Vorliebe dafür, sich entweder selbst zu schlagen oder von einem Partner schlagen zu lassen. Beim Flagellantismus spielt das Phänomen des Lustschmerzes eine wichtige Rolle.
Die Geißelung wird auch Flagellation und die Anhänger dieser Sexualpraktik Flagellanten genannt. Hier besteht jedoch eine Verwechslungsgefahr zu der ebenfalls Flagellanten genannten christlichen Laienbewegung („die Geißler“).
Der Flagellantismus ist eine Untergruppe des Sadomasochismus genannten Teilbereichs des BDSM. Nach veraltetem Verständnis sind Flagellanten Masochisten. Heute bezeichnet „Masochismus“ dagegen eine medizinische Diagnose, unter die die meisten Mitglieder der BDSM-Subkultur nicht fallen. Die allgemeine und neutrale Bezeichnung ist „Bottom“.
Der Flagellantismus ist mit Spanking verwandt, aber nicht identisch. Beim Spanking steht das Erziehungsspiel im Vordergrund, hier sind Rollenspiele mit Ageplay beliebt und es herrscht eine nahe Verwandtschaft zum erotischen Spanking. Im Gegensatz dazu bevorzugen Flagellanten meistens harte Züchtigungen mit einem sehr schmerzhaften Schlagwerkzeug wie einer Peitsche oder einem Rohrstock, wobei auch auf den Rücken, die Fußsohlen oder andere Körperteile geschlagen wird; der Schmerz und dessen Umwandlung in Lustschmerz steht im Vordergrund.
[Bearbeiten] Flagellation in der Literatur
Therese philosophe ist das erste bekannte Werk, das Falgellationen zum Gegenstand der Literatur macht. Dem folgte de Sade mit mehreren Werken, in denen er die Flagellation thematisierte. In der Folgezeit wurden bestimmte sexuelle Vorlieben bestimmten Völkern zugeordnet. Für die Flagellation war dies vor allem England. In der flagellantischen Literatur waren die Hauptakteure daher vor allem Engländer. Die meisten Bücher zu diesem Thema erscheinen in England. Meibom veröffentlichte eine medizinische Würdigung der Flagellation, der er ein Supplement hinzufügte, das sich ausschließlich mit der englischen Flagellanten-Literatur befasst. Henry Spencer Ashbee gab 1877 unter dem Pseudonym Pisanus Fraxi den Index Librorum Prohibitorum: being Notes Bio-Biblio-Icono-graphical and Critical, on Curious and Uncommon Books heraus, in dem er eine ausführliche Bibliographie pornographischer Texte mit Inhaltsangaben erstellte, aus der die große Rolle flagellantischer Literatur hervorgeht. Der berühmteste Autor flagellantischer Literatur ist Algeron Charles Swinburne. Er schöpfte seine Phantasien aus seinen Erlebnissen, die er 1849 als Zwölfjähriger in Eton gemacht hatte, wo der Flogging-Block zum selbstverständlichen Züchtigungsgerät gehörte. Sein Schaffen kreist um dieses Gerät, die Züchtigungen, die er erfuhr oder als Zeuge mit anderen Schülern miterlebte. Auch James Joyce widmete einige Texte der Flagellation.[1]
[Bearbeiten] Fußnoten
- ↑ Portrait of the Artist as a Young Man; die Circe-Episode in Ulysses; seine Briefe an Nora.
[Bearbeiten] Literatur
- Andreas Antje: Spanking, Lust und Leidenschaft. Marterpfahlverlag 2001.
- James Joyce: Portrait of the Artist as a Young Man. New York 1964. = Stephen der Held. Ein Portrait des Künstlers als junger Mann. Übersetzt v. Klaus Reichert. Frankfurt 1972.
- James Joyce: Ulysses Übersetzt v. Hans Wollschläger. Frankfurt 1975.
- James Joyce: Selected Letters. Hrg. Richard Ellmann. London 1966.
- Niklaus Largier: Lob der Peitsche. Eine Kulturgeschichte der Erregung. München 2001.
- Johann Heinrich Meibom: Von dem Nutzen des Geißelns in medizinischer und physischer Beziehung, und von den Verrichtungen der Lenden und Nieren. In: Der Schatzgräber in den literarischen und bildlichen Seltenheiten. S. 245-292.
- Johann Heinrich Meibom: Die Nützlichkeit der Geißelhiebe in den Vergnügungen der Ehe, so wie in der ärztlichen Praxis, und die Verrichtungen der Lenden und Nieren. In: Der Schatzgräber in den literarischen und bildlichen Seltenheiten. 4. Teil S. 292-365.
- Johann Scheible (Hrg.): Der Schatzgräber in den literarischen und bildlichen Seltenheiten, Sonderbarketein etc., hauptsächlich des deutschen Mittelalters, IV. Theil: I. K. F. Paullini's heilsame Dreck-Apotheke, wie nämlich mit Koth und Urin die meisten Krankheiten und Schäden glücklich geheilet worden; II. Von dem Nutzen des Geißelns in medizinischer und physischer Beziehung, von J. H. Meibomius und Anderen. Stuttgart 1847.
- Bettina Tegtmeier (Hrsg.): Schmerz - Strafe - Lust. 25 Bekenntnisse von aktiven und passiven Flagellanten(innen). 2. Auflage. Siegburg 1998