Erdöl
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Erdöl ist ein in der Erdkruste eingelagertes, hauptsächlich aus Kohlenwasserstoffen (unter anderen auch Methan) bestehendes lipophiles Stoffgemisch. Rohes Erdöl (Rohöl) stellt mit mehr als 17.000 Bestandteilen eine der komplexesten Mischungen an organischen Stoffen dar, die natürlicherweise auf der Erde vorkommen[1].
Eine mittelalterliche Darstellung beschreibt Erdöl folgendermaßen:
- Petroleum ist das Öl der Felsen. Es wird an vulkanischen Stellen gefunden. Es wird jedoch durch das Fett der Erde und die Kraft der Wärme in Feuer verwandelt. Es befindet sich unter Steinen, wo es zwischen ihnen liegt, oder in ihnen eingeschlossen ist. Auch unter dem Meere findet man es.
Erdöl ist der derzeit wichtigste Rohstoff der modernen Industriegesellschaften, der zur Erzeugung von Treibstoffen und für die chemische Industrie herausragende wirtschaftliche Bedeutung besitzt.
Farbe und Konsistenz variieren von transparent und dünnflüssig bis tiefschwarz und dickflüssig. Erdöl hat auf Grund der Schwefelverbindungen einen charakteristischen Geruch, der zwischen angenehm und widerlich-abstoßend wechseln kann. Farbe, Konsistenz und Geruch sind sehr stark von der geografischen Herkunft des Erdöls abhängig. Manche Erdölsorten fluoreszieren bei der Bestrahlung mit ultraviolettem Licht.
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Geschichte
Gefunden wurde Erdöl schon vor einigen tausend Jahren aufgrund der Tatsache, dass es eine niedrigere Dichte als Salzwasser hat und deshalb in den Hohlräumen der Schieferton-, Sand- und Karbonatsedimente nach oben steigt und unter Umständen an der Erdoberfläche zutage tritt (in Deutschland zum Beispiel bei Hänigsen zwischen Hannover und Braunschweig). Wenn es an undurchlässigem Schieferton oder einer anderen dichten Gesteinsschicht nicht weiter aufsteigen kann und in nicht zu großer Tiefe stecken bleibt, ist es schon durch nicht sehr tiefe Bohrungen aufzufinden.
Bis an die Erdoberfläche hervorquellendes Erdöl, welches durch die Aufnahme von Sauerstoff asphaltartige Stoffe bildete, wurde schon vor 12.000 Jahren im vorderen Orient, vor allem in Mesopotamien, als Bitumen entdeckt. Die Menschen lernten die Eigenschaften dieses Naturprodukts zu nutzen: So erhielt man durch das Vermischen von Erdöl mit Sand, Schilf und anderen Materialien ein Produkt zur Abdichtung von Schiffsplanken.
Von den Babyloniern stammt das Wort „naptu“ (von nabatu = leuchten) für Erdöl, welches in der Bezeichnung „Naphtha“ gegenwärtig noch Bestand hat. Dieser Ausdruck deutet darauf hin, dass schon früh das Erdöl zu Beleuchtungszwecken diente. Die Babylonier waren es auch, die wichtige Straßen und Zufahrten zu Kultstätten mit einer dünnen Asphaltschicht abdeckten. Die Verwendung von Bitumen („Erdpech“) war im babylonischen Reich so allgegenwärtig, dass Hammurabi dem Stoff einige Kapitel in seinem Gesetzeswerk 1875 v. Chr. einräumte - die erste nachweisbare staatliche Regulierung von Erdöl.
Das Wort Petroleum ist römischen Ursprungs: „oleum petrae“, deutsch: Stein- oder Felsöl. Dies geht auf Entdeckungen der Römer in Ägypten zurück, wo sie in einem Gebirgszug am Golf von Sues Erdöl aus dem Gebirge austreten sahen. Man vermutet, dass schon die römische Armee Erdöl als Schmierstoff für Achsen und Räder gebrauchte. Erdöl wurde auch schon früh als Kriegswaffe eingesetzt. Im Byzantinischen Reich wurden bereits im Frühmittelalter mit Erdöl recht modern anmutende Flammenwerfer gebaut, das so genannte „griechische Feuer“, eine besonders im Seekampf fürchterliche Waffe.
