Gerundium
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Das Gerundium (nicht zu verwechseln mit dem Gerundivum) wird im Lateinischen, im Englischen (engl. gerund) und in zahlreichen romanischen Sprachen (franz. gérondif, ital. und span. gerundio, portug. gerúndio) dazu verwendet, ein Verb substantivisch zu gebrauchen (Verbalsubstantiv). Es entspricht in seiner Bedeutung dem sog. "substantivierten Infinitiv" des Deutschen (z. B. "das Gehen", "beim Gehen"). Im Gegensatz zum Gerundivum hat es grundsätzlich eine aktivische Bedeutung.
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[Bearbeiten] Bildung
[Bearbeiten] Im Lateinischen
Gerundium = substantivierter Infinitiv = Verbalsubstantiv
I. Bildung: Das Gerundium wird als Verbalsubstantiv aus dem Präsensstamm, dem Kennzeichen –nd– und den Endungen des Singulars der o-Deklination gebildet. Es gibt keinen Nominativ des Gerundiums, dieser wird durch den Infinitiv Präsens Aktiv ersetzt.
z. B. Nom. vocare das Rufen/rufen
Gen. voca-nd-i des Rufens
Dat. vocando dem Rufen
Akk. vocandum das Rufen ad vocandum zum Rufen
Abl. vocando durch das Rufen
II. Funktionen und Semantik des Verbalsubstantivs Gerundium:
1. Ergänzung im Genitiv (Genitivattribut):
facultas evadendi – die Möglichkeit des Entkommens/zu entkommen
2. adverbial
im Genitiv mit causa/gratia: evadendi causa – um zu entkommen/wegen des Entkommens
Semantik: final
im Akkusativ: ad agendum – zum Handeln/um zu handeln
Semantik: final
im Ablativ: bellando diripiendoque – durch das Führen eines Krieges und durch das Plündern; dadurch, dass sie Krieg Krieg führten und plünderten
Semantik: instrumental/modal
mit in (+ Abl.): in conficiendo – bei/während der Durchführung
Semantik: temporal
Aufgrund des adverbialen Charakters kann das Gerundium auch mit einem Gliedsatz ausgedrückt werden.
III. Erweiterung: Das Gerundium kann durch ein Objekt (a) oder durch eine adverbiale Bestimmung (b) ergänzt sein:
zu a) Pompeium laudando – durch das Loben des Pompeius/indem er* Pompeius lobte
orationem habendo – durch das Halten einer Rede
zu b) diu ridendo – durch langes Lachen
fortiter bellando – durch tapfere Kriegsführung
[Bearbeiten] Im Englischen
Im Englischen wird das Gerundium (gerund) durch Anhängen eines "ing" an den Wortstamm (Infinitiv) gebildet, im Grunde genommen also z. B. "reading is fun" (engl.) = "Lesen macht Spaß" (dt.), "the reading was rewarding" (engl.) = "das Lesen war lohnend" (dt.). Obwohl das gerund auf den ersten Blick der Verlaufsform gleicht ("I am reading"), sind doch Syntax und Bedeutung eine ganz andere, eben die des substantivierten Infinitivs.
Beispiele: The climbing is dangerous. Das Klettern ist gefährlich.
Swimming is easy. Schwimmen ist leicht. Climbing is good. Klettern ist gut.
[Bearbeiten] In romanischen Sprachen
Auch in den romanischen Sprachen gibt es Verbformen, die substantivisch gebraucht werden. Das französische gérondif entspricht formal dem Partizip Präsens Aktiv, dem das Wort en vorangestellt wird. Beispiel: Il chante en travaillant: "Er singt beim Arbeiten". Im Spanischen wird zur Bildung des gerundio -ando (bei Verben mit der Endung -ar) an den Verbalstamm angehängt, Beispiel: cantare bzw. cantar-> cantando. Bei Verben mit der Endung -er/-ir wird -iendo an den Verbalstamm gehängt, Beispiel: comer -> comiendo. Diese Regel gilt sinngemäß auch für das Portugiesische, jedoch bestehen hier dialektale Unterschiede. Das portugiesische gerúndio wird hauptsächlich in Mittel- und Südportugal sowie in Brasilien verwendet. Das Gerundium steht in besonderen Fällen auch als To-Infinitiv oder Infinitiv.
[Bearbeiten] Das Gerundium als Objekt
Nach einer Reihe von Verben, z.B. to enjoy, to finish/stop, to give up, to imagine, to miss,to practise oder to avoid steht das Gerundium als OBJEKT.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
Wikibooks: Gerundium – Lern- und Lehrmaterialien |
Wiktionary: Gerundium – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |