Geschäftsprozessmodellierung
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Bei der Geschäftsprozessmodellierung (engl: Business Process Modeling) werden wirkliche Geschäftsprozesse oder Ausschnitte daraus abstrahiert - meist grafisch - dargestellt, und somit modelliert. Der Schwerpunkt liegt auf dem Darstellen des Ablaufs, aber auch Daten und Organisation sind betroffen.
[Bearbeiten] Herangehensweise zur Modellierung von Geschäftsprozessen
Nach einem Ansatz von Michael Hammer, dem Erfinder des Business Reengineering aus den frühen Neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts können Geschäftsprozesse radikal einfach strukturiert werden, um eine entscheidende Verbesserung messbarer Leistungsgrößen wie Kosten, Qualität, Service und Zeit zu erreichen. Der Ansatz ist allerdings umstritten, da das Konzept von der "grünen Wiese" für bestehende Unternehmen kaum umsetzbar ist. Anforderungen und Konsequenzen der Prozesszentrierung sind demnach:
[Bearbeiten] Analyse der Geschäftstätigkeit
Durch die Analyse der Geschäftstätigkeit werden die Geschäftsprozesse identifiziert und abgegrenzt. Geschäftsprozesse
- Erfüllen eigene Marktaufgaben
- Agieren weitgehend autonom; unabhängig von anderen Geschäftsfeldern; eigenständig
- Liefern Beitrag zum Erfolgspotential des Unternehmens
[Bearbeiten] Definition der Geschäftsprozesse
Kernprozesse erzeugen sichtbaren, unmittelbaren Kundennutzen. Supportprozesse sorgen für die Bereitstellung von betrieblichen Ressourcen und verwalten diese. Sie stehen hinter den primären Geschäftsprozessen und unterstützen diese, indem sie den reibungslosen Ablauf des Geschäftslebens sichern.
Der Umfang eines Geschäftsprozesses sollte so gewählt werden, dass er eine überschaubare Zahl an Teilprozessen beinhaltet, gleichzeitig soll aber auch die Gesamtzahl der Geschäftsprozesse im Rahmen bleiben. 5 – 8 Geschäftsprozesse pro betriebliche Einheit decken meist die Leistungsspanne eines Unternehmens ab.
Jeder Geschäftsprozess sollte für sich selbstständig sein - allerdings sind die Prozesse natürlich untereinander vernetzt. Spezifizierung des Geschäftsprozesses: Welches Output soll erzeugt werden? Welche Aktivitäten sind dazu notwendig? Wie viele Objekte sollen bearbeitet werden (Aufträge, Rohstoffe, Einkäufe, Produkte,…)? Anfangs- und Endpunkt festlegen. Festlegung operationaler Ziele.
- offen: Was ist kein Geschäftsprozess?
- offen: Verlinkung bereits definierter Begriffe!
[Bearbeiten] Strukturierung der Geschäftsprozesse
Ein Geschäftsprozess kann in Teilprozesse zerlegt werden, bis eine weitere Aufspaltung nicht mehr sinnvoll/möglich ist. (kleinstes Teilchen = Elementarprozess)
Die Reihenfolge der Aktivitäten innerhalb des Geschäftsprozesses wird festgelegt, sofern sie nicht schon durch Input-Output Beziehungen vorgegeben ist.
[Bearbeiten] Integration von Geschäftsprozessen
Überprüft wird, ob Redundanzen vorliegen. Falls ja, werden eventuell einzelne Teilprozesse zusammengefasst.
[Bearbeiten] Modellierung von Geschäftsprozessen
Die Teilprozesse werden dokumentiert. Geschieht die Dokumentation grafisch, spricht man gemeinhin von Modellierung. Die Dokumentation der Teilprozesse erfolgt häufig mehrstufig, mit dem Ziel die Genauigkeit der Beschreibung zu verbessern und/oder die Anzahl der Details zu erhöhen.
[Bearbeiten] Zuweisung der Prozessverantwortung
Komplette, in sich abgeschlossene Abläufe werden zusammengefasst und einem Verantwortlichen (bzw. einem Team) übergeben. Man spricht von einem „Case Worker“ (Case Team), der sowohl mit der Ausführung, als auch mit allen, den Geschäftsprozess betreffenden Entscheidungen betraut wird.