Die eigentliche Ausbeutung der Erdöllagerstätten begann aber erst im 19. Jahrhundert. Grund dafür war zunächst die Suche nach einem guten Lampenbrennstoff, denn Walöl war nur für die Reichen erschwinglich, Talgkerzen rochen unangenehm und Gasflammen gab es nur in wenigen, modernen Häusern. Verschiedene Wissenschaftler entwickelten daraufhin in der Mitte des 19. Jahrhunderts Verfahren zur kommerziellen Nutzung. Der kanadische Arzt und Geologe Abraham Gesner erwarb 1852 ein Patent auf die Herstellung eines relativ sauber brennenden, preisgünstigen Lampenbrennstoffes aus Roherdöl: das Petroleum. 1855 schlug der amerikanische Chemiker Benjamin Silliman vor, Erdöl mit Hilfe von Schwefelsäure zu reinigen, um es als Brennstoff zu verwenden.
Also begann man, größere Erdöllagerstätten zu suchen. Seit mehreren Jahren wusste man bereits, dass bei Bohrungen nach Wasser und Salz gelegentlich Erdöl in die Bohrlöcher einsickerte. Also hatte man die Idee, direkt nach Öl zu bohren. Die ersten Bohrungen wurden 1856 in Dithmarschen von Ludwig Meyn und 1858 bei Wietze in Niedersachsen, nördlich von Hannover durchgeführt. Weltberühmt wurde jedoch die Bohrung nach Öl, die Edwin L. Drake am 27. August 1859 am Oil Creek in Pennsylvania durchführte. Drake bohrte im Auftrag des amerikanischen Industriellen George H. Bissell und stieß in nur 21 Meter Tiefe auf die erste größere Öllagerstätte. Die erste Erdölförderung im Untertagebau fand 1854 in Bóbrka bei Krosno (Polen) statt.
Erdöl wurde lange Zeit auch für ein Heilmittel gehalten. Während der Ölboom-Jahre Nordamerikas in den 1860er Jahren gab es viele Quacksalber, welche das angebliche Wundermittel gegen allerlei Gebrechen verkauften.
Die älteste Erdölraffinerie entstand 1859, als der Amerikaner Edwin Drake durch Bohrungen große Mengen Öl aus der Erde holte. Die Erdölpreise sanken deutlich und die Raffinerien nahmen in der Anzahl zu. Leuchtöle, besonders Petroleum ermöglichten neue Lichtquellen. Die älteste noch erhaltene Erdölraffinerie wurde 1875 von Per August Åhlund auf der Insel Barrön im See Åmänningen, auch Ölinsel genannt, erbaut. Sie wurde bewusst auf einer Insel errichtet, weil die Brand- und Explosionsgefahr groß war. Sie liegt heute im Ekomuseum Bergslagen und ist im Sommer zu besichtigen.
Nach der Einführung elektrischen Lichts war Erdöl zunächst nicht mehr attraktiv, doch bald nach der Entwicklung des Automobils setzte die Familie Rockefeller als Mitbegründer der Standard Oil Company die Verwendung des Erdölprodukts Benzin als Ottokraftstoff durch, statt des von Henry Ford zunächst vorgesehenen Ethanols.
In der Gemeinde Wietze befindet sich heute das Deutsche Erdölmuseum.
Entstehung
Der biogenetischen Theorie zur Erdölentstehung gemäß ist Erdöl aus Meeresorganismen (Plankton) entstanden, die starben, absanken und auf dem Meeresboden von Sedimenten bedeckt wurden. Gemäß dieser Theorie wäre der Großteil der heutigen Erdöl-Vorkommen auf einen Zeitraum vor etwa 350 - 400 Mio. Jahren (Devon) zurückzuführen, als durch ein Massensterben einer bereits reichhaltigen Flora und Fauna (die gängigsten Theorien nehmen einen Meteoriteneinschlag als Ursache an) sehr große Mengen an organischen Stoffen binnen sehr kurzer Zeit sedimentierten. Durch Absinken der Sedimente wurden diese organischen Materialien hohem Druck und hoher Temperatur ausgesetzt. Unter diesen Bedingungen wandelten sie sich in so genannte Kerogene um, organische Stoffe, die vorwiegend aus Kohlenstoff und Wasserstoff bestehen. Im Verlauf der weiteren Diagenese können die Kerogene bituminös werden. Sedimentgesteine, die Kerogene enthalten, werden als Erdölmuttergestein bezeichnet. Ein Beispiel für ein Erdölmuttergestein mit fein verteilten bituminösen Kerogenen ist Ölschiefer aus dem Lias epsilon (unterer Jura).
