Stakeholder
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Als Stakeholder (engl.) bzw. Anspruchsberechtigter wird eine Person oder Gruppierung bezeichnet, die ihre berechtigten Interessen wahrnimmt.
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[Bearbeiten] Stakeholder in der Betriebswirtschaft
Das Prinzip der Stakeholder ist gleichzeitig die Basis und die Erweiterung des in der Betriebswirtschaft verbreiteten Shareholder Value-Ansatzes.
Im Gegensatz zum Shareholder-Value-Prinzip, das die Bedürfnisse und Erwartungen der Anteilseigner eines Unternehmens (z. B. die Aktionäre bei einer Aktiengesellschaft) in den Mittelpunkt des Interesses stellt, versucht das Prinzip der Stakeholder das Unternehmen in seinem gesamten sozialökonomischen Kontext zu erfassen und die Bedürfnisse der unterschiedlichen Anspruchsgruppen in Einklang zu bringen. In Erweiterung zum sogenannten Customer-Relationship-Management (CRM), welches sich lediglich mit den Beziehungen des Unternehmens zu seinen Kunden auseinandersetzt, geht das Prinzip des Stakeholder-Relationship-Managements (SRM) deutlich weiter, da es versucht, die Beziehungen eines Unternehmens zu allen, bzw. seinen wichtigsten Anspruchsgruppen in Einklang zu bringen.
Als Stakeholder gelten dabei neben den Shareholdern (die Eigentümer) die Mitarbeiter (bis hin zu den Managern, z. B. Anspruch auf Beschäftigung und Sicherheit), die Kunden (z. B. Anspruch auf Qualität und Zuverlässigkeit), die Lieferanten, die Kapitalmärkte (u.a. Kreditgeber) sowie der Staat (z. B. Anspruch auf Steuergelder, Umweltschutz), die Natur (Rohstofflieferant, Aufnahmemedium für Abfall) und die Öffentlichkeit (Parteien, Verbände, Kirchen, Medien etc.).
Staat, Natur und Öffentlichkeit sind sogenannte nichtmarktliche Anspruchsgruppen. Kapital-, Arbeits-, Beschaffungs- und Absatzmärkte bezeichnet der Stakeholder-Ansatz als marktliche Gruppen und Beziehungen (Leistung und Gegenleistung). Die Anspruchsgruppen können auch unterschieden werden in Gruppen aus dem engeren Umfeld des Unternehmens, also Mitarbeiter, Lieferanten, Kunden, etc., die direkt von den Handlungen des Unternehmens betroffen sind, und Gruppen aus dem weiteren Umfeld, also die Politik (z.B. Kommunen), Nichtstaatliche Organisationen (Non-governmental Organizations, (NGOs), einzelne Bürger, etc., die indirekte Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit wahrnehmen. Konkurrenten stehen in dieser Definition gewissermaßen zwischen dem engeren und weiteren Umfeld, da sie nicht direktes Ziel der Unternehmenstätigkeiten sind, aber deren Auswirkungen über den Marktmechanismus vermittelt verspüren.
Theorie und Praxis haben keine einheitliche Vorstellung, wer überhaupt als Stakeholder in Betracht zu ziehen ist. Ein mögliches Abgrenzungskriterium ist die ausschließliche Berücksichtigung von Anspruchsgruppen auf die Existenzfähigkeit des Unternehmens. Somit müssen mit Sicherheit Kapitalgeber, aber auch Kunden, Mitarbeiter und Lieferanten genannt werden. Allenfalls könnte auch der Staat genannt werden, welcher beispielsweise durch die Bereitstellung öffentlicher Güter (z.B. Sicherheit, Bildung) und der Infrastruktur die wirtschaftliche Tätigkeit überhaupt ermöglicht.