Der so genannte Process Owner ist für den Erfolg verantwortlich, schafft die Rahmenbedingungen und koordiniert seine Vorgehensweise mit der der anderen Process Owner. Des Weiteren kümmert er sich um den Informationsaustausch zwischen den Geschäftsprozessen. Diese Abstimmung ist notwendig, um die gesamte Zielorientierung zu erreichen.
Im Zusammenhang mit der Prozessverantwortung spricht man dann von Geschäftsprozess-Management.
[Bearbeiten] Externe Prozessverkettung
Die relevante Umwelt ist in die Prozessgestaltung mit einzubeziehen. (heute z.B. mittels EDI)
[Bearbeiten] Prozessverbesserung/Prozessmanagement
Prozessabläufe werden regelmäßig überprüft und gegebenenfalls neu angepasst. Man unterscheidet zwischen kontinuierlicher Prozessverbesserung und Prozessreorganisation (Process-Reengineering): Erneuerung einzelner Teilprozesse oder des gesamten Geschäftsprozesses.
[Bearbeiten] Verbesserung der Prozessmodelle
Kennzahlen vor allem aus der Logistik lassen sich generell auch für das Management von Geschäftsprozessen anwenden. Beispiele hierzu sind:
- Durchlaufzeit: um festzustellen wann man mit einem Ergebnis rechnen kann.
- Liegezeit: wie viel Verbesserungspotenzial steckt allein von der Zeit her in einem Prozess.
- Einarbeitungszeit, oder Rüstzeit: muss ein Prozessbeteiligter zu oft die Aufgabe wechseln, steigt diese Zeit.
- Kommunikationskennzahlen (wer schickt zu wem, redet mit wem): es kann Sinn machen, räumliche Nähe herzustellen.
- Arbeitszeit: wie lange braucht jemand um eine Aufgabe zu erledigen.
Durch die Etablierung eines geeigneten Kennzahlensystems wird das Bereichscontrolling mit den zu steuernden Prozessen verbunden und die Einzelschritte werden, falls sinnvoll so abgebildet, dass im späteren Verlauf ein Regelkreis entsteht. So wird die Überwachung und eine frühzeitige Korrektur von Prozessabweichungen ermöglicht. Hierzu dienen z.B. Qualitätskenngrößen, aber auch Zufriedenheitsfaktoren der Stakeholder oder einfache Terminvorgaben. Hierzu kann beispielsweise die Prozesskostenrechnung auf der monetären Seite verwendet werden oder eine Abweichungsanalyse die Verfahrenskennzahlen erfassen.
- Die benötigte Zeit für die einzelnen Teilprozesse wird ermittelt.
- Leistungsanforderungen werden festgelegt: jeder Geschäftsprozess hat mindestens zwei Schnittstellen: Erhalt von Anforderungen / Abgabe der Prozessleistung --> Outputnormen werden vereinbart (sowohl mit Kunden, als auch mit Lieferanten)
- Leistungsmerkmale und Kontrollpunkte werden festgelegt (Durchlaufzeit, Qualität, Kosten,…).
- Zeitliche (Durchlaufzeit minimieren, Auslastung maximieren) und räumliche (Anordnung der Arbeitsplätze entspricht der Prozessfolge --> Transportwege werden minimiert) Gestaltung werden festgelegt.
- Prozessdokumentation: Eine detaillierte und exakte Beschreibung der Geschäftsprozesse soll Transparenz schaffen - nicht nur für Arbeitnehmer sondern auch für Lieferanten, Kunden,…(alle Beteiligte). Sie dient einem klaren und vor allem einheitlichen Verständnis bezüglich Ziele, etc.
[Bearbeiten] Darstellungsart, Notation
Es gibt verschiedene Notationen, die bekanntesten sind:
- Ereignisgesteuerte Prozesskette, vorgeschlagen 1992 von einer Arbeitsgruppe unter Leitung von August-Wilhelm Scheer.
- Unified Modeling Language, vorgeschlagen 1996 von Grady Booch, Ivar Jacobson, und James Rumbaugh, laufend überarbeitet unter Aegide der OMG und derzeit auf dem Weg zur Version 2.2.
- Business Process Modeling Notation, vorgeschlagen 2002 von Stephen A. White, veröffentlicht von der Business Process Management Initiative.