Die fein verteilten Kerogene können unter bestimmten Bedingungen, vor allem bei hohen Temperaturen, wandern, da sie leichter als Wasser sind und durch dieses verdrängt werden. Beim Wandern („Migration“ des Erdöls) vereinigen sich die Kerogene zu kompakteren Massen, zu Erdöl. Die Migration verläuft im Großen und Ganzen aufwärts. Gerät das Erdöl unter undurchlässige Erdschichten, die seine weitere Wanderung nach oben und nach den Seiten verhindern (Erdölfallen), reichert es sich dort an und es entsteht so eine Erdöllagerstätte. Eine Erdöllagerstätte besteht also aus einem Speichergestein, dem in seinen Poren befindlichen Erdöl und mehr oder weniger Lagerstättenwasser, das sich – sofern vorhanden – ebenfalls in den Poren des Speichergesteins befindet. Das Lagerstättenwasser enthält oft gelöste Salze. Teilweise entstand unter ähnlichen Bedingungen Erdgas. Oberhalb von Erdöllagerstätten kann sich deshalb eine Kappe aus Erdgas befinden. Oberflächennahe, erdölhaltige sandige Sedimente werden als Erdölsande bezeichnet. Erdöl ist weltweit nicht gleich zusammengesetzt. So sind zum Beispiel in einigen Gebieten mehr Alkane, in anderen mehr Alkene enthalten, auch das Verhältnis von aliphatischen zu aromatischen Kohlenwasserstoffen ist verschieden.
Einer abiogenetischen Theorie nach, die weitaus weniger Vertreter (siehe insbesondere Thomas Gold) als die biogenetische Theorie hat, existieren im Inneren der Erde von ihrer Entstehung an große Mengen Kohlenstoffverbindungen, darunter auch viele Kohlenwasserstoffe. Diese Kohlenstoffverbindungen werden wegen ihrer geringen Dichte in Richtung Erdoberfläche aufgepresst. Die abiogenetische Theorie hatte viele Anhänger unter Geologen in der Sowjetunion.
Ebenfalls abiogenetisch wäre ein außerirdischer Ursprung, wie ihn einige Katastrophisten sehen (siehe insbesondere Immanuel Velikovsky).
Gewinnung
Befindet sich die Erdöllagerstätte nahe der Erdoberfläche, so kann das Öl im Tagebau gewonnen werden, Beispiel: Athabasca-Erdölsande, Alberta (Kanada). Zu Beginn der Erdölnutzung wurde es an einigen Orten auch im Tiefbau gewonnen, zum Beispiel bei Wietze, westlich Celle (Niedersachsen, Deutschland). Aus tieferen Lagerstätten wird Erdöl durch Sonden gefördert, die durch Bohrungen bis zur Lagerstätte eingebracht werden. Es existieren auch Bohrinseln, die ein Fördern mitten im Meer ermöglichen, wobei die Bohrplattformen später teilweise durch Förderplattformen ersetzt werden.
Beim Bohren entsteht das sogenannte Bohrklein, das unter anderem Wasser, gelöste Polymere und suspendiertes Baryt-Mehl enthält. Zum Bohren werden daher Hohlbohrer verwendet, die es gestatten, das Bohrklein aus dem Bohrloch zutage zu transportieren. Das Bohrwerkzeug besteht aus 25 Meter langen Stahlrohren, die zu einem immer längeren Rohrgestänge, dem Bohrstrang, aneinandergeschraubt werden können. Das gesamte Bohrstrang wird am Bohrturm mit etwa 100 Umdrehungen pro Minute im Uhrzeigersinn angetrieben.
Am unteren Ende befindet sich das eigentliche Bohrwerkzeug, der so genannte Bohrmeißel mit der darüber angebrachten Schwerstange. Meistens besitzt der Bohrmeißel drei gegeneinander winklig angeordnete, gezähnte Kegelrollen (Bild 1) Solche Meißel werden zum Bohren von weichem und mäßig hartem Gestein eingesetzt. Andere Bauformen haben keine beweglichen Teile, sondern sind mit Diamanten, Schneidkeramiken oder Hartmetall besetzt zum Bohren härterer Gesteine. Zum Wechseln des Bohrmeißels muss das gesamte Gestänge aus dem bereits gebohrten Bohrloch herausgezogen werden; die Standzeit eines Bohrmeißels kann in extremen Situationen nur einige wenige Stunden betragen.
Eine weitere nicht unübliche Situation ist der Bruch des Bohrmeißels. In diesem Falle wird zunächst versucht, den abgebrochenen Meißel mit einem in die Bohrung eingeführten Greifwerkzeug zu fassen. Gelingt dies nicht, so muss einige Meter oberhalb des abgebrochenen Werkzeuges eine neue Bohrung angesetzt werden, welche die Schadensstelle umgeht.
Meistens wird der gesamte Bohrstrang und damit auch der Bohrmeißel von einer motorgetriebenen Vorrichtung übertage (Drehtisch) gedreht (Rotary-Verfahren). Der Bohrmeißel hat einen größeren Durchmesser als das Rohrgestänge, so dass um das Gestänge herum ein Hohlraum entsteht (so genannter Ringraum), der zur Verhinderung seines Zusammenbrechens mit einem Stahlrohr ausgekleidet wird („Casing“) (Bild 2). Wenn aufeinander folgende Abschnitte mit dem Casing ausgekleidet werden sollen, so müssen die dazu notwendigen Rohre durch die bereits verlegten Rohre hindurchgeführt werden. Deshalb wird der Durchmesser der Bohrung zum Ende hin immer kleiner.
