Horst-Eberhard Richter
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Horst-Eberhard Richter (* 28. April 1923 in Berlin), Univ.-Prof. em. Dr. phil. Dr. med., ist ein deutscher Psychoanalytiker und Psychosomatiker. Der Autor zahlreicher Bücher gilt vielen als der „große alte Mann“ der bundesdeutschen Friedensbewegung.
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[Bearbeiten] Überblick
Richter studierte Medizin, Philosophie und Psychologie und wurde 1949 zum Dr. phil. und 1957 zum Dr. med promoviert. In den Jahren 1950 bis 1954 machte er eine Ausbildung zum Psychoanalytiker am Berliner Psychoanalytischen Institut. 1962 wurde er nach Gießen auf den neu eingerichteten Lehrstuhl für Psychosomatik berufen und baute das Psychosomatische Universitätszentrum auf, dessen Direktor er wurde. Er wurde 1991 emeritiert. Von 1992 bis Dezember 2002 leitete er das Frankfurter Sigmund-Freud-Institut. 2004 hatte er eine Gastprofessur an der Universität Wien inne. Seine Bücher wurden bisher in 12 Sprachen übersetzt.
Seit 1973 gehört er dem PEN-Zentrum der Bundesrepublik an.
Richter wurde zunächst insbesondere als einer der Pioniere der psychoanalytischen Familienforschung und Familientherapie bekannt, aber auch durch seine psychosomatischen Forschungen und sozialphilosophischen Beiträge. Sein kulturpsychologisch-psychoanalytisches Hauptwerk ist "Der Gotteskomplex" (1979) in dem er die These aufstellt, daß der moderne Mensch den spirituellen Glauben durch den Glauben an den naturwissenschaftlich-technischen Fortschritt ersetzt und dadurch Allmachtshoffnungen befriedigt.
1981 wurde Richter mit seiner Satire Alle redeten vom Frieden zu einer der Leitfiguren der Friedensbewegung. Im selben Jahr gehörte er zu den Gründern der westdeutschen Sektion der Ärzte gegen den Atomkrieg. Er verfasste die weithin bekannte Frankfurter Erklärung, deren Unterzeichner sich dazu bekannten, sich jeglicher kriegsmedizinischen Schulung und Fortbildung zu verweigern. Seit 1987 arbeitet er in der International Foundation for the Survival and Development of Humanity mit. Noch 2003 trat er auf vielen Demonstrationen gegen den Irak-Krieg auf. In seinen späten Büchern ruft er dazu auf, sich bei Attac zu engagieren.
Im Januar 2007 nahm er an der Sendung Menschen bei Maischberger als einziger Mann teil (neben Alice Schwarzer, Christa Müller u.a. [1]). Gesprächsthema war die Frage Sind Frauen die besseren Männer? Seinem politischen Verständnis entsprechend vertrat er den Standpunkt, dass die Konkurrenz zwischen Männern und Frauen oft die Frage danach verdrängt habe, was beide gemeinsam politisch wollen könnten zur Verbesserung der Gesellschaft. Zu Alice Schwarzer sagte er: "Du bist männlicher als die meisten Männer, die ich kenne." Das war nicht als Beleidigung gedacht sondern als Bedauern darüber, dass es nicht auch mehr Männer mit Rückgrat gibt.
[Bearbeiten] Auszeichnungen
- 1970 Forschungspreis der Schweizer Gesellschaft für Psychosomatische Medizin
- 1980 Theodor-Heuss-Preis für seine maßgebliche Beteiligung an der Reform der deutschen Psychiatrie und Sozialpsychiatrie
- 1985 wurde Ärzte gegen den Atomkrieg, derer Ehrenvorsitzender er ist, mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
- 1990 wurde ihm der "Bornheimer", als pädagogischer Ehrenpreis der der Stadt Bornheim (Rheinland), verliehen
- 1993 Urania-Medaille für „herausragende Wissenschaftler“
- 2000 hat ihm der Jüdische Nationalfonds für sein Lebenswerk zehn Bäume in Israel gepflanzt.
- 2001 Verleihung des Fairness Preises [1]
- 2002 Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt am Main für seine „konsequent pazifistische Grundhaltung“, mit der er sich als „mahnende und weithin anerkannte Instanz“ etabliert habe.
- 2003 Gandhi-Luther King-Ikeda Award des Morehouse College, Atlanta USA
- abgelehnte Auszeichnung: Das Bundesverdienstkreuz hat Richter schon dreimal abgelehnt: „Zu viele Ex-Nazis“ hätten es bereits erhalten.
- abgelehnte Auszeichnung: 2003 lehnte die bürgerliche Mehrheit des Gießener Stadtparlaments eine Ehrenbürgerschaft Richters ab. Man begründete dies mit der ausdrücklich pazifistischen Einstellung Richters und seiner Kritik am Irak Krieg (Im selben Jahr erst wurde die Ehrenbürgerschaft Adolf Hitlers für Gießen revidiert).
