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Geodeterminismus

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Geodeterminismus (auch: Umweltdeterminismus, Ökodeterminismus) ist eine Auffassung, die menschliche Verhältnisse (Persönlichkeitsstrukturen, Gesellschaftsstrukturen) vollständig oder weit überwiegend durch Faktoren der außermenschlichen Natur verursacht sieht.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Überblick

Der Geodeterminismus war die dominierende theoretische Denkrichtung der (Anthropo-)Geographie des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts und war in Deutschland besonders stark vertreten. Der theoretische Gegenentwurf zu diesem Denkbild ist der Geopossibilismus, der seine Vertreter hauptsächlich in Frankreich hatte (z. B. Paul Marie Vidal de la Blache). Ein genaues Ende dieser theoretischen Richtung kann nicht gesetzt werden, da der Geodeterminismus heute noch in der Geographie und ihren Subdisziplinen verankert ist, wie z. B. im Gravitationsmodell oder in der Entwicklungsländerforschung. Es lassen sich ebenso im nicht-wissenschaftlichen Diskurs über Ungleichheiten geodeterministische Ansätze finden, wie in der angestoßenen Aids-Diskussion von Gloria von Thurn und Taxis[1][2].

[Bearbeiten] Grundprinzipien

Der Geodeterminismus geht von einer organischen Verbindung von Raum und Mensch aus. Das heißt, dass der absolute Raum 'an sich' (Vulgärmaterialismus) eine eigenständige Wirkmächtigkeit auf den Menschen hat und somit sein Handeln beeinflusst und die Kultur und Gesellschaft entscheidend determiniert.

Benno Werlen präzisiert dies so: Gemäß der Grundthesen des Geodeterminismus sind alle menschlichen Kulturen und Gesellschaften als Ausdrucksformen natürlicher Bedingungen anzusehen und ursächlich auf diese zurückzuführen.[3]

Die absolute Raumkonzeption des Geodeterminismus gaukelt eine harmonische Einheit zwischen Mensch und Raum vor im Sinne der Blut und Boden-Ideologie des Nationalsozialismus (vgl.[4]).

[Bearbeiten] Geodeterminismus in der Entwicklungsländerforschung

Laut der Argumentation des Geodeterminismus sind Armut und Hunger in Afrika, Asien und Lateinamerika (vorwiegend) auf ungünstige natürliche Verhältnisse zurückzuführen, beispielsweise auf Mangel an bebaubarem Land und sauberem Wasser (verbunden mit Überbevölkerung), ungünstige klimatische Bedingungen (die zu Dürre oder Überschwemmungen führen können), Desertifikation, die Verbreitung von Tropenkrankheiten, das Nichtvorhandensein von Bodenschätzen oder die Isolierung durch Binnenlage.

Ausdruck des Geodeterminismus sind die Begriffe Landlocked Developing Countries (31 arme, abseits der Meere gelegene Länder) und Vierte Welt (rohstoffarme, ärmste Länder der Welt). Weniger verbreitet ist die ebenfalls geodeterministische Bezeichnung Fünfte Welt, welche innerhalb der „ärmsten Länder“ der Vierten Welt jene ohne Bodeschätze und ohne Zugang zum Meer benennt.

Als typisches Beispiel für Armut aufgrund ungünstiger natürlicher Ursachen werden die Länder der Sahelzone genannt. Diese sind allesamt von Desertifikation und natürlichen Klimaschwankungen betroffen, verfügen über wenig Bodenschätze und sind größtenteils Binnenländer.

[Bearbeiten] Kritik in der Entwicklungsländerforschung

Demgegenüber wird argumentiert, dass meist verschiedene – sowohl natürliche als auch menschengemachte – Faktoren für Hunger und Armut verantwortlich sind. So werden die Auswirkungen schwankender Niederschläge oft durch Entwaldung und Übernutzung der Böden verschärft. Landmangel kommt in vielen Entwicklungsländern auch daher, dass die fruchtbarsten Böden von Großgrundbesitzern für den Anbau von Exportprodukten (Cash Crops) genutzt werden, während für die kleinbäuerliche Produktion von Grundnahrungsmitteln (Food Crops) nur Land von mangelhafter Qualität übrigbleibt. Auch die Korruption der Machthaber, die Politik der Industrieländer und die wirtschaftspolitischen Vorgaben der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds können zur Armut in Entwicklungsländern beitragen.

Auch gibt es Länder, die trotz nachteiliger natürlicher Bedingungen wirtschaftlich erfolgreich sind, so etwa die Schweiz. Diese ist ein gebirgiges Binnenland ohne nennenswerte Bodenschätze und dennoch eines der wohlhabendsten Länder. Im Gegenzug gibt es sehr rohstoffreiche Länder wie die Demokratische Republik Kongo, Angola oder den Sudan, die dennoch oder gerade deshalb zu den ärmsten Ländern zählen und von jahrzehntelangen Bürgerkriegen betroffen waren. In diesem Zusammenhang ist gar von einem sogenannten „Ressourcenfluch“ die Rede, wenn das Vorhandensein von natürlichen Ressourcen wie Erdöl oder Diamanten die Begehrlichkeiten von Kriegsherren, korrupten Politikern und skrupellosen Geschäftsleuten weckt.

Bei solcher Kritik ist allerdings zu beachten das zwar Menschengemachte Probleme die negative Lage verschärfen aber diese Entwicklung im Kontext der Zeit betrachtet werden muss. Und die Wechselbeziehung von überlegenen und unterlegenen Völkern miteinander. Vor Jahrtausenden als das Erdöl oder Diamanten noch keine Verwendung fanden war das Vorhandensein solcher noch ungenutzten Rohstoffe von keiner Bedeutung für die Entwicklung der Völker. Anfangs waren einfache notwendige Rohstoffe (Getreide, Hülsenfrüchte, Wild) zum überleben von Bedeutung die ungleich verteilt waren in ihrer Quantität und Qualität.

Ein Beispiel für eine Doppelmoral vorherrschender Völker gegenüber ärmere ist wohl der Verkauf von Getreide Erzeugnissen aus der ersten Welt in die dritte Welt. Wo die größten Produzenten um die niedrigsten Weltpreise kämpfen. Die Folge ist das dritte Welt Länder auf diese günstigeren Erzeugnisse weichen anstatt die teurere Eigenproduktion zu nutzen. Die Folge ist das die eigenen Bauern zugrunde gehen.

[Bearbeiten] Vertreter der geodeterministischen Geographie

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Quellen

  1. http://de.wikiquote.org/wiki/Gloria_von_Thurn_und_Taxis
  2. http://www.br-online.de/land-und-leute/thema/durchlaucht/gloria_heute.xml
  3. Werlen, B. (2004): Sozialgeographie. Bern, Stuttgart, Wien. Seite 383. ISBN 3-258-05300-6
  4. Belina, B. (2000): Kriminelle Räume: Funktion und Legitimierung von Betretungsverboten. =Urbs et regio 71. Kassel.Seite 44-50. ISBN 3-89792-018-2
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