Um das Bohrklein herauszufördern und die beim Bohren entsehende Reibungswärme abzuführen wird eine Kühlflüssigkeit durch das Bohrrohr eingepresst, die am Bohrmeißel austritt und im Ringraum zusammen mit dem Bohrklein wieder nach oben gedrückt wird. Die Kühlflüssigkeit muss eine hohe Dichte und eine hohe Viskosität aufweisen, damit sie durch das hohle Bohrgestänge eingepresst und durch den Ringraum wieder abgeführt werden kann und damit das Bohrklein dabei mitgerissen wird.
Mitunter wird die Kühlflüssigkeit auch dazu benutzt, einen Hydraulikmotor direkt über dem Bohrmeißel anzutreiben, so dass nur der Bohrmeißel, nicht aber der gesamte Bohrstrang gedreht werden muss.
Um die einzelnen Rohre des Bohrgestänges handhaben zu können, wird über dem Bohrloch ein Bohrturm errichtet (Bild 3), in dem sich beim Rotary-Verfahren auch der Drehtisch befindet.
Wenn die Gegebenheiten es erfordern, kann auch in weiten Bögen gebohrt werden, so dass eine Lagerstätte auch von der Seite aus erschlossen werden kann (siehe: Richtbohren), zum Beispiel bei Lagerstätten unter besiedeltem, schwierigem, zu schützendem oder militärisch genutztem Gelände.
Erhöhung des Lagerstättendruckes
In größerer Tiefe steht das Erdöl unter dem Druck der auflastenden Erdschichten und gegebenenfalls des assoziierten Erdgases und wird nach Anbohren aus dem Bohrloch gepresst, da es leichter als Wasser und das umgebende Gestein ist. Beim ersten Anbohren der Lagerstätte muss deshalb das Austreten des unter Druck stehenden Öls mit einer speziellen Vorrichtung („Preventer“) verhindert werden, die sich am oberen Ende des Bohrgestänges befindet. In der ersten Zeit kann das Öl meistens ohne weitere Maßnahmen durch den Eigendruck in der Lagerstätte gefördert werden (Primärförderung). Lässt der Lagerstättendruck nach, muss das Öl mit Tiefpumpen zutage gefördert werden, die von übertage über ein Bohrgestänge angetrieben werden (Pferdekopf-Antrieb, Bild 4).
Der Lagerstättendruck kann durch Einpressen von Wasser oder Erdgas mittels durch Bohrungen eingerichteter Einpresssonden erhöht werden (Sekundärförderung). Die Durchlässigkeit des Speichergesteins kann durch Einpressen von Säuren erhöht werden, wodurch Komponenten des Speichergesteins, zum Beispiel Karbonate, gelöst werden. Im Lauf der Lagerstättenausbeutung steigt der Wasser-Anteil im Fördergut, später wird in der Regel mehr Wasser als Öl gefördert, zum Teil mehr als 90 % Wasser. Durch primäre und sekundäre Förderverfahren können je nach Lagerstättenverhältnissen etwa 20 bis 75 % des Erdöls, das sich in der Lagerstätte befindet („oil in place“) gewonnen werden. Der Rest wird durch die beschriebenen Förderverfahren nicht von den Feststoffen des Speichergesteins abgelöst. Weiteres Öl kann aber durch spezielle Verfahren gewonnen werden (Tertiärförderung). Dazu gehören:
- Wärmeverfahren: Einpressen von Heißwasser oder Heißdampf („Dampffluten“) oder Verbrennen eines Teils des Erdöls in der Lagerstätte;
- Einpressen von N2 (Stickstoff);
- Einpressen von CO2 (Kohlenstoffdioxid), das den Lagerstättendruck erhöht und sich im Öl löst und dadurch dessen Viskosität vermindert („CO2-Fluten“);
- Einpressen von Leichtbenzin oder Flüssiggas, die ebenfalls die Viskosität des Öls erniedrigen.
- Einpressen von wässrigen Lösungen Viskosität erhöhender Stoffe (organische Polymere), wodurch das Öl besser von den Feststoffen abgelöst wird („Polymerfluten“);
- Einpressen von wässrigen Lösungen grenzflächenaktiver Stoffe (Tenside), die sich an den Grenzflächen Öl/Feststoff und Öl/Wasser anreichern und so das Öl vom Feststoff lösen und im Wasser fein zerteilen, emulgieren („Tensidfluten“).