Je nach Ansicht ist auch die Wichtigkeit der verschiedenen Gruppen und somit die Ausrichtung des Unternehmens darauf umstritten. Gerade hierin liegt die Herausforderung für das Top-Management. Zu deren Bewältigung haben eine Vielzahl von Autoren entsprechende Konzepte geliefert. Von überragender Bedeutung war wohl Freemans Buch, welches 1984 erschien. Weitere bedeutende Schriften wurden auch noch in jüngerer Vergangenheit verfasst. So z.B. liefern Mitchell, Agle und Wood (1997) einen geschlossenen Ansatz zur Identifikation und Priorisierung der Anspruchsgruppen. Demnach sind die Macht, die Legitimation und die zeitliche Dringlichkeit die relevanten Kriterien. Rowley (1997) versucht Erkenntnisse aus der Theorie sozialer Netzwerke zu gewinnen. Insgesamt scheint in der theoretischen Debatte mindestens ein Konsens zu bestehen, dass die Macht einer Anspruchsgruppe für das Stakeholder-Management ausschlaggebend ist. Hierzu wird oftmals mit der Ressourcenabhängigkeitstheorie argumentiert, welche auf Autoren wie z.B. Jeffrey Pfeffer zurückgeht.
[Bearbeiten] Stakeholder in der Systementwicklung
Die Entwicklung eines Systems (z. B. eines Computersystems) hat das Ziel, die Bedürfnisse mehrerer Personen, Gruppen, Institutionen oder Dokumente und Regelwerke (z. B. Gesetzestexte) zu befriedigen, wobei die Bedürfnisse und Ansprüche sehr unterschiedlich, auch gegenläufig und widersprüchlich, sein können. All diese Personen und Institutionen bezeichnen wir als Stakeholder. Stakeholder dienen der Abstraktion, indem ein Stakeholder jeweils die Zusammenfassung aller Personen mit gleicher Interessenlage und gleicher Sicht auf das System repräsentiert.
Die Definition des Begriffes Stakeholder stimmt hier im Wesentlichen mit dem Begriff des Projektbeteiligten der DIN 69905 überein.
Stakeholder oder Projektbeteiligte sind alle Personen, Institutionen und Dokumente, die von der Entwicklung und vom Betrieb eines Systems in irgendeiner Weise betroffen sind. Dazu gehören auch Personen, die nicht in der Systementwicklung mitwirken, aber das neue System zum Beispiel nutzen, in Betrieb halten oder schulen.
Stakeholder sind die Informationslieferanten für Ziele, Anforderungen und Randbedingungen an ein zu entwickelndes System oder Produkt.
[Bearbeiten] Stakeholder im Projektmanagement
Im Projektmanagement wird als Stakeholder jede Person oder Organisation bezeichnet, deren Interessen durch den Verlauf oder das Ergebnis des Projekts betroffen sind.
[Bearbeiten] Literatur
- R. E. Freeman: Strategic Management. Pitman, 1984
- R. E. Freeman: The Stakeholder Approach Revisited. In: Zeitschrift für Wirtschafts- und Unternehmensethik (zfwu). 3/5/2004, S. 228-241, ISSN 1439-880X, ISSN 1862-0043
- R. Philips: Stakeholder Theory and Organizational Ethics. Berrett-Koehler Publishers, 2003
- A. Svendsen: The Stakeholder Strategy. Profiting from Collaborative Business Relationships. Berrett-Koehler Publishers, 1998
- J.E. Post, L.E. Preston, S. Sachs: Redefining the Corporation. Stakeholder Management and Organizational Wealth. Stanford Business, 2002
- A.B. Carroll, A.K. Buchholtz: Business and Society. Ethics and Stakeholder Management. South-Western College Pub, 2002
- Thomas Beschorner, Alexander Brink (Hrsg.): Stakeholdermanagement und Ethik. In: Zeitschrift für Wirtschafts- und Unternehmensethik (zfwu). Sonderheft. 3/5/2004, ISSN 1439-880X, ISSN 1862-0043
- Mitchell, Agle, Wood: Towards a theory of stakeholder identification and salience. Defining the principles of who and what really counts. In: Academy of Management Review. 4/22/1997, S. 853-886
- T. Rowley: Moving beyond diadic ties. A network theory of stakeholder influence. In: The Academy of Management Review. 4/22/1997, S. 887-910
- J. Pfeffer, G. Salancik: The external control of organizations. A resource dependence perspective. Harper & Row, New York 1978