[Bearbeiten] Abbildung
Zur Abbildung der Geschäftsprozesse können Softwarewerkzeuge eingesetzt werden. Bullinger (2002) unterscheidet zwischen Werkzeugen zur Visualisierung, Modellierung, Simulation und CASE-Tools. Integrierte Lösungen, die die genannten Funktionen um Aspekte Workflow und EAI erweitern, firmieren zunehmend unter der Bezeichnung Business-Process-Management-Systeme. Um die grafische Notation implementierungsnäher gestalten zu können, werden die entsprechenden Spezifikationen in das System importiert oder dort definiert, soweit keine geeigneten Importmöglichkeiten bestehen. Die fertigen Prozessdefinitionen können direkt von einer integrierten Business Process Engine verarbeitet werden oder lassen sich in einer Form exportieren, die dann von einer Integrationsplattform bzw. der dort integrierten Process Engine importiert werden kann.
Ziel der Modellierung ist es, komplexe Sachverhalte der Realität zu reduzieren und so eine Analyse der Geschäftsprozesse zu ermöglichen. Des Weiteren spielen rechtliche Vorgaben zur Dokumentation von Prozessen eine Rolle. Die Geschäftsprozessmodellierung orientiert sich an der etablierten Vorgehensweise der Modellierung: Zunächst ist der Zweck der Modellierung zu ermitteln. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Geschäftsprozessmodelle inzwischen häufig eine multifunktionale Verwendung erfahren (siehe oben). Weiter sind die Modelladressaten zu bestimmen, da die Eigenschaften des zu erstellenden Modells ihren Anforderungen gerecht werden müssen. Es schließt sich die Bestimmung des zu modellierenden Originals – ein Geschäftsprozess – an.
[Bearbeiten] Ziel
Entsprechend der Zielsetzung der Modellierung werden die Merkmale des Geschäftsprozesses spezifiziert, die im Modell abgebildet werden sollen. Dies sind in der Regel nicht nur die den Prozess konstituierenden Funktionen, einschließlich der zwischen ihnen vorhandenen Beziehungen, sondern noch eine Anzahl weiterer Merkmale. In der Literatur finden sich neben Organisationseinheiten unter anderem noch Input, Output, Ressourcen, Informationen, Medien, Transaktionen, Ereignisse, Zustände, Bedingungen, Operationen und Methoden.
[Bearbeiten] Anwendung
In der Praxis sind Kombinationen informaler, semiformaler und formaler Modelle verbreitet: informale textuelle Beschreibungen zur Erläuterung, semiformale graphische Darstellung zur Visualisierung und formalsprachliche Darstellung zur Unterstützung von Simulation und Übertragung in ausführbaren Code.
Computerbasierte Werkzeuge bieten heute eine weitgehende Unterstützung vor allem bei der semiformalen Geschäftsprozessmodellierung. Bei der Erstellung von Sollmodellen finden besonders im Umfeld des Customizing Referenzprozessmodelle Verwendung, die prototypische, generische Prozessstrukturen vorgeben und durch Modifikation an die konkrete Situation angepasst werden.
Zur Beschreibung von Geschäftsprozessen unterscheidet Gadatsch 2005 zwischen skriptbasierten und diagrammbasierten Methoden zur Geschäftsprozessmodellierung. Die diagrammbasierten Methoden werden in objektorientierte, datenflussorientierte und diagrammbasierte Methoden eingeteilt. Bekanntester Vertreter der kontrollflussorientierten Methoden zur Geschäftsprozessmodellierung zumindest im deutschsprachigen Raum sind die Ereignisgesteuerten Prozessketten (EPK's). Zunehmend finden aber auch objektorientierte Methoden auf Basis der UML Eingang in die Geschäftsprozessmodellierung. Eine weitere Methode zur grafischen Beschreibung von Geschäftsprozessen ist die Business Process Modeling Notation (BPMN). Bei der Spezifikation kommen zunehmend XML-Sprachen zum Einsatz. Die wichtigsten sind Business Process Modeling Language (BPML) und Business Process Execution Language (BPEL) der Business Process Management Initiative (BPMI), sowie die XML Process Definition Language (XPDL) der Workflow Management Coalition (WfMC).
[Bearbeiten] Weblinks
- XML-basierte Geschäftsprozessmodellierung (PDF, 82 kB)