Die Tertiärverfahren werden teilweise auch kombiniert. Ein beträchtlicher Rest des Erdöls kann aber bisher mit keinem Verfahren aus der Lagerstätte gewonnen werden.
Besondere Schwierigkeiten bereitet die Erdölförderung aus Lagerstätten, die sich unter Gewässern befinden („Off-shore-Gewinnung“). Hier müssen zur Erschließung der Lagerstätte auf dem Gewässergrund stehende oder darüber schwimmende Bohrplattformen (Bild 5) eingerichtet werden, von denen aus gebohrt und später gefördert werden kann. Hierbei ist das Richtbohren vorteilhaft, weil dadurch von einer Bohrplattform ein größeres Areal erschlossen werden kann.
Bedeutung
Erdöl ist der derzeit wichtigste Rohstoff der modernen Industriegesellschaften. Er ist wichtig zur Erzeugung von Elektrizität und als Treibstoff fast aller Verkehrs- und Transportmittel. Daneben wird Erdöl in der chemischen Industrie zur Herstellung von Kunststoffen und anderer Chemieprodukte vielfach eingesetzt. Aus diesen Gründen wird es auch "Schwarzes Gold" genannt.
Chemische Produkte aus Erdöl
In der Erdölraffinerie wird das Erdöl in seine unterschiedlichen Bestandteile wie Leichtes und Schweres Heizöl, Kerosin sowie Benzin u.a. in Destillationskolonnen aufgespalten. In weiteren Schritten können aus dem Erdöl die verschiedensten Alkane und Alkene erzeugt werden.
In der chemischen Industrie nimmt das Erdöl eine bedeutende Stellung ein. Die meisten chemischen Erzeugnisse lassen sich aus ca. 300 Grundchemikalien aufbauen. Diese Molekülverbindungen werden heute zu ca. 90 % aus Erdöl und Erdgas gewonnen. Zu diesen gehören: Ethen, Propen, Butadien, Benzol, Toluol, o-Xylol, p-Xylol (diese stellen den größten Anteil dar). Aus der weltweiten Fördermenge des Erdöls werden ca. 6–7 % für die chemischen Produktstammbäume verwendet, der weitaus größere Anteil wird einfach in Kraftwerken und Motoren verbrannt. Die Wichtigkeit dieser Erdölerzeugnisse liegt auf der Hand: Gibt es kein Erdöl mehr, müssen diese Grundchemikalien über komplizierte und kostenintensive Verfahren mit hohem Energieverbrauch hergestellt werden. Der chemische Baukasten des Erdöls wird verwendet, um fast jedes chemische Erzeugnis zu produzieren. Dazu gehören Farben und Lacke, Arzneimittel, Wasch- und Reinigungsmittel, um nur einige zu nennen.
Erdöl | (Erdölraffinerie) | | --> steigender Siedepunkt --> +-----------+--------+-------+------------+-------------+----------------+ | | | | | | Gase---+---Benzin Kerosin Gasöl---+---Vakuumgasöl Rückstände | | | | | | | | Benzin Flugbenzin Diesel, | Schmieröle schweres Heizöl, | leichtes | Tenside Schweröl, Bitumen, | Heizöl | Koks, Ruß (Pyrolyse) | | | Olefine und (Cracken) Aromaten | | Benzin (Reaktionen) | Monomere | (Polymerisation) | Kunststoffe
Finanzwirtschaft
Als zentraler Rohstoff ist Erdöl auch Gegenstand der Spekulation. Öl wird selbst in Warentermingeschäften (Ölkontrakte) gehandelt; der Ölpreis beeinflusst auch die allgemeinen Börsenkurse, weil in vielen Branchen eine Abhängigkeit vom Ölpreis besteht oder gesehen wird. Zwei sehr wichtige Rohölsorten sind Brent und West Texas Intermediate.
Weltreserven und Bevorratung
Für das Jahr 2004 wurden die bestätigten Weltreserven je nach Quelle auf 1260 Milliarden Barrel (171,7 Milliarden Tonnen nach Öldorado 2004 von ExxonMobil) bzw. auf 1148 Milliarden Barrel (156,6 Milliarden Tonnen nach BP Statistical Review 2004) berechnet. Das Wissenschaftsmagazin Science ging 2004 sogar von Reserven von insgesamt drei Billionen Barrel aus. Die Reserven, die geortet sind und mit der heute zur Verfügung stehenden Technik wirtschaftlich gewonnen werden können, nahmen in den letzten Jahren trotz der jährlichen Fördermengen jeweils leicht zu und erreichten im Jahre 2004 den höchsten jemals berechneten Stand. Während die Reserven im Nahen Osten, Ostasien und Südamerika aufgrund der Erschöpfung von Lagerstätten und unzureichender Prospektionstätigkeit sanken, stiegen sie in Afrika und Europa leicht an. Es wird vorausgesagt, dass die Erdölreserven nur noch 50 Jahre den Weltverbrauch decken können. Die Tatsache, dass ähnliche, nicht eingetretene Vorhersagen bereits in der Vergangenheit getroffen wurden, hat den Begriff Erdölkonstante hervorgebracht. Im Jahre 2003 befanden sich die größten Erdölreserven in Saudi-Arabien (262,7 Milliarden Barrel), im Iran (130,7 Milliarden Barrel) und im Irak (115,0 Milliarden Barrel), darauf folgten die Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait und Venezuela (siehe 1 für eine genaue Tabelle).
