Graphical Environment Manager
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Der Graphical Environment Manager, kurz GEM, war eine grafische Benutzeroberfläche von Digital Research, die vor allem durch den Rechner Atari ST unter dem Betriebssystem TOS bekannt wurde. Es gab auch Versionen für den IBM-PC sowie eine Unix-Variante. Bei GEM handelt es sich weitgehend um eine Nachbildung der Macintosh-Oberfläche. Der Dateimanager „Desktop“ entspricht dabei der Apple-Applikation „Finder“.
Digital Research wurde wegen GEM von Apple verklagt und musste die PC-Variante, d. h. den Dateimanager „Desktop“, bis zur Unbrauchbarkeit verstümmeln. Erst dadurch gewann die konkurrierende Benutzeroberfläche Microsoft Windows an Bedeutung. Das Urteil, dass es ein Copyright auf Benutzerschnittstellen gebe, führte zu einem zeitweisen Apple-Boykottaufruf durch die Free Software Foundation. Später verklagte Apple ohne Erfolg die Firma Microsoft. Nicht betroffen von den Einschränkungen war die Atari-Version, da deren Entwicklung in der Verantwortung von Atari lag.
Auf den Atari-Rechnern der ST-Serie bestand das TOS zudem aus dem ebenfalls von Digital Research entwickelten GEMDOS, das sich stark an den bereits bestehenden CP/M und MS-DOS orientierte.
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[Bearbeiten] Interner Aufbau
Die Oberfläche GEM besteht üblicherweise aus folgenden Komponenten:
- Das Virtual Device Interface (VDI) stellt geräteunabhängige Zeichenfunktionen zur Verfügung (vergleichbar mit Microsofts GDI). Es untergliedert sich in folgende Unterkomponenten:
- Treiber für Bildschirm, Drucker, Metadateien etc. (geräteabhängig)
- Geräteunabhängige Schicht (GDOS)
- Darauf aufbauend stellen die Application Environment Services (AES) Routinen für die Darstellung verschiedener Bedienelemente bereit (Menüs, Fenster, Dialoge etc.), außerdem für die Programmverwaltung, Accessories etc.
- Der Desktop ist der Dateimanager und Programmstarter, der wie eine Schreibtisch-Arbeitsfläche aussieht. Der Desktop 2.x hat aufgrund des Rechtsstreits mit Apple nur noch zwei Fenster fester Größe, aber es ist möglich, Desktop 1.x mit GEM 2.x zu verwenden.
[Bearbeiten] Applikationen
Zu GEM lieferte Digital Research vorwiegend visuell orientierte Software. Dies waren unter anderem die Textverarbeitung „1st Word Plus“, das Vektorprogramm „Draw“, das Pixelprogramm „Paint“, die Balkengrafikanwendung „Graph“, den Präsentationssoftware-Vorläufer „Wordchart“.
[Bearbeiten] GEM heute
[Bearbeiten] PC-Version
Nach der Übernahme von Digital Research durch Caldera wurde die PC-Version unter die GPL gestellt. Einige Enthusiasten machten daraufhin die Einschränkungen rückgängig (z. B. ließen sie das Desktop-Programm 1.x unter GEM 2.x laufen) und sammelten alte Anwendungen, so dass PC-GEM heute wieder eine einigermaßen brauchbare Benutzeroberfläche für einfache, weniger leistungsstarke PCs darstellt. Der verwendbare Arbeitsspeicher ist noch immer auf 640 KByte begrenzt.
[Bearbeiten] Atari-Version
Die Atari-Version von GEM wird seit dem Verschwinden der Firma Atari nicht mehr weiterentwickelt und ist auch keine freie Software. Stattdessen wurde das Betriebssystem TOS, einschließlich GEM, komponentenweise als freie Software neuimplementiert (siehe auch: MiNT, fVDI, XaAES, TeraDesk). Ebenso entstanden kommerzielle Projekte (siehe auch: MagiC!, NAES), die z.T. das TOS sogar komplett ersetzen und nur noch zum Hochfahren („Booten“) benötigen.
Durch diese neuen Projekte bietet es nun auch Multitasking-Funktionalität. Der Wechsel zwischen den einzelnen gleichzeitig laufenden Programmen kann dabei, ähnlich wie beim „klassischen“ Mac OS von Apple (d.h. bis einschließlich Mac OS 9), über Einträge in der Menüleiste erfolgen.