[Bearbeiten] Werke
- Eltern, Kind und Neurose. Psychoanalyse der kindlichen Rolle. 1963, Neuauflage Rowohlt TB 1969, ISBN 3-499-16082-X
- Herzneurose. (mit Dieter Beckmann) Thieme, 1969, Neuauflage Psychosozial-Verlag 1998, ISBN 3-89806-226-0
- Patient Familie. Entstehung, Struktur und Therapie von Konflikten in Ehe und Familie. 1970, Neuauflage Rowohlt TB 2001, ISBN 3-499-16772-7
- Die Gruppe. 1972, Neuauflage Psychosozial-Verlag 1995, ISBN 3-930096-37-4
- Flüchten oder Standhalten. 1976, 3. Aufl. Psychosozial-Verlag 2001, ISBN 3-89806-128-0
- Familie und seelische Krankheit. (mit Hans Strotzka, Jürg Willi) Rowohlt, 1976, ISBN 3-498-05681-6
- Der Gotteskomplex 1979, Neuauflage Psychosozial-Verlag 2005, ISBN 3-89806-389-5
- Lernziel Solidarität. 1974, Neuauflage Psychosozial-Verlag 1998, ISBN 3-932133-34-X
- Alle redeten vom Frieden. Versuch einer paradoxen Intervention. 1981
- Die Chance des Gewissens. Erinnerungen und Assoziationen. 1986, Neuauflage Psychosozial-Verlag 2002, ISBN 3-89806-177-9
- Die hohe Kunst der Korruption. Erkenntnisse eines Politik-Beraters. 1989, ISBN 3-453-05104-1
- Der Gießen-Test (GT). (mit Dieter Beckmann) 1972, 4. überarb. Aufl. 1991, ISBN 3-456-82041-0
- Umgang mit Angst. 1992, Neuauflage Econ 2000, ISBN 3-612-26683-7
- Wer nicht leiden will, muss hassen. Zur Epidemie der Gewalt. 1993, Neuauflage Psychosozial-Verlag 2004, ISBN 3-89806-277-5
- Bedenken gegen Anpassung. Psychoanalyse und Politik. 1995 (2003 neu erschienen unter dem Titel Psychoanalyse und Politik. im Psychosozial-Verlag, ISBN 3-89806-243-0
- Versuche, die Geschichte der RAF zu verstehen. Das Beispiel Birgit Hogefeld. Psychosozial-Verlag, 1996, ISBN 3-930096-87-0
- Als Einstein nicht mehr weiterwußte. 1997, Neuauflage Econ 2000, ISBN 3-548-75015-X
- Wanderer zwischen den Fronten. Gedanken und Erinnerungen. 2000, ISBN 3-548-36287-7 (Autobiografie)
- Kultur des Friedens. Psychosozial-Verlag, 2001, ISBN 3-89806-068-3
- Das Ende der Egomanie. Die Krise des westlichen Bewusstseins. 2002, ISBN 3-426-77655-3
- Eine andere Welt ist möglich! (mit Bernard Cassen und Susan George) VSA Verlag, 2002, ISBN 3-87975-845-X
- Aufstehen für die Menschlichkeit. (mit Frank Uhe) Psychosozial-Verlag, 2003, ISBN 3-89806-283-X
- Ist eine andere Welt möglich? Für eine solidarische Globalisierung. 2003, Neuauflage Psychosozial-Verlag 2005, ISBN 3-89806-346-1
- Niederlage des Intellekts. In FREITAG. Die Ost-West-Wochenzeitung 31 vom 23. Juli 2004
- Die Krise der Männlichkeit in der unerwachsenen Gesellschaft von Horst-Eberhard Richter (September 2006 im Psychosozial-Verlag), ISBN-10: 3898065707, ISBN-13: 978-3898065702
[Bearbeiten] Quellen
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Horst-Eberhard Richter im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Interview am 8. Februar 2004 über die Kriegsabsichten der USA und den Protest der Friedensbewegung
- Texte beim Friedenspolitischen Ratschlag
- Kurzbiografien bei IPPNW und bei der Fairness Stiftung
- Laudatio zur Wahl ins Ehrenpräsidium der DGPT (Deutsche Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie e.V.)
- Horst-Eberhard Richter im Psychosozial-Verlag. Alle Infos rund um Horst-Eberhard Richter
- Anthropologie der Erziehung bei Horst-Eberhard Richter. Promotionsarbeit von Dr. Erika Kohls über Horst-Eberhard Richter
- Horst-Eberhard Richter im Interview mit Die Zeit (21. September 2006) zum Voyeurismus seiner Kollegen im Fall Natascha Kampusch und über seine eigenen Erfahrungen in Isolationshaft
- Kurzinfo über: Sind Frauen die besseren Männer?
Personendaten | |
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NAME | Richter, Horst-Eberhard |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Psychoanalytiker und Psychosomatiker |
GEBURTSDATUM | 28. April 1923 |
GEBURTSORT | Berlin |