Kritiker dieser Angaben weisen allerdings darauf hin, dass die Zahlen häufig aus politischen Gründen verfälscht wurden. Zudem melden viele Länder jährlich dieselben Zahlen, obwohl sie gleichzeitig große Mengen Erdöl fördern; die Zahlen werden also oft nicht angepasst. Darüber hinaus wird nach Schätzungen unabhängiger Experten im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts die als Peak-Oil bekannte Spitze der Hubbert-Kurve erreicht werden. Das Erreichen dieses 'Ölfördermaximums' ('peak') bedeutet, dass weltweit die Förderung bzw. Produktion von Erdöl nicht mehr erhöht werden kann. Infolge dessen wird der Ölpreis unausweichlich und in hohem Maße steigen, da bei stetig wachsendem Verbrauch das Angebot die Nachfrage nicht mehr bedienen kann.
Die Länder der Europäischen Union sind verpflichtet, einen 90-Tage-Vorrat an Erdöl für Krisenzeiten zu unterhalten. Ein großer Teil der deutschen und ein kleinerer Teil der ausländischen Vorräte liegt in den unterirdischen Kavernenanlagen im Zechsteinsalz im Raum Wilhelmshaven, wohin auch das meiste Erdöl nach Deutschland eingeführt wird.
Weltförderung
Bislang wurden in der Geschichte der Menschheit rund 900 Milliarden Barrel Erdöl gefördert. Die meisten Reserven wurden in den 1960er Jahren entdeckt. Ab Beginn der 1980er Jahre liegt die jährliche Förderung (2005) bei 30,4 Milliarden Barrel (83,3 Millionen Barrel pro Tag[1]) - über der Kapazität der neu entdeckten Reserven, sodass seit dieser Zeit die vorhandenen Reserven abnehmen. Deshalb wird von den meisten Experten mit einem Fördermaximum (→ Peak-Oil) zwischen 2010 und 2020 gerechnet. Einige gehen sogar davon aus, dass das Maximum noch vor 2010 eintreten wird oder sogar schon eingetreten ist (Kenneth Deffeyes, Colin J. Campbell, Jean Laherrere). Das wirtschaftliche Problem besteht darin, dass bei Erreichen dieses weltweiten Fördermaximums Erdöl immer knapper und teurer werden wird, weil dann der tägliche Erdölbedarf größer sein wird als die tägliche Erdölfördermenge. Da seit den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts weltweit mehr Öl verbraucht als gefunden wird, sind auch die Zeitangaben problematisch, die besagen, dass unter derzeitigen Voraussetzungen - das heißt bei gleichem Verbrauch, statische Reichweite) - die Erdöl-Reserven noch bis 2048/49 reichen werden. Zudem ist dies irreführend, da der tägliche Erdölverbrauch im Laufe der letzten Jahrzehnte immer gestiegen ist und sich dieser Trend durch das große Wirtschaftswachstum vor allem Chinas und Indiens verstärkt hat. Des Weiteren ist es nach Ansicht von Experten unwahrscheinlich, dass in Zukunft größere Ölfelder gefunden werden, die den Bedarf decken könnten. Andere Erdölvorkommen wie Ölsand würden zwar noch länger reichen, erfordern aber einen viel höheren Energieaufwand beim Abbau.
Hauptförderer von Erdöl waren im Jahr 2003 Saudi-Arabien (496,800 Millionen Tonnen), Russland (420,000 Millionen Tonnen), USA (349,400 Millionen Tonnen), Mexiko (187,800 Millionen Tonnen) und der Iran (181,700 Millionen Tonnen); die gesamte Weltförderung lag bei 3.608,600 Millionen Tonnen (siehe 1 für eine genaue Tabelle). Die Erdölförderung in Deutschland ist im internationalen Vergleich unbedeutend und findet fast ausschließlich in den Bundesländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen statt.
Weltverbrauch
Der tägliche Verbrauch weltweit liegt bei etwa 84 Millionen Barrel. USA (20,1 Millionen Barrel), Volksrepublik China (6 Millionen Barrel), Japan (5,5 Millionen Barrel) und Deutschland (2,7 Millionen Barrel) waren im Jahr 2003 Hauptverbraucher des Erdöls (siehe 1 für eine genaue Tabelle). Der Weltverbrauch steigt derzeit um 2 % pro Jahr an.
Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch liegt bei den Industriestaaten deutlich höher als bei Entwicklungsländern. So lag der Verbrauch in den USA 2003 bei 26,0 Barrel pro Einwohner, in Deutschland bei 11,7, während in China statistisch auf jeden Einwohner 1,7 Barrel kamen, in Indien 0,8 und in Bangladesch nur 0,2 Barrel pro Kopf verbraucht wurden.
Deutschland importierte im Jahr 2004 110,140 Millionen Tonnen Rohöl. Hauptausfuhrstaaten sind Russland, Norwegen, Großbritannien und der OPEC-Staat Libyen.
Verschiedenes
Aufgrund seiner wirtschaftlichen Bedeutung ist Erdöl auch Gegenstand politischer Auseinandersetzungen. Der Gewinn aus der Ölförderung besteht in der Differenz des Förderpreises von ca. 5$ pro Barrel (1 Barrel = ca. 159 Liter Öl) zum Weltpreis von ca. 60$ - insgesamt also ein jährlicher Reingewinn von über 1,3 Billionen Dollar. In der Ölkrise versuchte die OPEC, Einfluss auf den Nahostkonflikt zu nehmen. Auch die gegenwärtigen Kriege und Krisen um den Irak sind nach Meinung vieler Kritiker Auseinandersetzungen um den Zugang zum Erdöl.
Da die Erdölvorkommen der Welt endlich sind, werden Wege gesucht, regenerative Energieformen wie beispielsweise Sonnenenergie, Windenergie, Erdwärme, Biodiesel, Pflanzenöl zu nutzen. Deutschland ist im Bereich Erdöl stark importabhängig. Daher ist seit 1978 der Erdölbevorratungsverband mit der Schaffung einer Erdölnotreserve beauftragt.
Die Produkte des Erdöls (Benzin und Heizöl) stellen gleichzeitig ein kompaktes Medium dar, um Energie zu speichern oder zu transportieren. Als Alternative wird über den Gebrauch von Wasserstoff als Energiespeicher nachgedacht. Dazu muss er aber erst einmal unter sehr hohem Energieaufwand mittels Elektrolyse oder anderer Verfahren aus Wasser hergestellt werden. Dann muss er für den Transport z. B. verflüssigt werden. Dazu wird nochmals viel Energie verbraucht. Wasserstoff könnte direkt verbrannt (thermische Nutzung) oder mittels Brennstoffzellen in elektrische Energie umgewandelt werden und Motoren (beispielsweise im Elektrofahrzeug) antreiben.
Die Dichte von Erdöl (besonders Rohöl) wird in API-Grad gemessen. Das Raummaß von Erdöl wird in Barrel gemessen.
Die Verarbeitungsketten in der Ölindustrie werden durch die Begriffe Downstream und Upstream charakterisiert.
Im Handel und auch an den Börsen wird unterschieden zwischen "saurem" (sour) und "süßem" (sweet) Rohöl (crude oil), wobei dann noch einmal differenziert wird zwischen schwerem (heavy) oder leichtem (light). Die Klassifikationen dienen zur Einordnung der Verwend- bzw. Raffinierbarkeit. "Sauer" bedeutet, dass das Rohöl einen höheren Schwefelgehalt hat. Aus diesem Grund ist die Raffinierung aufwendiger.
Transport
Erdöl wird weltweit über weite Entfernungen transportiert. Der Transport von den Förderstätten zu den Verbrauchern geschieht auf dem Seeweg mit Öltankern, über Land überwiegend mittels Rohrleitungen (Pipelines).
Folgen
Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte haben die Ölförderung und ihre Begleiterscheinungen in manchen Entwicklungsländern erhebliche wirtschaftliche, soziale und ökologische Probleme verursacht. Pipelines werden angezapft und ganze Tankschiffe beispielsweise in Nigeria von bewaffneten Gruppen entführt, um das gewonnene Gut (ca. 2,25 Mio. Barrel am Tag) gegen Waffen bei Hehlern zu verkaufen, da viele bewaffnete Gruppen des Nigerdelta sich von dem Staat oft verraten und vor allem von den größeren Mineralölkonzernen bestohlen und ausgebeutet fühlen. Dies führte unter anderem zur blinden Gewalt von Seiten des Staates, wobei eine ganze Kleinstadt dem Erdboden gleichgemacht wurde. Shell sprach von 1000 Gewaltopfern jährlich, amnesty international dagegen von rund 500 Opfern allein in einer Woche.
Oft gelangt Öl in das Grundwasser o. a. Ebenso entstehen immense Schäden für das Ökosystem, wenn größere Mengen von Öl entzündet werden, da beispielsweise eine brennende Ölquelle oder evtl. sogar ein Ölfeld schwer zu löschen ist. Auch Tankerunfälle, wie das der Exxon Valdez, können für die Umwelt sehr schädlich sein und ganze Sandstrände mit Teerklumpen verschmutzen oder mit einem schwarzen Ölteppich überziehen. Viele Tiere, vorrangig Vögel, denen das Öl das Gefieder verklebt und deren Nahrung verdirbt, verenden elendig. Es kommt auch vor, dass Öltanker auf dem Meer ihre Tanks mit Meerwasser ausspülen, einerseits zur Reinigung, andererseits, weil sie bestimmte Mengen an Wasser aus Stabilitätsgründen als Ballast geladen haben müssen.
Erdöl ist ein fossiler Energieträger. Die intensive Verbrennung von Ölprodukten trägt durch den Treibhauseffekt des freigesetzten Kohlendioxids zur globalen Erwärmung bei.
News
Siehe auch
- Energiepolitik
- Erdölkonstante
- Erdöl/Tabellen und Grafiken
- Fossile Energie
- Kraftstoff Pflanzenöl
- Mineralölunternehmen
- Ölfördermaximum
- Ölkrise
- Ölressourcen
- Ölvorkommen
- Erdölförderung in Deutschland
Literatur
- Wolfgang Gründinger: Die Energiefalle. Ein Rückblick auf das Erdölzeitalter. C.H. Beck, München 2006. ISBN 3-40654-098-8
- Robert H. Motzkuhn: Der Kampf um das Öl. Hohenrain, Tübingen 2005. ISBN 3-89180-077-0
- F. William Engdahl: Mit der Ölwaffe zur Weltmacht. Der Weg zur neuen Weltordnung. Kopp, Rottenburg N 2005. ISBN 3-93851-619-4 (vgl. [2])
- Richard Heinberg: The Party's Over. Das Ende der Ölvorräte und die Zukunft der industrialisierten Welt. Riemann, München 2004. ISBN 3-57050-059-4
- Rudolf Rechsteiner: Grün gewinnt. Orell Füssli, Zürich 2003. ISBN 3-28005-054-5 (PDF)
- Colin J. Campbell: Ölwechsel! Dt. Taschenbuch-Verl., München 2002. ISBN 3-42324-321-X
- Daniel Yergin: Der Preis. Die Jagd nach Öl, Geld und Macht. S. Fischer, Frankfurt 1991. ISBN 3-10095-804-7
- Thomas Gold: Biosphäre der heißen Tiefe. Ed. Steinherz, Wiesbaden 2000. ISBN 3-98073-780-2
- Autorenkollektiv: Zur politischen Ökonomie des Erdöls - Ein strategisches Gut und sein Preis. in: GegenStandpunkt. München 1.1992,1. ISSN 0941-5831
- Autorenkollektiv: Das Öl. in: Imperialismus. Bd 3. Gesellschaft für Druck und Verlag Wissenschaftlicher Literatur, München 1981, S.169-194. ISBN 3-92293-501-X
Quellen
- ↑ V. A. P. Martins dos Santos et al.: "Alkan-Biodegradation mit Alcanivorax borkumensis", Laborwelt Vol. 7, Nr. 5, S. 33ff, 2006
Weblinks
Commons: Erdöl – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
Wiktionary: Erdöl – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |
- Umfangreiche Daten und Informationen zu allen ölfördernden Nationen vom World Energy council (engl.)
Museen in Deutschland
Artikel
- mineralienatlas.de/... - Erdöl im Mineralienatlas, obwohl kein Mineral
- pinr.com/... Adam Wolfe, The Increasing Importance of African Oil (Power and Interest News Report, 20. März 2006)
- zeit.de/... - Enrons Erben zocken weiter. Der Ölpreis ist ein Spielball von Spekulanten geworden. (19. Oktober 2006)
- taz.de/... - Ulrike Herrmann, Prognose: Öl wird knapper (18. Januar 2006)
- nzz.ch/... - Wann ist das Erdöl alle? (2004-09)
- heise.de/tp/.. - Thomas Pany, Gänzlicher Verzicht auf Öl - Schweden will seine Energiewirtschaft vollkommen umstellen (8. Februar 2006)
- gegenstandpunkt.com/.... - Das Öl - ein Geschäftsartikel erster Klasse
- oew.org/... - Energie, Krieg und Umwelt
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